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Kommentar IndividualtourismusIch, der Tourist, bin schuld!

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Massenandrang, zerstörte Landschaften, horrende Mieten: Tourismus hat einen hohen Preis. Rigide staatliche Regeln müssen her.

Individueller Spaß wird letztlich von der Allgemeinheit bezahlt Foto: reuters

I n Barcelona stinkt die Altstadt am Morgen nur noch nach Pisse. Auf Mallorca und Sylt sind die Mieten so exorbitant gestiegen, dass selbst die Angestellten der Reisebranche sich keine Wohnung mehr leisten können. In Berlin geben Betreiber alteingesessener Bars und Clubs auf, weil keiner aus der Nachbarschaft mehr kommt, sondern nur noch die Massen aus dem globalen Dorf. Ein paar Meter weiter brummt dafür ein Hofbräuhaus – am Alexanderplatz. Und wer ist schuld an den Auswüchsen der Touristifizierung? Ich!

Ja, ich bin schuld. Ich und all die anderen Individualreisenden, die sich gern über die rollkofferklappernden Touristenmassen vor der Haustür echauffieren – und die am nächsten Morgen mit dem Rollkoffer zum Flughafen tapern, um dann abseits der ausgelatschten Touristenpfade das authentische Leben zu suchen. Die Begegnung mit dem Echten. Den Austausch der Kulturen.

Daran ist erst mal nichts auszusetzen. Das Problem ist nur: Wir sind zu viele. Immer öfter stellt man, angekommen am Ende der Welt, fest, dass man zu spät kommt. Fünf Jahre mindestens. Denn all die anderen sind auch schon da. Man steht sich, ganz individuell, auf den Füßen, vom authentischen Leben ist nichts mehr da. Denn auf die Bedürfnisse der individualreisenden Massen haben sich die Anbieter längst eingestellt. Kann man es ihnen verübeln?

Klar kann ich zu Hause bleiben. Aber will ich das?

Kann man dem kleinen lokalen Reiseführer im peruanischen Regenwald vorwerfen, von nichts anderem zu träumen als von einem Eintrag im ­„Lonely Planet“? Kann man den Studierenden im hippen Neukölln verdammen, der ein WG-Zimmer per Airbnb an Touris vergibt, anfangs weil es eine coole Kombi aus internationaler Begegnung und Zusatzeinkommen verheißt, später weil er gar nicht anders mehr kann, um die horrend steigenden Mieten zu zahlen?

Nein. Individuell kann man bei Anbietern wie Reisenden nur an die Vernunft appellieren. Klar kann ich zu Hause bleiben. Aber will ich das?

Helfen würden nur klare staatliche Regulierungen: eine Flugbenzinsteuer, die die tatsächlichen Kosten des Reisens einpreist. Radikaler Mieterschutz, der ein Leben und Überleben vor Ort garantiert. Und eine Obergrenze für uns Teilzeit­migranten, die vor dem Alltag flüchten. Horst Seehofer, übernehmen Sie!

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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47 Kommentare

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  • Die Billigflugangebote sind der Einstieg zu dieser neuen Sucht: dem Vielreisenden-Städtetourismus, es kostet ja fast nichts, also hin. Das kostet allerdings Andere etwas: Das ist Ausbeutung von Billiglöhnern bei den Airlines, deren Billigflieger auch schon mal abstürzen wie Germanwings, und dann ist man ganz erstaunt. Die Ausbeutung bereits enger städtischer Wohnungsmärkte durch AirBnB kommt dazu. Das ganze garniert - und propagiert - durch selbsterhöhende Fotos luftspringender Touris wie im Artikel. Es ist dringend erforderlich, all diese Dinge einzudämmen. Durch realistische Flugpreise mit menschenwürdigen und somit kostenintensiveren Arbeitsbedingungen, durch Unterbindung gewerbsmässiger Anbieter bei bei AirBnB, also z.B. Begrenzung auf ein Paar Tage im Jahr pro Unterkunft, durch Löschen jeglicher Luftspringer-Touri-Fotos auf Facebook. Irgendwo muss man ja anfangen.

  • Die Zukunft des Tourismus? Vollimmersive virtuelle Welten, die dank bioelektronischer Manipulation des Gehirns nicht mehr von der Realität unterscheidbar sind - im Gegensatz zu heutigen Computerspielen, wo der Spielende immer noch weiß, dass er "nur" ein Spiel spielt!

     

    Dann kann ich auch endlich nach Afghanistan - und zwar in das Afghanistan der Hippiezeit! Ich lasse mich ins künstliche Koma spritzen, mir den Erlebnisillusions-Chip implantieren und verbringe dann den Rest meines Lebens im Swinging Kabul von 1967, komplett mit Sigi's Hotel, Chinchilla-Club und Ashrafs Onkel mit seinem Autoverleih! Und das Ganze mit einer Ökobilanz, die jede Kaffeefahrt nach Luxemburg toppt!

  • Wer auf der Suche nach dem authentischen Leben ist dem empfehle ich Folgendes:

     

    Kauft Euch einen sogenannten "Lonely Planet" (schon der Titel ist eine blanke Lüge) und meidet alles was darin vorkommt.

    • @Grisch:

      Richtig! Ich empfehle zum Beispiel sehr die Gewerbegebiete von Quadrath-Ichendorf westlich von Köln, vorzugsweise an einem verregneten Novembertag! Und dazu "Eisbär" von Grauzone im MP3-Player!

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Übers ach so dreckige Auto herziehen und dann fröhlich in den Ferienbomber steigen oder übers Mittelmeer kreuzfahren. Was soll man sagen? Versteh einer den Mensch.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @80576 (Profil gelöscht):

      Haben Sie eine Ahnung was man so alles unter einen Hut kriegt, so ganz ohne dissoziative Störung

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        Eine Menge, wenn man sauber zwischen "ich" und "die" trennt.

  • Die Pisse stinkt doch insbesondere der Hotelindustrie in Barcelona, weil sie das Ankommen von noch mehr Touristen, insbesondere jene aus dem hochpreisigem Segment, unterbindet.

     

    Und by the way: Welche Landschaft wurde in Barcelona zerstört? Als Stadtlandschaft und Großstadt hat die Natur dort doch seit Jahrzehnten nichts mehr zu melden.

  • Nicht zu vergessen der Widerstand vor Ort.

     

    Ich finde es gut, dass sich einige der Spanier gegen die saufenden, pissenden und kotzenden Touristenhorden zur Wehr setzen.

  • Nun ist gerade die Individualreise genau das Instrument um Menschen in anderen Ländern kennenzulernen und Verständnis für deren (andere) Sichtweisen zu bekommen.Und die Tourismusindustrie erschließt nun mal Einkommensquellen für arme Menschen und für arme Länder.

     

    Genau die würden unter den empfohlenen Einschränkungen leiden und diese ablehnen.

    • @Werner W.:

      Die Individualreise zu den Geheimtipps, ist der Türöffner für den Massentourismus! Mal abgesehen davon geht es heute, egal wohin man auch fährt, eigentlich immer mit Massen von Touristen zu, jedenfalls in den jeweiligen Saisons. Von der Tourismusindustrie, haben die jeweiligen Länder am Wenigsten, denn das Geld bleibt nicht im Land, das verdienen die großen Konzerne. Die Jobs sind zudem schlecht bezahlt, und es wollen zu viele einen Job im Tourismus, also folgt die Prostitution usw.usf. Und die Menschen die über entsprechende Verbindungen verfügen, um Geschäfte für Touristen anzubieten, beuten jene aus, die diese nicht haben. Und zwar völlig ohne Skrupel, das kann man in Asien sehr schön beobachten. Oben tritt nach unten, in einer völlig entsolidarisierten Gesellschaft.

      Die beschriebenen und äusserst wichtigen Einschränkungen werden nicht kommen, keine Angst! Die Welt funktioniert im Kapitalismus nur mit Ausbeutung, also alles in bester Ordnung! Und den Preis zahlt unser Planet, allerdings auf Kredit, die Rechnung kommt noch. Vielleicht muss schon die nächste Generation richtig draufzahlen.

  • Schon erschreckend wie selbstverständlich Urlaub im Sinne von schnell mal weit weg reisen geworden ist. Und dass es so ist wie Chips essen oder mit dem Auto morgens zum Bäcker fahren.

    Man tut es selbstverständlich und bestenfalls fühlt man sich ein wenig schlecht. Damit ist alles gut, und ähnelt doch sehr der katholischen Moral mit Beichtstuhl und weiter so.

    Gepaart mit der Forderung einer staatlichen Regulierung wird das ganze richtig absurd.

     

    Wie gut, dass ich nicht genug Geld zum Urlaub machen habe und wenn ich weg fahre, dann sicher nicht via AirBnB. Das machen in meinem Umfeld aber gerade die, die auch anders unterkommen könnten. Aber ja, alle sagen es beschämt, dass sie via AirBnB gebucht haben. Super, liebe Mittelschicht-GRÜNEN, genau das macht Euch so unglaubwürdig.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Ja solange in Spanien Lohndumping betrieben wird ( 700€ Mindestlohn), damit das Bier im Ballermann nicht zu teuer kommt, die Mieten unbezahlbar bleiben, die Arbeitslosigkeit bei 16% liegt, das Wohngeld mit einjähriger Verspätung ausgezahlt wird, werden Zimmer an Touristen schwarz über Internetplattformen vermietet. Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona hat gut reden, was hat sie denn für die Menschen gemacht, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @82236 (Profil gelöscht):

      ...ja, schuld sind natürlich die Spanier. Wie war's denn in Berlin, als man versuchte, Airbnb Paroli zu bieten?! "Das könnt ihr doch nicht machen", "Frechheit" usw., allen geht es nur darum, irgendwo voll geil zu wohnen, egal, was mit den Menschen, die dort leben und arbeiten passiert.

  • Hohe Flugbenzinsteuer?

    Damit Reisen wieder ein Privileg der Reichen wird?

    • @Klartext:

      Solche Forderungen nach Gerechtigkeit werden uns noch teuer zu stehen kommen.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Noch besser als die Regelung über den Benzinpreis wäre ein persönliches Klimagas-Lebenskonto mit dem selben Grundbetrag für jeden Menschen.

    Reich sein heißt nicht, das Recht zu besitzen, beliebig viel kaputt zu machen!

    Diese Form der Dekadenz sollte egalitär gehandhabt werden.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      "....wäre ein persönliches Klimagas-Lebenskonto...."

       

      Wenn die Chinesen uns überflügelt haben und der afrikanische Kontinent langsam aber entschlossen in die Gänge kommt um aufzuschließen, mit allen Folgen die das so hat, wird man bei uns anfangen genau danach zu rufen.

      Nicht vorher.

      Aber die anderen werden sich dann an den Kopp fassen und sagen, die ham se ja wohl nicht alle!

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Die Chinesen sind ja entgegen allen Unkenrufen aus der westlichen Wertegemeinschaft clever und haben längst eingesehen, dass sie etwas für dem Umweltschutz tun müssen und nach unseren Erfahrungen sind die Chinesen in der Lösung solcher Fragen viel schneller und nicht so sehr von der KFZ- Agrar- oder Energielobby beeinflusst wie bei uns.

        In disem Sinne dürfen wir uns auch über chinsische Investitionen in Afrika freuen, denn dadurch gibt es in vielen Ländern erstmals Strukturen in Bildung und Logistik, die eine längerfristige Entwicklung ermöglichen. Im Grunde könnte China damit sogar "unser" Flüchtlingsproblem lösen.

        Deutschland fällt bei "Engagement in Afrika" ja leider bis heute nur militärisches Engagement ein, inkl. einer symbolische Brunnenbohrung durch BW-Soldaten, wo echte Investitionen oder eine Wende in der EU-Politik wirkliche Hilfe brächte.

  • Der "unabhängig Abenteuerreisede", der sich für was Besserers hält als der "spießige" Tourist ist doch ein alter Hut.

     

    Schon im Jahre 1981 schrieben die französischen Philosophen Pascal Bruckner und Alain Finkielkraut:

     

    "Der Tourist ist immer der andere. Seine Ferien verbringt er in Torremolinos, in Rimini oder auf Sylt. Er hat ein Wohnmobil oder einen geräumigen Campingwagen, der kaum hinter seiner teuren Einrichtung zurücksteht. Was kümmert es ihn, daß der Campingplatz überfüllt ist, von Autos verstopft und mit Abfällen übersät? Hat er doch seine Gewohnheiten. Manchmal reist er auch, aber immer organisiert. Beim Besuch der Pyramiden denkt er an Napoleon. Wie beim Anblick eines Filmstars, den er zum ersten Mal leibhaftig sieht, ruft er aus: Guck an, ich hab'' sie mir größer vorgestellt!

     

    Er liebt die Abwechslung; deshalb benutzt er seinen Aufenthalt im Mittleren Osten dazu, vergnügt, hochrot und schmerbäuchig auf ein Dromedar zu klettern, das ihn auf den Markt oder an den Strand trägt. Aus Mexiko bringt er indianische Puppen heim, frisch aus der Fabrik, und Ponchos made in Hongkong.

     

    Er heißt Tourist, ist der Kleinbürger in Slip und Unterhemd, ist die schweigende Mehrheit, die in die Sommerunterkünfte einfällt, er ist Herr Stereotyp auf Urlaub, der Herdenmensch, der den Alltagstrott gegen eine azurne Banalität eintauscht, und der -- welch ein Gipfel der Entfremdung -- damit so zufrieden zu sein scheint, daß er jedes Jahr aufs neue danach verlangt.

     

    Ich dagegen suche unbekannte Pfade. Ich habe den touristischen Heerstraßen den Krieg erklärt, ich bin der Konsumasket. Ich hasse die klimatisierten Busse, die ihre stumpfsinnigen Ladungen vor den Sehenswürdigkeiten mit vier Sternen ausspeien. Ich verabscheue die protokollarische Bewunderung -- katalogisierter Pracht kann ich nichts abgewinnen.

     

    Ich bin Freischärler, Pionier, Drauf- und Einzelgänger, Abweichler. "

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14332993.html

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Rojas:

      Schön, dass Sie die in die Jahre gekommenen Bruckner und Finkielkraut zitieren.

      Wundert mich aber, dass die beiden damals nicht über 'Lonely Planet' geschrieben haben, sondern über das kleine alternativ-bourgeoise Ferienabenteuer.

      LP gab es da nämlich schon - aber vllt. da noch nicht auf dem Schirm in franz. links-bürgerlichen Philosophenkreisen?

  • Es ist unmoralisch, sich mit Airbnb in einer von Gentrifizierung bedrohten Innenstadt einzunisten. Außerdem ist man dort unwillkommen und spürt es. Wer also etwas Anstand besitzt und kein völliger Ignorant ist, unterlässt so etwas. Wer trotzdem nach Barcelona möchte, zahlt dort entweder ein Bett in einem beim Finanzamt angemeldeten Beherbergungsbetrieb oder er bucht ein Hotelzimmer in einem der Strand-und-Party-Orte zwischen Blanes und Calella, wo man an Pisse und Rollenkoffer gewöhnt ist und fährt mit der S-Bahn in die Stadt.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Kunz:

      Bei AirBnB gibt es genug Leute, die zeitweise Zimmer der Wohnung vermieten, in der sie selbst wohnen. Wo ist da das Problem? Dass den Hotels Kohle flöten geht?

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Paul Bowles hat mal den Unterschied zwischen Reisenden und Touristen definiert: Der Reisende bewegt sich im Schneckentempo vorwärts und verweilt da, wo es ihm gefällt, der Tourist dagegen hastet im Flugzeug von einem Ort zum anderen. Der Kapitalismus hat es geschafft aus Paul Bowles Philosophhie Geld zu schlagen. Denn jeder erfahrene und alternde Rucksackreisende weiss, dass Menschen in aller Welt schon immer Zimmer vermietet haben, ohne eine Kommission an irgendwelche Internetplattformen zu zahlen. Damals waren wir eine elitäre Minderheit, heute gibt es die Massenreisenden mit Rollkoffer, die auch in der Fremde lieber mit ihren Smartphons kommunizieren als mit ihren Gastgebern.

  • Mal im Einzelnen:

     

    "Helfen würden nur klare staatliche Regulierungen: eine Flugbenzinsteuer, die die tatsächlichen Kosten des Reisens einpreist."...

     

    Beste Grüße aus den Reichenvierteln der Republik: 'GENAU! Normalverdiener und ihre unästhetische Armut kotzen uns schon zuhause genug an. Wird Zeit, dass man uns solche Leute wenigstens im Urlaub vom Hals schafft.'

     

    "Radikaler Mieterschutz, der ein Leben und Überleben vor Ort garantiert..."

     

    'Radikal' ist immer gut, besonders wenn es um bedarfsgerechte, ausgewogene Regelungen geht. Bei allem Mitleid mit den geschundenen Alt-Anwohnern: Tourismus ist AUCH Geldquelle für die betroffenen Regionen. Insofern bedarf es eher flexiblen Lösungen, die Rechte der Wenigen und Interessen der Mehrheit einigermaßen in Einklang bringen (WENN sie auseinandergehen, versteht sich).

    Außerdem hilft Mieterschutz nichts gegen AirBnB & Co., die weit überwiegend über Untervermietung funktionieren. Die bekämpft man eher durch VERmieterschutz...

     

    "Und eine Obergrenze für uns Teilzeitmigranten, die vor dem Alltag flüchten. Horst Seehofer, übernehmen Sie!"

     

    Wieso Seehofer? Wir brauchen einen antitouristischen Schutzwall, der verhindert, dass unsere Leute aus dem Land... - ähh sorry, dass marodierende auswärtige Horden von Fotoapparat-Terroristen unser Land überrennen. Für sowas haben wir ganz andere Spezialisten...

  • "Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet" (Hans Magnus Enzensberger)

    Jedenfalls ein ganz schwieriges Thema. Völkerverbindendes Reisen ist wichtig, aber die ökologischen und sozialen Folgen müssen eingepreist - aber so, dass Reisen nicht wieder ein Privileg der Reichen wird. Rigide staatliche Regulation finde ich in allen Lebensbereichen, also auch hier, grundfalsch, wohl aber Anreize und Information.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Für mein Empfinden kann man es sich fast überall noch "authentisch" einrichten. Auch in Berlin geht das wunderbar, wenn man Mitte und ein paar pseudohippe Viertel auslässt und dafür die Ränder besucht.

     

    Wir haben in den letzten beiden Jahren in der Hauptreisezeit des Sommers Griechenland und Dänemark besucht, in der des Frühjahrs, Herbsts oder Winters Montenegro, Italien, Spanien, Portugal oder Polen und uns nirgends wirklich von anderen Touristen umringt gesehen.

     

    Natürlich reisen wir alle zu viel, meist noch mit dem Flugzeug. Da geht die ganze Ökobilanz des sonst nicht Autofahrens und ggf. vegan Essens dann schnell den Bach runter. Aber es ist leider auch oft eine Frage des Geldes und der Zeit, dass man sich dann doch ins Flugzeug setzt. Neulich wollte ich für 10 Tage nach Polen. Im Zug hätte das zwei Tage und einiges an Geld gekostet. Der Flug (hin- und zurück) kostete 16 EUR!

