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Kommentar Kims Peking-BesuchGenial eingefädelt

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Die Reise des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un nach China ist ein geradezu raffinierter Zug. Er setzt damit US-Präsident Trump unter Druck.

Von der nordkoreanischen Regierung zur Verfügung gestelltes Foto: Kim Jong Un bei seiner Abreise aus Peking Foto: dpa

N och vor wenigen Monaten hatte die Welt über Kim Jong Un gespottet. Der nordkoreanische Jungdiktator sei zwar skrupellos und brutal, zugleich aber auch größenwahnsinnig. Immerhin hat er sich mit den USA angelegt – der mit Abstand größten Militärmacht der Welt. Hinzu kommt, dass es Kim bei Donald Trump mit einem unberechenbaren, aber ebenfalls zu allen Mitteln entschlossenen US-Präsidenten zu tun hat.

Doch Kim hat sich von Trumps Allüren offenbar nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil: Der nordkoreanische Diktator hat kräftiger zurückgebellt denn je – und hoch gepokert. Nun könnte er schon bald als raffiniertester Staatsführer dieses Jahrzehnts in die Geschichte eingehen.

Schon seine Charmeoffensive während der Olympischen Winterspiele war geschickt. Nach Jahren der Drohungen und Hasstiraden lernte die Welt plötzlich eine äußerst charmante Schwester des Diktators kennen und bekam auch noch ein zugegeben etwas skurriles, aber äußerst sympathisches Cheerleader-Team des völlig isolierten Stalinistenstaates zu sehen. Dann folgte Kims plötzliche Ankündigung, sich bereits Ende April mit Südkoreas Präsident Moon Jae In zu treffen, wenige Tage später dann der Paukenschlag, auch mit Trump persönlich verhandeln zu wollen.

Kims Peking-Reise Anfang der Woche ist ein geradezu genialer Zug. Die letzten Jahre hatte das nordkoreanische Regime dem großen Bruder mehrfach signalisiert: „Wir lassen uns von niemandem etwas vorschreiben, auch von euch nicht!“ Gegen Pekings Willen hat Nordkorea atomar immer weiter aufgerüstet – und sich im November zur Atommacht erklärt. Das Verhältnis zwischen Peking und Pjöngjang wurde eisig. Schon machte sich in Peking die Sorge breit, Verhandlungen um Nordkoreas Raketen- und Atomwaffenprogramm könnten ohne die Volksrepublik China stattfinden. Das wäre ein herber Gesichtsverlust für die aufstrebende Großmacht gewesen.

Nun versöhnt sich Kim mit China, die Führung in Peking fühlt sich wieder ausreichend eingebunden. Und wenige Wochen vor seinem geplanten Treffen mit Moon und Trump kann Kim mit Peking im Rücken und noch stärkerem Selbstbewusstsein in Verhandlungen treten.

Kims Erklärung in Peking, dass er sich „der Denuklearisierung verpflichtet“ fühle, ist von ihm daher keineswegs nur so dahin gesagt. Der nordkoreanische Machthaber meint es ernst – fordert im Gegenzug von den USA eben ein Ende militärischer Drohgebärden und eine Garantie, an der Macht bleiben zu können.

Geschickt hat Kim China für diese Haltung gewinnen können. Nun ist Trump am Zug.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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4 Kommentare

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  • Naja, Also zum einen: Zum einen direkte Verhandlungen mit dem US-Präsidenten waren meines Wissens immer eine Forderung der nordkoreanischen Machthaber - und wurde stets von den USA abgelehnt. Auch von Trump hab ich da bisher nichts anderes gehört. Das ist also kein neuer Schachzug. Auch das er China auf seine Seite hat ziehen können, in dem Abrüstung gegen Sicherheitsgarantien versprach ist nichts Neues: Das entspricht der HAltung Chinas seit Jahren in den Konflikt.

    Bleibt, dass er seinen einzigen Verbündeten weltweit wieder enger einbezogen hat, ob das ausreicht um in ihm einen strategisches Genie zu erkennen, wage ich zu bezweifeln...

  • Das Verkehrteste wäre wohl, sich von Kim‘s Friedensparolen einlullen lassen. Wenn er es will, ist die Charmeoffensive genauso plötzlich beendet, wie sie vor der Olympiade begann. Ein Blick zurück:

     

    Nordkorea hatte sich 1985 endlich entschlossen, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten. Wäre es dabei geblieben, hätte das Geld zur Atomwaffenentwicklung für Nützlicheres verwendet werden können und dem Volk wären wohl einige Hungersnöte erspart geblieben.

     

    Doch schon damals wurde gemunkelt, dass die Bastelei an Atomwaffen heimlich weiterging, was die Staatsführung als „böswillige Erfindung der amerikanischen Imperialisten“ abtat.

    2003 trat das Land dann aus dem Vertrag aus und gab 2006 seinen ersten Kernwaffentest bekannt.

     

    Anlässlich einer Hungerkatastrophe 2007 versprach das Regime die Zerstörung der Atomanlagen im Austausch gegen Hilfsmaßnahmen für die notleidende Bevölkerung.

     

    2013 führte das Regime einen erneuten Atomtest durch und verband die diesbezügliche Mitteilung mit dem spöttischen Hinweis, dass die Vorbereitungen hierzu „unter den wachsamen Augen der Feinde“ gelungen seien.

     

    Wie kann man Kims Erklärung in Peking, dass er sich „der Denuklearisierung verpflichtet“ fühle, noch glauben, nachdem das nordkoreanische Regime seine „Verlässlichkeit“ auf diese Weise bewiesen hat?

    • @Pfanni:

      Immerhin hat Trump bisher seine Verlässlichkeit bewiesen.

    • @Pfanni:

      Wer ist schon ehrlich auf der Welt?