Kommentar Seehofer und Klimademos: Weiß-blaue Unglaubwürdigkeit
Seehofer lobt SchülerInnen für die Fridays For Future. Er ist nicht der erste CSUler, der sich bei Grünen-WählerInnen anbiedert. Wie durchschaubar!
B undesinnenminister Horst Seehofer macht mal wieder Wahlkampf für die CSU. Damals, beim Streit um Zurückweisungen von Asylsuchenden an der deutschen Grenze, wollte Seehofer die AfD in Bayern kleinhalten.
Diesmal agirt er mit Blick auf die Grünen, die neue Partei der Stunde. Die Partei, die in Bayern derzeit so hohe Zugstimmungswerte hat wie sonst nur in Baden-Württemberg und Berlin – und damit die CSU stärker unter Druck setzt als es die AfD je getan hat. Mit dem neuen Gegner ändert sich auch der Ton: Nun hört man von Seehofer plötzlich grüne Säuselei statt afdiger Angstmacherei.
Kostprobe gefällig? In der Bild am Sonntag schwärmt Seehofer von jungen Menschen, die sich für den Klimaschutz engagieren. „Es ist doch toll, wenn junge Menschen für ihre Überzeugungen kämpfen“, sagt da Seehofer etwa, und behauptet: „Die Kritik daran habe ich nie verstanden.“
Selbst Diesel-Lobbyist Scheuer lobt Klimademos
Heuchlerischer geht es kaum, wenn man die verschleppten Klimaziele der Bundesregierung selbst mitträgt. Für die CSU ist das offenbar kein Hindernis. Denn mit dem neuen Schmuseton gegenüber der Fridays-For-Future-Generation ist Seehofer nicht allein in seiner Partei.
CSU-Chef Söder prescht auf einmal mit einem vorzeitigen Kohleausstieg vor – eine grüne Kernforderung. Und selbst Diesel-Cheflobbyist und Mr. Wir-müssen-die-Feinstaub-Grenzwerte-neu-verhandeln Scheuer preiste die Klima-Demonstrierenden als gute DemokratInnen. Und bezeugte, wie „gut“ er ihr Anliegen verstehe.
Wenn Seehofer, Söder & Scheuer glauben, dass ihnen das einer abkauft, dann gute Nacht CSU! Aber dafür sorgt ja ohnehin der demographische Wandel. Die Jugend tickt grün, die CSU nicht. Wenn die Herren Minister das ändern wollen, dann sollen sie auch gefälligst grüne Politik machen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern