Kommentar Neue Sozialthemen der SPD: Vorschlagen kann man viel
Auf einmal interessiert sich die SPD-Spitze für Anpassungen bei Hartz IV, bezahlbare Mieten und eine sichere Rente. Warum erst jetzt?
B esonders offensiv hat die SPD im vergangenen Wahlkampf das Thema bezahlbare Mieten nicht in den Vordergrund gerückt. Hartz-IV-Sanktionen fand Kanzlerkandidat Martin Schulz dagegen nötig. Nachdem die Genossen dann in die Regierung eintraten, gelang es zumindest in den Koalitionsverhandlungen, ein paar kleinere Verbesserungen in der Mietenpolitik durchzusetzen, in Sachen Hartz IV gab es dagegen keinen Fortschritt.
Doch auf einmal scheint sich die SPD-Spitze für ebendiese Themen zu interessieren. Parteichefin Andrea Nahles will von den verschärften Hartz-IV-Sanktionen für unter 25-Jährige abrücken, Finanzminister Olaf Scholz will das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2040 absichern. Nun wollen die Sozialdemokraten drastische Begrenzungen der Mietsteigerungen erreichen – wenige Tage nachdem das Kabinett nur geringfügige Verbesserungen der Mietpreisbremse beschlossen hatte. Bleibt die Frage: Wo waren diese Forderungen im Wahlkampf? Warum hat man das Thema Hartz IV nicht stärker in die Koalitionsgespräche eingebracht und in den Verhandlungen zur Mietpreisbremse nicht härter verhandelt?
Klar ist: Von ihren Ideen wird die SPD kaum etwas umsetzen. Anpassungen bei Hartz IV müssen vom Bundestag verabschiedet werden, genau wie alle Veränderungen an der Mietpreisbremse und wie Rentengarantien. Das dürfte mit dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zu machen sein. Angesichts der mauen Umfragewerte und der drohenden Wahlschlappen bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern will die SPD wohl noch mal ein wenig Staub aufwirbeln. In der praktischen Politik schlägt sich das leider nicht nieder.
Das SPD-geführte Arbeitsministerium teilte diese Woche mit, es gebe derzeit „kein Gesetzesvorhaben zur Angleichung der Sanktionenregelungen“ für unter 25-Jährige. Vorschlagen kann man vieles, aber man muss die eigenen Vorhaben auch in den entscheidenden Momenten durchsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee