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Kommentar Neue Sozialthemen der SPDVorschlagen kann man viel

Jörg Wimalasena
Kommentar von Jörg Wimalasena

Auf einmal interessiert sich die SPD-Spitze für Anpassungen bei Hartz IV, bezahlbare Mieten und eine sichere Rente. Warum erst jetzt?

Warum hat die SPD in den Verhandlungen zur ­Mietpreisbremse nicht härter verhandelt? Foto: Simone Hutsch/Unsplash

B esonders offensiv hat die SPD im vergangenen Wahlkampf das Thema bezahlbare Mieten nicht in den Vordergrund gerückt. Hartz-IV-Sanktionen fand Kanzlerkandidat Martin Schulz dagegen nötig. Nachdem die Genossen dann in die Regierung eintraten, gelang es zumindest in den Koalitionsverhandlungen, ein paar kleinere Verbesserungen in der Mietenpolitik durchzusetzen, in Sachen Hartz IV gab es dagegen keinen Fortschritt.

Doch auf einmal scheint sich die SPD-Spitze für ebendiese Themen zu interessieren. Parteichefin Andrea Nahles will von den verschärften Hartz-IV-Sanktionen für unter 25-Jährige abrücken, Finanzminister Olaf Scholz will das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2040 absichern. Nun wollen die Sozialdemokraten drastische Begrenzungen der Mietsteigerungen erreichen – wenige Tage nachdem das Kabinett nur geringfügige Verbesserungen der Mietpreisbremse beschlossen hatte. Bleibt die Frage: Wo waren diese Forderungen im Wahlkampf? Warum hat man das Thema Hartz IV nicht stärker in die Koalitionsgespräche eingebracht und in den Verhandlungen zur ­Mietpreisbremse nicht härter verhandelt?

Klar ist: Von ihren Ideen wird die SPD kaum etwas umsetzen. Anpassungen bei Hartz IV müssen vom Bundestag verabschiedet werden, genau wie alle Veränderungen an der Mietpreisbremse und wie Rentengarantien. Das dürfte mit dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zu machen sein. Angesichts der mauen Umfragewerte und der drohenden Wahlschlappen bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern will die SPD wohl noch mal ein wenig Staub aufwirbeln. In der praktischen ­Politik schlägt sich das leider nicht nieder.

Das SPD-geführte Arbeitsministerium teilte diese Woche mit, es gebe derzeit „kein Gesetzesvorhaben zur Angleichung der Sanktionenregelungen“ für unter 25-Jährige. Vorschlagen kann man vieles, aber man muss die eigenen Vorhaben auch in den entscheidenden Momenten durchsetzen.

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Jörg Wimalasena
Redakteur Inland
bis Januar 2022
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7 Kommentare

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  • Meine Familie betreibt in München eine mittelgroße Wohnungswirtschaft und ich kann nicht eine einzige These von Ihnen bestätigen. Das ist der übliche Sums, von Leuten die einfach nicht genug kriegen können. Die Zinsen und Mieten sind derzeit so optimal, dass jeder hier in München und Umgebung händeringend Jagd auf Baugrundstücke macht. Die Lage war noch nie so gut, mit Immobilien so schnell reich zu werden. Lt. meiner Großmutter, selbst nach dem 2. Weltkrieg nicht.

    Was schreiben Sie eigentlich hier?

  • Hartz IV, bezahlbare Mieten und eine sichere Rente. Warum erst jetzt? Und will die SPD Gruppe tatsächlich das für die Bürger verbessern?



    Quatsch! Man muss sich nicht noch das 18mal belügen lassen um nachher zu sagen, jetzt wurde ich 19mal belogen.



    Dass die Partei-Elite in der SPD den gemeinen Bürger, den Normalo immer noch als den Prügelknabe der Nation ansieht zeigt aktuelles Beispiel:



    Ein befreundete alleinerziehende Mutter, mit drei Kindern hat ab dem 01.01.2018 für das 1. und 2. Kind jeweils 194,-- und für das 3. Kind 200,-- also insgesamt 588,-- mtl. Kindergeldanspruch.



    Ab 01.09.2018 ist das Bayrische Familiengeld in Kraft. Meine Bekannte würde demnach für für ihr 2. und 3. Kind noch jeweils 300,--, also insgesamt 600,-- mtl. erhalten. Das Landeserziehungsgeld erhält sie bislang parallel. Es beträgt 150 Euro für das erste Kind, 200 Euro für das zweite und 300 Euro für das dritte Kind. (höchstens für zwölf Monate bezahlt).



