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Kommentar Missbrauch in der KircheDas Bekenntnis zur Schuld reicht nicht

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Man sollte erwarten, dass die Kirche da aufräumt, wo das Übel beginnt: bei ihren eigenen Moralvorstellungen. Aber das passiert nicht.

Vergewaltigt mit neun Jahren: Viele Menschen protestierten am Sonntag in Rom gegen den Missbrauch Foto: dpa

J a, Papst Franziskus hat recht, wenn er betont, dass Missbrauch ein „übergreifendes Problem“ sei, eines, das überall vorkomme, nicht nur in der Kirche. Sexuelle Gewalt an Kindern gibt es in Familien, Sportvereinen, Schulen, Internaten. Aber es ging bei der sogenannten Missbrauchskonferenz, die im Vatikan am Sonntag nach vier Tagen ihren Abschluss fand, eben nicht um Familien, Schulen und Internate, sondern ausschließlich um die katholische Kirche. Und die hat schwere Schuld auf sich geladen.

Nicht nur weil es die massenhaften körperlichen und seelischen Übergriffe durch Geistliche gab und gibt. Sondern vor allem weil Würdenträger in Entscheidungspositionen, die von den Übergriffen wussten und sie hätten stoppen können, jahrzehntelang nichts unternommen haben. Im Gegenteil, überall auf der Welt durften die Täter weiterhin mit Kindern „arbeiten“. Nur bei ganz besonders schweren Taten wurden manche versetzt, selten wurden sie bestraft.

Damit wollte die Konferenz aufräumen. Getan hat sie es nur in Ansätzen. Das geäußerte Bekenntnis zur Schuld ist gut und schön. Aber es reicht nicht. Müssten aus vier Tagen Beichte, Reue und Buße nicht viel eher handfeste Konsequenzen folgen? Konsequenzen, die Missbrauch keinen Raum mehr lassen und die es – wenn er doch passiert – zulassen, mit Entschiedenheit dagegen vorzugehen?

Das ist nicht geschehen. Von der „Missbrauchskonferenz“ bleiben vor allem Lippenbekenntnisse und Absichtsbekundungen. So soll der ohnehin schwammig formulierte 21-Punkte-Plan des Papstes zunächst im Vatikan diskutiert werden. Werden dann tatsächlich, so wie Franziskus es anmahnt, Täter aus dem Dienst entlassen?

Aufräumen mit antiquierten Moralvorstellungen

Vielleicht ist es angesichts der jahrtausendelang gewachsenen kirchlichen Machtbefugnisse vermessen zu erwarten, dass die Organisation da aufräumt, wo das Übel beginnt: bei ihren eigenen Moralvorstellungen. Solange Menschen, die nicht ins katholische Werteschema passen, stigmatisiert und diskriminiert werden, bleibt das System veränderungsresistent.

Wahrhaft revolutionäre Vorschläge wären beispielsweise gewesen, das Zölibat abzuschaffen, Geschiedene und Wiederverheiratete nicht weiter als amoralische Außenstehende zu geißeln sowie eine Schwangerschaftskonfliktberatung anzu­bieten, die diese Bezeichnung tatsächlich verdient.

Viele Katholik*innen wünschen sich eine andere Kirche als die, die sie jetzt ist. Das zeigen Umfragen immer wieder. Ebenso fordern zahlreiche Pfarrer*innen und Priester*innen eine rigorose Neuausrichtung, ihnen laufen – eben auch und wohl vor allem wegen des überholten Verhaltenskodexes – seit Jahrzehnten die Mitglieder weg. Und die Opfer? Sie erwarten mindestens eine Entschädigung. Gehört wurden sie kaum. Am Sonntag demonstrierten wieder Hunderte von ihnen vor dem Vatikan.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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20 Kommentare

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  • War die Rede von Papst Franziskus zur Missbrauchskonferenz denn wirklich ein „Bekenntnis zur Schuld“?

