Kommentar Perioden-Petition: Bluten ist kein Luxus
Eine Petition bricht mit dem Menstruations-Tabu. Die Abschaffung der Luxussteuer auf Periodenprodukte könnte für mehr Gleichberechtiung sorgen.
D arüber reden mögen viele nicht so gern, jetzt müssen sie aber zuhören: 50.000 Unterschriften waren genug für eine Anhörung im Bundestag zur Steuersenkung von 19 auf 7 Prozent für Menstruationsprodukte. Ein kleiner Schritt auf dem langen Weg zur Enttabuisierung eines Themas, das die Hälfte der Menschheit betrifft.
Gegen das Tabu Monatsblutung wird zwar in feministischen Kreisen andiskutiert, etwa von der promovierten Rapperin Lady Bitch Ray. Trotzdem ist Menstruation ein Thema, das von vielen immer noch eher verschämt besprochen wird, aus Angst vor negativen Reaktionen.
Lieber werden Tampons unter dem Tisch oder auf der Damentoilette hinter verschlossenen Türen weitergegeben, als dass frau sich als menstruierendes Wesen outet. Lieber schleppen sich Frauen auch unter stärksten Schmerzen zur Arbeit, als sich „so anzustellen“.
Und immer noch stecken sie herablassende Kommentare ein, wenn sie nicht erwartungsgemäß gute Laune versprühen: unlustige Witze à la „Die hat bestimmt ihre Tage“ sind leider noch immer nicht in der Mottenkiste verstaut.
Um die Fremd- und Selbststigmatisierung von Menstruierenden abzubauen, entschieden sich deshalb knapp 75.000 Menschen dazu, die Petition gegen die Luxussteuer mitzuzeichnen.
Menstruieren ist keine Entscheidung
Doch dass es bei der Unterschriftensammlung nicht ums Geld geht, ist offensichtlich.Die paar hundert Euro, die sich Menstruierende mit einer Steuersenkung im Laufe ihres Lebens sparen können, sind nicht der springende Punkt.
Es geht um die strukturelle Diskriminierung von Menschen, die sich nicht aussuchen können, ob, wann und unter welchen körperlichen Beeinträchtigungen sie monatlich bluten müssen. Dabei sprechen wir nicht von einer kleinen Anzahl von benachteiligten Menschen, sondern eben von der Hälfte der Bevölkerung.
Eine neue steuerliche Kategorisierung von Periodenprodukten als Grundbedarf würde Menstruierende deshalb nicht nur aus monetärer Sicht unterstützen, sondern wäre vor allem ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung, Akzeptanz und Respekt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung