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Petition Perioden-ProdukteDie Periode als Luxus

Die Petition zur Steuersenkung von Perioden-Produkten war erfolgreich. Jetzt kommt sie vor den Bundestag. Es folgen viele bürokratische Schritte.

Die sogenannte „Luxussteuer“ gilt für Menstruationsartikel in Deutschland Foto: Apollo 13 / photocase

BERLIN taz | Periodenprodukte wie Tampons, Binden und Menstruationstassen gelten in Deutschland nicht als Grundbedarf. Deshalb werden sie mit 19 Prozent und nicht, wie etwa Lebensmittel, mit dem ermäßigten Satz von 7 Prozent besteuert. Das wollte das Start-up Einhorn, das für seine veganen Kondome bekannt ist, ändern und reichte in Kooperation mit dem Magazin Neon eine Petition beim Deutschen Bundestag ein.

Durch den Steuersatz würden Frauen diskriminiert, heißt es in dem Petitionsschreiben. Die Forderung: „Die Periode ist unausweichlich. Das ist kein Luxus und sollte nicht als solcher besteuert werden.“

So heißt dann auch die gleich die Petition: „Keinluxus“ erreichte innerhalb von vier Wochen am vergangenen Montag die nötige Grenze von 50.000 Unterschriften. Am Dienstag, dem internationalen Tag der Menstruation, waren es schon mehr als 75.000 Online-Mitzeichnungen.

In ihrer nächsten Sitzung muss der Petitionsausschuss nun öffentlich über die Thematik beraten. Die Initiator*innen erhalten dabei die Gelegenheit, ihr Anliegen persönlich vorzutragen. Der Bundestag kann dann eine Empfehlung beschließen, die an die Bundesregierung herangetragen wird. Die muss sich dann mit dem Anliegen beschäftigen, ist jedoch nicht verpflichtet, nach der Empfehlung des Bundestags zu handeln. Wenn sich die Bundesregierung dagegen entscheidet, muss sie das jedoch begründen.

Die Situation in anderen Ländern

Was nun folgt, sind also viele bürokratische Schritte. Vonseiten des Finanzministeriums hieß es, dass die 19 Prozent für Hygieneprodukte in Deutschland die Regel seien und eine Senkung im Einklang mit den Vorgaben der europäischen Mehrwertsteuer-Systeme erfolgen müsse.

Auch in anderen Ländern lebt die Diskussion um die Besteuerung von Menstruationsprodukten immer wieder auf. Anfang dieses Jahres schaffte Australien die ehemalige Steuer von 10 Prozent auf Menstruationsprodukte komplett ab. Auch in Irland, Kanada, Kenia, Indien, Mauritius und einigen US-Bundesstaaten gibt es keine „Tamponsteuer“. In Luxemburg, Frankreich und der Schweiz wurde diese zumindest gesenkt. Es gibt jedoch im internationalen Vergleich auch höhere Sätze. So liegt die Steuer auf Periodenprodukte in Österreich bei 20, in Schweden bei 25 und in Ungarn bei 27 Prozent.

Wie willkürlich die unterschiedlichen Steuersätze in Deutschland sind, wird mit einem Blick auf die Listen der Produkte deutlich: Toilettenpapier, Windeln und eben Periodenprodukte werden als Hygieneprodukte mit 19 Prozent besteuert. Schokolade, Mate-Tee und sogar Münzsammlungen sind als Grundbedarf definiert und werden demnach ermäßigt mit 7 Prozent besteuert.

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9 Kommentare

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  • Da es heutzutage so oder so nicht mehr möglich ist, die Unterteilung der Produkte in 19 Prozent Regelsteuersatz und 7 Prozent ermässigtem Steuersatz logisch herzuleiten, sollte der ermäßigte Steuersatz einfach abgeschafft und der Regelsteuersatz um ein paar Prozentpunkte abgesenkt werden.

    Dann spart man sich solche angeblichen "Luxussteuer-"Diskussionen. Auch die alte FDP Steuer bezüglich der Hotels wäre dann erledigt.

    • @DiMa:

      der Regelsteuersatz um ein paar Prozentpunkte abgesenkt werden.

      In welcher Welt leben Sie? Steuern senken. Da hört der Spaß auf!

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Diese ganzen Verwaltungsprozesse kosten vermutlich mehr als mit dem höheren Steuersatz eingenommen wird.

  • Diese Petion ist ein Beleg dafür, weshalb D das komplizierteste Steuergesetz weltweit hat. Jeder Einzelfall muss einzeln bewertet werden, es muss auf den letzten Cent „gerecht“ zugehen. Das die vielen Einzelfalllösung zu einer Benachteiligung bei vielen Personen führen, da diese den Dschungel der Vorschriften nicht mehr durchblicken, wird dabei gerne übersehen...

  • Der Frau Lohoff nach zu folgen ist aber der tägliche Klogang schon Luxus. Es ist halt eine populistische Welle hier ein unsinniges Differenzierungsregime noch ein wenig unsinniger zu machen und Hygieneprodukte nur für ein Geschlecht in der Steuer zu senken. Das wäre dann typisch sexistische Steuergestaltung.

    • @Velofisch:

      Warum wäre das sexistisch? Frauen benutzen doch genauso Klopapier wie Männer! Ich sähe da keine Benachteiligung für ein Geschlecht, wenn die Steuer für Periodenprodukte gesenkt würde.

  • 9G
    93649 (Profil gelöscht)

    Falls nicht schon geschehen, hoffe ich auch auf Steuersenkungen auf Bartstutzprodukte.

    • @93649 (Profil gelöscht):

      Die Verbrauchsmaterialien wie Reinigungsflüssigkeiten für Rasierer und Rasierschaum müssen dann auch geringer besteuert werden.

      • @chrisffm:

        Ich möchte hier daran erinnern, dass man auch elektrorasiert oder unrasiert rumlaufen kann als Mann, ohne negative Reaktionen im großen Stil abzubekommen. Aber als Frau einmal im Monat fünf Tage mit blutiger Hose rumlaufen? Ich denke der Unterschied sollte klar sein.