    Viele hatten sich das erhofft als solide Grundlage für eine konkrete Agenda der Kirche, auf der die unverzügliche Beendigung einer jahrzehntelangen Geschichte des Kindesmissbrauchs durch Würdenträger endlich durchsetzbar sein würde. Schaut man sich die Rede von Franziskus einmal genauer an, dann fällt auf, dass er sehr schnell ins Allgemeine abschweift. Er spricht von dem „Übel der Pornografie“, dem „Übel des Sextourismus“, von der “Hand des Bösen“, ja vom „Bösen“ ansich und verweist darauf, dass „das Böse“ ja in der Kirche per se schon seinen verlässlichsten Gegenspieler hat. Er scheut auch nicht den Vergleich von Kindesmissbrauch mit „heidnischen Ritualen“ wie „Menschenopfern“. Am Schluss zählt er die „sieben Strategien der WHO auf, um der Gewalt gegen Kinder ein Ende zu setzen. „Es ist daher die Stunde gekommen zusammenzuarbeiten, um diese Brutalität aus dem Leib unserer Menschheit herauszureißen, indem wir alle notwendigen Maßnahmen anwenden, die auf internationaler und kirchlicher Ebene schon in Kraft sind.“ Es wird seiner Meinung nach also schon alles getan, was nötig ist. Die Kirche kommt als Täterorganisation allenfalls unter ferner liefen in seinen Blick. Tolle Wurst! Nur mit sehr viel Wohlwollen wird man in dieser Rede ein „Bekenntnis zur Schuld“ erkennen können - ein verbindliches Bekenntnis der Institution Kirche als solche war das eben genau nicht.





  • Es ist ja klar, warum unser Rechtsstaat eigentlich kirchliche Paralleljustiz, wie diese jetzt tausendfach im kirchlichen Raum aufgedeckt sexuellen Missbrauchsfällen uns schemenhaft aufschimmerrnd anglotzt, einerseits im Sinne der Gewaltenteilung nicht dulden darf, andererseits fürchtet, dass die wahrhaft priesterlich personalintensiv urbi et orbi, neben "Fliegendem Papst Franziskus" "Papa Mobile" in der Masse Eventabenteuer Gläubigen Ressourcen verschleißend täglich praktiziert. geweiht geheiligt bestallt klerikal behuft geheimer Beichtabbnahme, Gefahren der Ansteckung für unseren rechtsstaat birgt, neben längst vorhanden strafverhindernder Selbstanzeige bei Steuervergehen, hin zur Privahaushalt Praxis täglich millionenfacher Selbstanzeige allein in Deutschland bei "Mundraub", Äpfelklau in Nachbars Garten, Schwarzfahren, Schwarzsehen, Schwarzhören, Bagatelldelikten wie "Bei Ampel Rot über die Straße gehen" führt, allein für deren Antragsannahme das in Mediation geschulte Gerichtspersonal samt dem in seinen Hlfsorganen Polizei, Staatsanwaltschaften fehlt auf dem Weg vom Straf- zum Buß- und Haftungsrechtsstaat beginnend bei Dieselgate.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Ja ja - offenbar hat die Kommentatorin den wahren Wert der katholischen Lehre noch nicht verstanden. Letztlich darf ein Jeder/eine Jede tun und treiben, was er/sie will. Hauptsache es kommt zur aufrichtigen Beichte, in Folge zur Absolution und im Anschluß zur liturgischen Strafe (15 Ave Maria, 10 Hl. Jungfrau, 12 mit der Reitgerte auf den Nackten ... ) und das war‘s dann. Das Seelenheil ist gerettet, die Tat gesühnt (natürlich ohne weltlichen Schadensausgleich oder Strafe) und der Drobs ist gelutscht. Wer hat den von den Verantwortlichen, den Tätern, den Mitwissern oder den Hättewissenmüssenden mehr als eine PR-Aktion erwartet? Doch wohl kaum. Und so sind jetzt die Frösche die Spezialisten in Sachen Teich trockenlegen - und wissen, wie man‘s lieber läßt.

    • @97088 (Profil gelöscht):

      den eros beleidigt,kränkt unterdrückt und verdrängt man nicht ungestraft

      das zölibat begünstigt das entstehen intransparenter machtstrukturen die sexuellen missbrauch und seine vertuschung fördern.



      ausserdem zieht es ungeeignete personen in den priesterberuf.

      als die kirche im mittelalter allzureich und mächtig war-wurde der zölibat eingeführt um die veruntreuung ihrer reichtümer und die privatisierung ihrer macht durch aristokratische familien zu verhindern.



      heute ist es ein dysfunktionaler anachronismus



      das sehen auch die allermeisten katholiken so.



      gingen es nach den katholischen laien so gäbe es kein obligatorisches zölibat mehr.



      sie haben die bibel auf ihrer seite:denn der apostel Paulus schreibt:das kleriker verheiratet sein sollen



      ohne die priester die sich nicht an den unbiblischen zölibat halten -wäre die katholische kirche in einer noch sehr viel schlechteren verfassung.

      Das Sexverbot: Die katholische Kirche und der Zoelibat Doku (2012)

      www.youtube.com/watch?v=K7m9l2UWz_I

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @97088 (Profil gelöscht):

      Chapeau!

      Das Bild mit den Fröschen: ALLERERSTE Sahne! Vor allem für (amtierende oder abgedankte) Prinzen ...

  • Natürlich reicht ein Schuldbekenntnis nicht. Kindesmissbrauch ist eine Straftat und muss vom Staat verfolgt und verhindert werden. Er findet im Umfeld eines jeden Bürgers statt; Wegschauen ist/war flächenhaft verbreitet.

    Da reicht es auch nicht immer nur auf die Kirche zu starren. „Schutzbefohlene“ finden sich an wesentlich mehr Institutionen, bei denen man nach dem Prinzip der drei Affen vorgeht.

  • Das Zölibat hat überhaupt nichts mit Kindesmißbrauch zu tun.

    Das klingt immer so, als hätten Männer, die keinen Sex mit Frauen bekommen, gar keine andere Wahl, als sich an Kindern zu vergehen.

    Und das ist Unsinn.

    Ein Mann wird nicht automatisch zum Kinderschänder, bloß weil er keinen Sex bekommt. Er hat doch wohl zwei gesunde Hände, oder er braucht den Scheiß ja nicht mitzumachen.

    Das ist einfach keine Ausrede. Es liegt nicht am Zölibat. Die Wahrheit ist viel brutaler: Es ist einfach so, daß Pädophile in der Kirche machen können, was sie wollen.

    • @kditd:

      Die wenigsten Täter dürften auch in der Kirche tatsächlich pädophil sein.

      Siehe: de.wikipedia.org/w...%C3%A4tertypologie

      "Davon gehen nach vorsichtigen Schätzungen etwa 90 % der sexuellen Missbrauchsfälle auf sogenannte regressive Täter zurück, deren primäre sexuelle Präferenz auf Erwachsene gerichtet ist. Aufgrund der leichten Verfügbarkeit von Kindern greifen sie zur sexuellen Befriedigung auf Kinder zurück. Man spricht deshalb auch von einem Ersatzobjekttäter."

  • Heribert Prantle hat als Gast in Anne Will Sendung zu diesem Thema zu recht darauf verwiesen, die Römisch-Katholische Kirche, der Heilige Stuhl nimmt für sich eine Paralelljustiz gegenüber Staaten, von diesen komplizemhaft geduldet, auf so untersshiedlichen Gebieten wie Straf-. Sexual- , Familien- , Ehestands- , Arbeits- , Steuer. , Wald. , Forsten- Bankenrecht, Immobilien- , Militärseelsorge, Grund und Boden Erwerb, Veräußerung in Anspruch, dass die Gewaltenteilung in demokratisch aufgestellten Ländern zum durchlöcherten Schweizer Käse wird. Der Kurie im Vatikanstaat wird es folglich nicht um Aufarbeitung der MIssbrauchsfälle, sondern um die Rettung ihrer Paralelljustiz in allen gesellschaftlichen Bereichen gehen, die zu Zeiten von Krisen, Kriegen, Kalten Krieges von der Diplomatie generell und sonders Nachrichten- , Geheimdiensten aller Länder proaktiv als Teil unsichtbarer Front kommuniziert wurde, wird, über den kirchlichen Raum grenzüberschreitend Personal, Güter, Finanzen, V-Leute eingschleust werden konnten und werden.



    "Ja, Papst Franziskus hat recht, wenn er betont, dass Missbrauch ein „übergreifendes Problem“ sei, eines, das überall vorkomme, nicht nur in der Kirche. Sexuelle Gewalt an Kindern gibt es in Familien, Sportvereinen, Schulen, Internaten"



    Der Unterschied ist, wenn dieser Missbrauch endlich, wenn auch politisch weisungsgebunden, klagewillige Staatsanwälte findet, werden Verfahren beantragt, evtl, eröffnet im Streben nach Wahrung von Gewaltenteilung. Davon kann in kirchlicher Paralelljustiz keine Rede sein.



    Da stehen, neben Papst Franziskus, Diplomarie, Geheimdienste der Länder, angesichtsder seit Jahrzehnten aufgedeckten Missbrauchsfälls im kirchlichen Raum, trotz erfolgreichen Hinhaltens, Aktenvernichtens, vor einem Dilemma, was tun, wenn kircheliche Paralelljustiz implodiert, wie 1989-1991 der real-existierende Ostblock Sozialismus?

  • "Die Kirche"? Können wir mal aufhören, es den Rechten gleichzutun und in Gruppenanschuldigungen zu verfallen?

    • @Ki An:

      Doch liebe/r Ki An, DIE Kirche EINE Institution und deckt systematisch Vergewaltigungen an Minderjährigen...

      • @Tinus:

        Naja gut. Beweisen Sie es....

  • der Papst ist wirklich an einer Verbesserung interessiert - wenn es nach ihm geht wird die Kirche die wohl groesste Organisation weltweit werden die sich fuer den Schutz gegen Missbrauch u Korruption einsetzt, das konnte man bei derKonferenz erleben-

  • Der Abschied vom Anspruch, Moral nach Unterordnung unter das - Ismus - Spektrum zu definieren, muss erzwungen werden. Nicht nur bei den Katholiken.

  • Selig sind, die da geistig arm, denn sie sind es, die immer wieder auf ein neues glauben, irgendeiner der Päpste, die da kommen und gehen, würde tatsächlich etwas verändern, an diesem Moloch.

    Aber im Ernst, wer jetzt immer noch nicht ausgetreten ist, oder dies noch unmittelbar in die Tat umsetzt, der kann sich des Vorwurfs der Mittäterschaft, nicht mehr erwehren!

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Weidle Stefan:

      Aus der Abteilung für Sprachmüll: "Mittäterschaft". Sippenhaftung - eine bizarre "Lösung" für ein komplexes Problem.

      Da habe ich aber großes Glück, nicht in der Kirche zu sein - und Sie nicht als Richter erleben zu müssen. Obwohl: VERBALER Scharfrichter sind Sie ja bereits.

    • @Weidle Stefan:

      Wie bitte? Nach ihrer Logik sind Angela Merkel und alle Flüchtlingsunterstützer mit Schuld an Mord und Vergewaltigungen durch Flüchtlinge. Wollen Sie das wirklich?

      • @Ki An:

        Heftige Unterstellung, klärt aber trotzdem nicht die Frage, weshalb Menschen weiter die katholische Kirche mit ihren Kirchensteuern mästen, während sich die Kurie erlaubt, einem solchen Skandal, wieder einmal nur mit Lippenbekenntnissen zu begegnen.

        • @Weidle Stefan:

          Ich unterstelle nichts! Nur wer Kollektivstrafe und Sippenhaft schönredet, muss auch mit den Folgen zurecht kommen. Warum Menschen Kirchensteuer zahlen? Nun, vielleicht weil es sehr sehr oft die Kirche ist, die mit diesen Geldern weltweit Krankenhäuser, Frauenhäuser, Waisenhäuser, Lazarette etc.pp. betreibt.

        • @Weidle Stefan:

          Aus dem gleichen Grund wieso Menschen die taz unterstützen vermute ich mal. Oh sorry, bei Ihnen heißt es ja „mästen“. Wen „mästen“ Sie eigentlich?