Kommentar TV-Duell bei ARD und ZDF: Quote statt Information
Bei der Europawahl geht es um mehr als deutsche Interessen. ARD und ZDF beteiligen sich dennoch am Nationalisieren der Parteien.
D as ZDF lässt am Donnerstagabend zur besten Sendezeit die beiden Spitzenkandidaten der großen europäischen Parteienverbände im TV-Duell miteinander streiten. Auch die ARD setzt knapp zwei Wochen später im Hauptprogramm lediglich auf einen Zweikampf zwischen den potenziellen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (Konservative) und Martin Schulz (Sozialdemokraten), die zudem noch beide deutschsprachig sind.
Das TV-Duell aller europäischen Spitzenkandidaten am 15. Mai schieben ARD und ZDF dagegen auf den Spartenkanal Phoenix ab, der nur bescheidene Aufmerksamkeit findet. Damit kommen die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland ihrem Programmauftrag nicht nach.
Das ZDF argumentiert, dass die Runde von Spitzenkandidaten am 15. Mai übersetzt werden müsste und damit keinen Erfolg im Hauptprogramm hätte. Ja sicher, mit der dritten Wiederholung der TV-Komödie „Das Beste kommt erst“ von 2008 wird der Sender bessere Quoten einfahren als mit dem TV-Duell. Doch Quote darf bei gebührenfinanzierten Sendern nicht das wichtigste Entscheidungskriterium sein.
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen klaren Programmauftrag. Sie sollen zur politischen Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger beitragen. Gerade beim sperrigen Thema Europa, bei einer zu befürchtenden miesen Wahlbeteiligung ist ihre Bedeutung groß. Denn die Parteien schaffen es im Wahlkampf bisher kaum, ihre unterschiedlichen europapolitischen Vorstellungen auf Plakaten und in Wahlwerbespots deutlich zu machen. Zu austauschbar die Thesen, zu beliebig die Slogans.
Die CDU setzt deshalb nicht auf ihren nationalen Spitzenkandidaten David McAllister oder den europaweiten Jean-Claude Juncker, sondern voll auf Kanzlerin Merkel. Auch Linkspartei und FDP werben kaum mit ihren europaweiten Spitzenkandidaten.
ARD und ZDF übernehmen diese Provinzialisierung der Europawahl. Englisch im Hauptprogramm? Zu kompliziert. Alle europäische Spitzenkandidaten zur besten Sendezeit? Zu verwirrend. Statt abzubilden, dass es bei der Wahl Ende Mai um mehr geht als um deutsche Interessen, beteiligen sich die Sender am Nationalisieren. Die europäische Idee bilden sie damit nicht ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül