Kommentar Nato-Manöver in Norwegen: Der neue Kalte Krieg
Die Kriegsübung der Nato gründet auf einer falschen Annahme. Sie provoziert Russland erst recht – und verschleudert außerdem Steuergelder.
D ie größte Kriegsübung der Nato seit dem Fall der Berliner Mauer ist gefährlich, provokativ und eine gigantische Verschleuderung von Steuergeldern aus den beteiligten 31 Staaten. Sie wird den neuen Kalten Krieg mit Russland weiter anheizen und die Kräfte in Moskau stärken, die es der Nato mit gleicher Münze heimzahlen wollen.
Die Bedrohungsbehauptung, mit der das Bündnis diese Kriegsübung und sein seit 2014 stetig verschärftes Verhältnis zu Russland rechtfertigt, beruht auf einer falschen Analyse. Scharfe Kritik an der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und an Moskaus fortgesetzter Unterstützung für die Aufständischen in der Ostukraine ist zwar richtig.
Dieses Vorgehen Russlands entsprang und entspringt dem sicherheitspolitischen Interesse daran, den Militärhafen Sewastopol auf der Krim nicht zu verlieren und die von der Nato in Aussicht gestellte Aufnahme der Ukraine zu verhindern. Das muss man nicht billigen, aber doch analytisch verstehen in seiner Begrenztheit auf die Krim und die Ukraine.
Es gibt darüber hinaus überhaupt kein Indiz, dass Russland ein Interesse daran haben könnte, militärisch gegen die osteuropäischen Nato-Mitgliedsstaaten vorzugehen – ganz abgesehen davon, dass es dabei auch nicht erfolgreich wäre angesichts seiner realen militärischen Unterlegenheit.
Ständige Klagen werden entlarvt
Der mit immerhin 10.000 Soldaten beteiligten Bundeswehr dient das Manöver zur Vorbereitung auf ihre künftige Führungsrolle bei der Nato-Eingreiftruppe für Osteuropa. Das einzig Positive ist die Mitteilung von Brigadegeneral Michael Matz, dass die deutschen Soldaten alles haben, was sie für eine erfolgreiche Teilnahme an dem Manöver brauchen. Selbst für den Fall, dass die Temperaturen tief unter den Gefrierpunkt fallen, seien dicke Wollunterhosen und andere ausreichend warme Kleidungstücke vorhanden.
Diese Mitteilung des Generals entlarvt die ständigen Klagen über eine angeblich mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr – für die sich auch manche VerteidigungspolitikerInnen der oppositionellen Grünen von Verteidigungsministerin von der Leyen allzu gerne vereinnahmen lassen – als Zwecklügen, um die von der Bundesregierung angestrebte drastische Erhöhung der Militärausgaben durchzusetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Protest gegen Kies- und Sandabbau
Der neue Kampf gegen Gruben