Kommentar Waffenstillstand für Syrien: Skepsis leider angebracht
Nicht nur die Schwachstellen des Abkommens zur Waffenruhe sind Grund für Zweifel. Der Krieg in Syrien ist nicht zu gewinnen.
A b Montagabend schweigen in Syrien endlich die Waffen. Nicht nur für ein paar Stunden oder wenige Tage, sondern mindestes für einige Wochen oder gar Monate. Hunderttausende schwer notleidende Menschen können endlich von der UNO mit überlebenswichtigen Gütern versorgt werden. Es wäre wunderbar, wenn sich diese nach der jüngsten russisch-amerikanischen Vereinbarung aufkeimende Hoffnung erfüllen würde und die Skeptiker unrecht behielten.
Für Skepsis gibt es leider einigen Anlass. Zum einen die Schwachstellen der Vereinbarung selber. Zum anderen der Umstand, dass wichtige kriegsbeteiligte Akteure wie die Türkei nicht in die Verabredung einer Waffenruhe miteinbezogen wurden. Mit Angriffen gegen die syrischen Kurden, die die Regierung Erdoğan nach eigenem Bekunden fortsetzen will, könnte die Türkei eine Waffenruhe zwischen den syrischen Regierungstruppen und den von Washington eingebundenen Oppositionsmilizen sabotieren.
Doch selbst wenn das nicht passieren sollte und es tatsächlich zu einer länger anhaltenden Waffenruhe kommt: Das mittel- und langfristig größte Problem der russischen-amerikanischen Vereinbarung liegt in ihrem dritten Punkt, der geplanten Kooperation bei der militärischen Bekämpfung des „Islamischen Staates“ und des syrischenAl-Qaida-Ablegers Al-Nusra-Front.
Der „Krieg gegen den Terrorismus“, den der ehemalige US-Präsident George W. Bush heute vor 15 Jahren nach den Anschlägen vom 11. September ausgerufen hatte, ist vollkommen gescheitert. Es ist ein asymmetrischer Krieg, wie ihn die vermeintlich haushoch überlegenen Militärweltmächte USA und Russland bereits in Afghanistan, Tschetschenien und Irak verloren haben.
Auch in Syrien ist dieser Krieg selbst mit einer noch so engen militärischen Kooperation zwischen den USA und Russland nicht zu gewinnen.
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