Kommentar Scheuer und die Mobilität: Die Kutscher winken

Ein Tempolimit und höhere Spritpreise sind nicht gerade revolutionäre Vorschläge zum Klimaschutz. Retro-Minister Scheuer gehen sie zu weit.

Ein Highway im goldenen Abendlicht, dicht befahren in beiden Richtungen

Die Zukunft könnte ganz schön sein, wenn man nicht immer rückwärts denken würde Foto: Unsplash/ Alexander Popov

Klar, wenn einem so gar nichts anderes einfällt, kann man auch versuchen, an längst überholten Technologien festzuhalten. Wohin das führt, haben damals die Kutschenhersteller erfahren müssen oder, in jüngerer Vergangenheit, die Produzenten von Filmen für Fotokameras und die Hersteller von Videokassetten.

Verkehrsminister Andreas Scheuer befindet sich also in bester Retrogesellschaft, wenn er sich so fest an die Autoindustrie klammert, als wäre er ein Schiffbrüchiger weit draußen vor der Küste, mit diesem Halt als Einzigem, was ihm noch bleibt. Was ja in gewisser Hinsicht auch der Fall ist. Denn bislang ist Scheuer nicht mit revolutionären, wegweisenden oder auch nur ein klein wenig mutigen Ideen aufgefallen.

Dabei wären die Vorschläge der Mobilitätskommission zur CO2-Reduktion des Verkehrs, die Scheuer am Wochenende so abgewatscht hat, eine gute Gelegenheit gewesen. Tempolimit auf Autobahnen, höhere Preise für Treibstoff, zusätzliche Abgaben für Spritschlucker, das ist zwar nicht revolutionär, für Scheuer aber anscheinend schon zu sehr. „Realitätsfern“, kommentierte er gegenüber Bild, man wolle nicht den Wohlstand gefährden.

Die Kutschen­hersteller würden Scheuer gern einen Gruß in die Gegenwart herüberwinken

Vielleicht hat Scheuer aber einfach zu spät davon erfahren, dass sich seine Parteikollegen schon weiter sehen: Die CSU hatte auf ihrer Jahresanfangsklausur befunden, Deutschland müsse seiner „Führungsrolle beim Klimaschutz“ gerecht werden. Zur Erinnerung: Klimaschutz, da geht es unter anderem darum, den CO2-Ausstoß sehr deutlich zu senken.

An dieser Stelle würden die Kutschen­hersteller Scheuer gern einen Gruß in die Gegenwart herüberwinken. Und ihm sagen, dass sich Wohlstand häufig gerade nicht mit dem Festhalten am Alten erzielen lässt. Sondern mit mutigem, manchmal revolutionärem Denken. Nebenbei hätte er die Chance, die Luftverschmutzung deutlich und die Zahl der Verkehrstoten noch deutlicher zu senken und die Straßen von den parkenden Blechhaufen freizukriegen. Der Platz im öffentlichen Raum schafft dann sicher auch wieder Platz im Kopf.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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