Kommentar Rentenkonzept der SPD: Der freche, brave Koalitionspartner
Finanzminister Olaf Scholz will die Rente zum Wahlkampfthema machen. Das sagt schon alles über die Klemme, in der die SPD steckt.
Finanzminister Olaf Scholz droht der Union einen Rentenwahlkampf an, falls die kein stabiles Rentenniveau nach 2030 garantieren wolle. SPD-Chefin Andrea Nahles fordert, die äußerst rabiaten Sanktionen für jüngere Bezieher von Hartz IV abzuschaffen. Ist dies das Signal für eine Umkehr? Hat die sonst so mittige SPD-Spitze mit Blick auf die trüben Umfragen und die Wahlen in Bayern und Hessen, begriffen, dass nur noch die Belebung altsozialdemokratischer Werte Rettung verspricht?
Die SPD wird, obwohl gerade Scholz und Nahles das seit Jahren versuchen, die Agenda 2010 und Münteferings Rentenpolitik einfach nicht los. Obwohl die SPD die damaligen Reformen immer wieder verändert, ergänzt, abgemildert hat, folgt ihr die Agenda wie ein Schatten. Einen sichtbaren harten Bruch traut sie sich nicht, so bleibt nur die Änderung im Detail oder, in Sachen Rente, die wolkige Ankündigung.
Scholz hat wohlweislich keine Zahl genannt. 2017 präsentierte die SPD übrigens ein Rentenkonzept bis 2029. Schwierig wird es ab 2030, weil, die Zahl der RenterInnen steil steigt. Scholz' Drohung, einen Rentenwahlkampf zu führen, ist bislang nur ein Papiertiger, zumal dieses Thema extrem anfällig für das böse Spiel Alte gegen Junge ist.
Die SPD schwankt derzeit zwischen zwei Strategien. Weil sie an Merkels Seite bisher immer sang- und klanglos unterging, versucht sie nicht bloß braver Juniorpartner zu sein, sondern sich von der Union mal deutlich abzusetzen. Scholz’ Ansage lautet hingegen: Die SPD muss als grundsolide, verlässliche Regierungspartei auftreten, in der Hoffnung, dass sich dies auszahlt, wenn die inneren Spannungen in der Union zunehmen.
Das sind zwei konträre Erzählungen. Die SPD-Spitze versucht derzeit, beides gleichzeitig zu tun. Ein bisschen frech, aber nicht zu sehr. Das reicht, um die Union zu ärgern. Es reicht nicht, um ein klares politisches Symbol zu erzeugen, dass die Frustrierten beeindrucken würde, die ihr in den letzten 20 Jahren die Rücken gekehrt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen