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Kommentar Urteil zum Gender Pay GapLücke im Gesetz

Anne Fromm
Kommentar von Anne Fromm

Eine ZDF-Journalistin verliert eine Gehalts-Klage. Daran zeigt sich: Das Entgelttransparenzgesetz hilft nicht, die Gender Pay Gap zu schließen.

Die Ungleichbezahlung ist ein harter Brocken, aber darauf einzuhämmern lohnt sich Foto: photothek/ Xander Heinl

B irte Meier unterliegt. Mal wieder. Das Landesarbeitsgericht in Berlin hat die Klage der ZDF-Journalistin abgewiesen, mit der sie feststellen lassen wollte, dass sie weniger verdient als ihre männlichen Kollegen. Dass sie also diskriminiert wird, weil sie eine Frau ist. Doch dafür sah die Vorsitzende Richterin nicht genügend Beweise.

Birte Meier hat die Beispiele von zwölf männlichen Kollegen zitiert, die mehr Geld verdienen als sie. Sie hat berichtet, wie ihr Redaktionsleiter sich über Frauen lustig gemacht haben soll. Das ZDF hat die höheren Gehälter der Männer immer wieder mit anderen Begründungen gerechtfertigt. Doch die Richterin erkannte darin nicht einmal einen Anfangsverdacht für eine Diskriminierung.

Was muss eine Frau noch vorbringen, um Diskriminierung zu vermuten? Einen Chef, der vor Gericht sagt: „Ich zahle dieser Frau weniger, weil sie eine Frau ist“? Das wird kaum passieren. Diskriminierung wird selten offen ausgesprochen. Wer sie bekämpfen will, muss radikal transparent sein: Gehälter offenlegen, genaue Begründungen für Beförderungen und Einstellungen geben. So viel Offenheit gibt es in kaum einem Betrieb.

Meier bezog sich in ihrer Klage auf das neue Entgelttransparenzgesetz. Es soll das „Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ durchsetzen. Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland 21 Prozent weniger als Männer – mehr als in vielen anderen europäischen Ländern. Rechnet man Teilzeitbeschäftigung und unterschiedliche Berufswahlen heraus, bleibt immer noch ein Gender Pay Gap von 6 Prozent. Das Entgelttransparenzgesetz sollte helfen, diese Lücke zu schließen.

Nur zeigt sich jetzt, dass das Gesetz das kaum leisten kann: etwa weil es, so sieht es die Richterin, nicht für freie MitarbeiterInnen wie Meier gilt. Das Gesetz sollte Frauen ermutigen, vermutete Lohnungleichheiten zu thematisieren. Dieses Urteil allerdings ist alles andere als eine Ermutigung.

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Anne Fromm
Reporterin
Ressortleiterin Reportage & Recherche und Vorständin der taz. // Berichtet vor allem über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch, Rechtsextremismus und Desinformation. // Davor war sie Medienredakteurin im Gesellschaftsressort taz2. // Erreichbar über Threema: 9F3RAM48 und PGP-Key: 0x7DF4A8756B342300, Fingerabdruck: DB46 B198 819C 8D01 B290 DDEA 7DF4 A875 6B34 2300
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3 Kommentare

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  • "Dieses Urteil allerdings ist alles andere als eine Ermutigung."

    ...dürfte sich wohl aber (leider) rechtmäßig auf dem Boden des derzeit geltenden Rechts bewegen.

    Siehe ebenso § 611 BGB - kurz: Nimm dein Geld (Lohn/Gehalt) und halt im Übrigen gefälligst die Schnauze. = idR keine Mitbestimmung über die Verwendung und den Aneignungsprozess des Ergebnisses von Arbeit.

    Man ist von gewisser Seite her nicht umsonst stolz auf ein BGB aus dem Jahr, etwa, 1896.

  • Danke für den interessanten Artikel. Ich habe eine Frage. Wurde im Gericht auch erzählt wieviele Männliche Kollegen weniger verdienen als die klagende ZDF-Mitarbeiter? Auch wäre für eine gute Meinungsbildung wichtig zu wissen wieviel mehr oder weniger Berufserfahrung die 12 herangezogenen Männer haben. Wäre wirklich sehr Nett von Ihnen wenn Sie diese Information ggf. in den Artikel einarbeiten könnten.

  • Als freie Mitarbeiterin kann sie doch ihr Gehalt frei verhandeln? Was hat das mit Diskriminierung zu tun? Angebot und Nachfrage bzw. die jeweilige Qualität bestimmen den Preis. Oder wird LADA aus diskriminiert, weil die Autos weniger am Markt bringen als z.B. von Toyota?