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Kommentar NPD-VerbotsverfahrenNützt vor allem der AfD

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Anfang März verhandelt das Bundesverfassungsgericht über ein Verbot der NPD. Aber die Demokratie schützt man nicht mit Verboten.

Keine sympathischen Zeitgenossen: NPD-Anhänger bei einer Demonstration gegen ein Flüchtlingsheim in Berlin, 2013. Foto: reuters

N och ist nichts entschieden. Ob der Antrag auf ein NPD-Verbot Erfolg haben wird oder nicht, ist bisher nicht absehbar. Das Bundesverfassungsgericht hat nur festgestellt, dass der Antrag des Bundesrats nicht offensichtlich unbegründet oder unzulässig ist. Dass manche dies schon als Erfolg feiern, zeigt, wie unsicher der Ausgang des Verfahrens ist.

Die NPD ist zwar ein Ärgernis für die Demokratie, aber keine Gefahr. Nicht einmal jetzt. Da kommt eine Million Flüchtlinge nach Deutschland und es entsteht neben viel Hilfsbereitschaft auch Verunsicherung, Rassismus, blanker Hass. Doch die NPD kann von diesem Klima in Teilen der Gesellschaft kaum profitieren. Es ist die AfD, die bei Umfragen in die Höhe schießt. Was also würde ein Verbot der NPD bewirken? Der AfD würde zugleich attestiert, dass sie unbedenklich ist, obwohl ihre Angsthetze in der Mitte der Gesellschaft noch viel mehr Schaden anrichtet.

Wir haben derzeit wirklich genug Gefahren für die Demokratie: Allein in diesem Jahr gab es Hunderte Anschläge auf Asylunterkünfte. An vielen Orten werden diejenigen bedroht und eingeschüchtert, die sich für Flüchtlinge einsetzen, bis hin zum Mordversuch an der Kölner Kommunalpolitikerin Henriette Reker. Wer glaubt, dass all dies bei einem NPD-Verbot auch nur gemindert würde?

Demokratie schützt man nicht mit Verboten, die nicht einmal als Symbol taugen, sondern indem sich möglichst viele gegen den Hass und für den Schutz der Schwachen einsetzen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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27 Kommentare

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  • Das ist der gleiche Argumentationsstrang mit dem in anderen europäischen Staaten, z.B. Frankreich, gegen der Aufnahme von Flüchtlingen das Wort geredet wird. Mit solchen Argumenten gewinnen nur Rechtsextreme.

  • Also vor allem die Texte der BILD, die WELT, und einige andere Medien, die nicht zeigen, dass es in Syrien eine liberale, säkulare und linke Opposition gibt, nutzen der AfD.

    Chaotische Unterbringung von Flüchtlingen nutzen die AfD.

     

    Teile der NPD werden zum III.Weg gehen, die Brandanschläge planen.

    • @nzuli sana:

      "...dass es in Syrien eine liberale, säkulare und linke Opposition gibt..."

       

      Es ist vielleicht auch sehr schwer, den Kleinbus voll Leute zu entdecken. :-)

  • Wenn die NSDAP verboten worden wäre, hätte es wahrscheinlich auch irgendjemandem genützt: den Millionen von Toten, die auf die Kappe des NS-Regimes gehen (Soldaten, Zivilisten und Verfolgte)

    • @Nicky Arnstein:

      Haben wir es immer noch nicht gelernt? Keine Toleranz mit den Intoleranten. Nur eine Wehrhafte Demokratie kann überleben.

       

      Das NPD-Verbot soll keine Probleme lösen, sondern Zeichen setzen. Jede Partei hat das Recht, verfassungsfeindlich zu sein. Verboten ist nur, dies aggressiv kämpferisch zu tun. Im Falle der NPD gibt es dafür eindeutige Beweise. Wollen wir warten, bis ein neues Putsch-Kommando in Berlin steht und mit Waffengewalt ein neues Reich ausruft? Brennende Asylheime, erschlagene Obdachlose, eine gewaltverherrlichende Sprache, alles nur das Werk von eingeschleusten Provokateuren?

       

      Sicher wäre es schlimm, wenn die Ehemaligen nach einem Verbot zur Rechten oder der AfD wechseln würden. Doch damit muss eine Demokratie zurecht kommen. Stattdessen wird eine angebliche Radikalisierung geradezu herbeigeredet. Wer so mutlos ist, wie will er dann dem politischen Alltag gerecht werden?

    • @Nicky Arnstein:

      Bewusste, absichtliche Unwissenheit nennt man wohl Ignoranz.

       

      Wikipedia (aber eigentlich Allgemeinwissen):"In der Weimarer Republik wurde die NSDAP infolge des Hitlerputsches in der Zeit vom 23. November 1923 bis zur Neugründung am 27. Februar 1925 verboten."

      Auch mit den Wählerstimmen hatte es die Nazipartei nicht so. 1933 war die einzige Wahl, wo sie nennenswert vertreten waren.

  • Das Verbotsverfahren war doch eh bloss eine PR Nummer als Reaktion auf die NSU Aufdeckung. Das Verfahren ist völliger Blödsinn. V-Männer aus der Partei raus und dieses Gesocks demokratisch bekämpfen und lächerlich machen. Einfach mal zeigen was für einen Bockmist diese Vollidioten reden sobald sie irgendwo auftauchen.

  • In der Tat ist unsere Demokratie bedrohter denn je weil Bürger_innen_rechte abgebaut werden, Sicherheitsbehörden immer mehr Rechte bekommen und immer mehr verboten wird.

    Bedrohungen durch Terrorismus und Radikalismus dienen da schnell dazu uns immer mehr einzuschränken. Das "Spiel" wird umso durchsichtiger, wenn berücksichtigt wird, dass die NPD durch den Verfassungsschutz aufgebaut und finanziert wurde.

    Rechtfertigt nicht ein Befürworter eines NPD-Verbotes auch das Verbot der KPD? Reichen nicht die normalen Gesetze aus, die besagen, dass Organisationen, die zu kriminellen Handlungen aufrufen oder zur Organisation von kriminellen Handlungen dienen, natürlich kriminell sind?

    • @Velofisch:

      Rechtfertigt nicht ein Befürworter eines NPD-Verbotes auch das Verbot der KPD?

       

      Nein: Weil die KPD keine Nazipartei war.

      Aber: Wer das NPD-Verbot in Frage stellt, stellt auch das NSDAP-Verbot in Frage.

  • Woher kommt eigentlich die naive Auffassung, man müsse nur etwas verbieten und dann ist ein Problem gelöst ?

     

    Wenn die NPD verboten ist, hört die dumpfe Nazidenke doch nicht auf. Ein Teill geht in den Untergrund, Wähler orientieren sich bei CSU oder AfD oder werden Nichtwähler. Eine Naziszene die man nicht sieht halte ich für gefährlicher als eine sichtbare.

     

    Die widerlichen Nazis kann man politisch herausfordern und vor allem durch Arbeitsplätze und Bildung den Zulauf unterbinden. Aber das ist natürlich ein langer Prozess und und bringt nicht schnell genug Wähler für die nächste Wahl.

     

    Ein Verbotsverfahren ist eine Show-Nummer der Politik, nichts sonst.

    • @Ariel Rozenbaum:

      "Woher kommt eigentlich die naive Auffassung, man müsse nur etwas verbieten und dann ist ein Problem gelöst?"

       

      Wer hat behauptet, dass mit dem NPD-Verbot das ganze Naziproblem im Schland gelöst wäre?

    • @Ariel Rozenbaum:

      Die NPD ist eine grundgesetzwidrige Partei und muß allein schon aus diesem Grunde verboten werden. "Strategische" Überlegungen haben da nichts zu suchen, zumal die meisten davon reichlich dilettantisch daherkommen. Wäre die NPD nicht eine Plattform für Nazis, hätte sie also keine Funktion, gäbe es sie auch nicht.

       

      Wer dem NPD-Verbot den Nutzen abspricht, spricht der Demokratie die Durchsetzungskraft ab.

       

      Daß Parteiverbote grundsätzlich funktionieren, beweist die Geschichte der KPD.

    • @Ariel Rozenbaum:

      So sehe ich das auch. Es wird eher zu einer Radikalisierung der Rechtsextremen führen.

      • @Norman Raue:

        "...Radikalisierung der Rechtsextremen..."

         

        Oder einer Schwärzung des Schwarzen.

         

        Aber im Ernst. Den Terminus sollten Sie patentieren lassen.

  • Verbote, Parteienfinanzierung, Ausnahmezustände werden zur Normalität und damit haben die Rechten doch das, was sie immer wollten. Die Transformation ist längst im Gange und die Bemühungen unserer Beherrscher sind längst Augenwischerei, bzw. Vorbereitung des rechten Ernstfalls. Wenn man bei der Stimmabgabe abgetastet wird vom Staatsapparat, der bei der kriminalpolizeilichen Arbeit gegen die gewalttätigen Feinde der Demokartie kläglich versagt - oder etwa eben nicht versagt? - , muss man sich nicht wundern, wenn mehr und mehr Leute Demokratie für Augenwischerei halten. Ohne Demokraten funktioniert es halt nicht...

  • Hmmm, dann schadet es sicher der AfD, wenn die NPD unterstützt wird. Ein Dilemma...

  • Der Autor ist also der Meinung man sollte den Nachfolger der NSDAP nicht verbieten, weil es auch einen Nachfolger der DNVP? Merkwürdige Logik.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sehr gut beschrieben. Sehr knapp, wenig Worte, aber umso (zu-) treffender. Einfach klasse!

  • Den Rassismus in den Köpfen der Leute wird man gewiss nie los, aber die NPD kann und muss man verbieten - und das hätte auch schon längst geschehen müssen. Ein NPD Verbot wäre doch mal ein klares Signal in Richtung AfD, CSU und anderer Rechtspopulisten. Dann wird bei denen auch die Hose nicht immer so dick.

  • Dieser Gedanke kam mir auch, aber er ist nicht eindeutig. Es kann sein, dass die Zerschlagung einer größeren Splittergruppe der nächstgrößeren zugute kommt. Es könnte aber auch dazu kommen, dass mehr Splittergruppen gegründet werden, die der AfD ihrerseits wieder Stimmen streitig machen. Bedenklich finde ich allemal, dass man den Nazis keine demokratische Vertretung zugestehen will. Denn sieht man sie hierbei (zu Recht) in der Opferrolle, werden sie (zu Unrecht) Sympathie gewinnen. Viele sind naiv genug, böse Opfer wie gute Opfer zu sehen. Hier mal plakativ ausgedrückt, weil's den Sachverhalt einfach am deutlichsten veranschaulicht. Ich fürchte, das wird den derzeitigen Rechtsruck in Europa auf die Dauer massiv verstärken. Dazu kommt: Wenn das Prinzip der Meinungsfreiheit für Nazis gebrochen wird, weshalb dann nicht für andere? Davor fürchten sich viele.

  • Rassismus ist ein Verbrechen und gegen Verbrecher muss in einer Demokratie seitens der Judikative repressiv verfahren werden. Das gilt auch dann, wenn andere Verbrecher (AfD) von diesen Repressionen profitieren würden.

     

    Die NPD nicht zu verbieten, nur, weil die AfD davon evtl. profitieren würde, ... das wäre in etwa so, als würde man nicht gegen einen Mafia-Clan vorgehen, weil ein anderer dann mehr Macht erhielte. Ziel sollte es doch sein, dass alle Clans vernichtet werden.

    • @hansmaulwurf:

      Das Problem ist, dass es bei Niederschreibung einer Verfassung theoretisch möglich wäre, jede Meinung, die unsereiner nicht mag, juristisch als ein Verbrechen zu deklarieren. Ob wir sie zurecht oder zu Unrecht nicht mögen, spielt dabei keine Rolle. Das demokratische Prinzip in Reinform lebte allerdings davon, dass man dem Stimmvieh in soweit vertraute, dass es sich nicht in zu verlustreichen Mengen in tiefe Abgründe verrannte. Ob dieses Prinzip propagiert werden darf oder nicht, ist eine andere Frage. Es hat sich ja schon einmal selbst ausgehebelt und Deutschland die wohl schwärzesten Stunden seiner Geschichte beschert, eben weil sich die Leute massenhaft verrannten. Damals war allerdings auch das Bildungssystem wesentlich schlichter, zudem standen die Leute ärgeren Krisen gegenüber als den derzeitigen und wurden von anderen Kalibern verhetzt als Pegida und AfD. Heute ist allemal mehr Mut zur Demokratie angebracht als damals.

      • @Ein alter Kauz:

        "Ob wir sie zurecht oder zu Unrecht nicht mögen, spielt dabei keine Rolle."

         

        Was heißt "mögen"? Reden wir hier über Eiscreme? In der NPD und ihrem Umfeld bewegen sich Leute, die die Traditionen des NS pflegen und die Ideologien der NSDAP weiterentwickeln. Das ist keine Frage des Geschmacks.

      • @Ein alter Kauz:

        Nun, ob das Bildungssystem damals schlichter (oder meinten Sie "schlechter" u. haben sich beim Schreiben vertippt?) war als heute, kann ich nicht beurteilen.

         

        Ich nehme nur wahr, dass es denen, die heute die Schulen verlassen, (auch) an den politisch-gesellschaftlichen Grundkenntnissen fehlt, die für meine Generation (ich wurde Ende der 1950er-Jahre geboren und verließ Mitte der 1970er-Jahre die Realschule mit dem Abschluss "Mittlere Reife") noch kein Problem war.

         

        Bei diesen politisch-gesellschaftlichen Grundkenntnissen denke ich bspw. an die unterschiedliche Aufgabenstellung von Bundestag und Bundesrat, an die Systematik unserer Sozialversicherung, auch an die Unterschiedlichkeit dieser Sozialversicherung zur Privatversicherung und vieles Andere mehr (alles keine "grossen" Themen).

         

        Generell denke ich, dass die Frage, ob jemand sich auf sogenannte "einfache Antworten" einlässt (und nicht prüft, ob sie denn stimmen können), die von rechts- und linkspopulistischen Parteien "angeboten" werden, schon an der Bildung und an den Gesellschaftlich - politischen Grundkenntnissen hängt.

  • Generell würde ich zustimmen, bin auch kein großer Freund von verbieten. Dennoch, Parteien erhalten ja eine nicht unerhebliche Finanzspritze aus der Staatskasse und mir wird schlecht dabei, dass sich rechte Arschlöcher mit meinen sauer verdienten Steuergeldern vergnügen können. Und das gilt nicht nur für die NPD... Dafür mag ich die Demokratie vielleicht nicht genug, wer weiß...

    • @Neinjetztnicht:

      ...dann geht das Geld an die AfD, auch nicht besser; dagegen ist die NPD ja richtig 'niedlich' ; )

      • @Fotohochladen:

        Etwas spät, aber ich muss hier nochmal meine Zustimmung signalisieren. Die AFD ist inzwischen wohl noch gefährlicher... Ich wünschte ich könnte mein Geld beeinflussen...