    In Summe hätte meine Bekannte und alleinerziehende Mutter von 3 Kindern, deutlich mehr Geld in Zukunft bekommen, dass sie auch angesichts teurer Mieten in der seit 20 Jahren SPD regierten Stadt München, dringend braucht.

    Wäre da nicht der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), dem seine Behörde bereits angekündigt hat, Familien und Alleinerziehenden in Bayern das Familiengeld durch Rückforderungsbescheide wieder abzunehmen. (Unglaublich!!!).

    Wäre Hubertus Heil nicht von der SPD, sondern von der FDP oder von einer marktradikalen Wirtschaftslobby, könnte man seinen Entschluss nachvollziehen. Als der SPD Finanzminister Steinbrück durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz den Banken und Versicherungen 480 Mrd. Euronen zugeschanzt hat, war die SPD Welt offensichtlich in Ordnung. Das muss doch jedem in Deutschland inzwischen klar sein, mit der SPD haben wir es mit einer Partei unter falschen Etikett zu tun.

  • Manchmal fragt man sich, ob der eine oder andere Politiker tatsächlich irgendeinen Schul-abschluß hat oder ob geistige Störungen einfach unbemerkt bleiben können. Herr Schäfer-Gümbel hat offenbar gefordert, daß Mietpreiserhöhungen in Zukunft nur noch als Inflati-onsausgleich dienen dürfen. Ich hoffe, ich habe das nur geträumt. Mietpreise vom sozialistischen Planungsbüro, oder was ? Das ist genau wieder so ein hanebüchener Denkfehler, den auch Heiko Maas mit seiner fehlgeschlagenen Mietpreisbremse, bzw. der neuen Maklerverordnung erreicht hat. Mit ersterer hat er erreicht, daß alle Vermieter 2016 erstmal sofort die maximal mögliche Mieterhöhung durchgeführt haben und mit letzterer hat er erreicht, daß das sichtbare Mietangebot auf nahezu null zurückgegeangen ist und die Mietpreise natürlich durch die Decke gegangen sind. Das kommt davon, wenn Nicht-Fachleute (auf deutsch: Dilettanten) an irgendwas rummurksen, von dem sie keine Ahnung haben. Wenn nun also in Zukunft feststehen sollte, daß Mieten nicht erhöhbar sind, wird doch kein privater Bauträger auch nur eine einzige Wohnung mehr bauen, weil er nicht mal weiß, ob Baukostenerhöhungen oder Reparaturen bezahlbar sein werden. Und wenn man schon gleich gar nichts an der Bauerei privat verdienen kann, ist die Lust doch ganz dahin. Dann wird doch noch weniger gebaut als ohnehin schon. Diese, sorry, komplett bescheuerte Idee wird a) dafür sorgen, daß überhaupt nicht mehr gebaut wird und b) daß wiederum die Mieten alle maximal erhöht werden, weil man für die Zukunft befürchtet, daß nicht mehr tun zu können. Kognitive Dissonanz ist ein viel zu nettes Wort.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Politisches Dummgeschwätz der SPD. Die Rentenfrage wird im Parlament nach Kassenlage entschieden, Sanktionen rund um Hartz VI sind ohnehin ein Auslaufmodell und die Mietpreisbremse ist eine Superidee, um Wohnungbau endgültig zu verhindern. Die Sehnsucht nach der Macht verhindert offenbar, Realitäten wahrzunehmen. Etwas kritische Reflexion der TAZ wäre in dieser Sache auch nicht schlecht.

  • Das übliche, win wenig Opposition simulierrn und wenn es drauf ankommt die Pöstchen bevorzugen und weiterso machen. Das ist SPD seit 2005.

  • Wir erinnern uns, die Riesterrente wird immer noch auf's Grundeinkommen angerechnet. Änderungsvorschläge der SPD, keine. Das soziale Gewissen der SPD, wer kann das noch ernst nehmen? Und so verschwindet die einst stolze Partei in der Bedeutungslosigkeit.

  • Zitat: "Auf einmal interessiert sich die SPD-Spitze für Anpassungen bei Hartz IV, bezahlbare Mieten und eine sichere Rente. Warum erst jetzt?"

    Vielleicht, weil man als ordentlich ausgebildetes Alphatier nicht nur vieles vorschlagen und die eigenen Vorhaben in den entscheidenden Momenten sogar durchsetzen kann, sondern weil man sich letztendlich doch auch belehren lassen kann, wenn die nachfolgenden Konsequenzen schmerzhaft genug sind. Natürlich nicht gleich, sondern erst in dem Moment, in dem man kapiert, dass einem anderenfalls auch noch die letzten verbliebenen Felle davonschwimmen.