     

    Ich würde übrigens, wenn ich überhaupt jemals nochmal nach Mallorca wollte, bestimmt nicht auf ein Schiff steigen oder im Hochsommer dort landen wollen. Vielleicht sollte man aber einfach die Sommerferien in den deutschen Ländern (von Anfang Mai bis Ende September) und damit die Touristenströme besser verteilen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      Ich habe drei Kategorien von Freunden:

       

      jene, denen ich freimütig sage was ich davon halte, für 16 Euro nach Polen oder Barcelona zu fliegen, wobei ich kalkuliert riskiere, dass ich sie rasch als Freunde los bin

       

      jene (wenigen), bei denen ich mir auf die Unterlippe beiße und nichts sage, weil ich ein Zerwürfnis mit ihnen nicht verschmerzen würde

       

      und schließlich jene, bei denen sich jedes Wort erübrigt, weil Einverständnis herrscht (auch nicht soo viele)

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        Es gibt da so Erwägungen: man hat ja nicht unendlich Urlaub als abhängig Beschäftigter. Da sind 2 Tage für den Zug verlorene Zeit. Dann kommt hinzu, dass solche Billigangebote halt existieren. Da werde ich, das gebe ich gerne zu, schwach, obwohl ich voll und ganz der Meinung bin, dass wir zuviel fliegen.

         

        Meinetwegen können die innereuropäischen Flugpreise wieder auf das Niveau steigen, das sie etwa in den 80er Jahren hatten (plus Inflationsaufschlag). Dann hätte dieses elende Spiel ein Ende. Aber solange es geht, werde ich manchmal schwach - und finde das Scheiße!

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          Da ich vorläufig aufs Fliegen verzichte, haben Sie noch einen frei.

          Hold on, habe ich das im Frühjahr nicht schon jemand anderem versprochen......?

          I don't remember ;)

      • 3G
        39167 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        So geht es mir auch.....

        Fühle mich verstanden!

        Meine Freundin, seit 20 Jahren, fährt über Weihnachten mit "Mein Schiff" nach Südamerika. Dazu fliegt sie nach Jamaika um dort das Schiff zu besteigen und im Schnelldurchlauf 9 Länder zu besuchen.

        Wir vermeiden das Thema, aber es fällt mir unendlich schwer den Mund zu halten.

        Wenigstens ist sie nach langer Überredungskunst zu einem echten Ökostromanbieter gewechselt. Immerhin!

  • Herr Assmuth, vermutlich hätte meine Oma lieber Sie als mich zum Enkel gehabt! Als ich - gewesener DDR-Bürger - ihr kurz nach der Wende eröffnete, dass ich meinen nächsten Urlaub in Schottland machen wolle, und nachdem sie sich vom ersten Schreck erholt hatte, sagte sie nur: „Bleibe im Lande und nähre dich redlich!“

    Mit dieser Redewendung ließe sich wohl auch Ihr Beitrag zusammenfassen.

     

    Um Ihnen zu zeigen, dass Tourismus nicht nur Schaden, sondern KEIN Tourismus auch KEINEN Nutzen bringt, empfehle ich Ihnen einen Urlaub in Kreta und dort eine Fahrt entlang der E375. Die vielen Investruinen, die Sie dort sehen werden, stammen offenkundig nicht von großen Hotelketten, sondern von Ortsansässigen, die auf den Touristenboom hofften und sich mit familiengeführten Hotels ein Standbein schaffen wollten. Pustekuchen! Die Touristen kamen nicht in der erhofften Menge und die Bauherren bleiben auf ihren Investruinen und den Schulden sitzen. Der Tourismus spielt sich am Strand und in Iraklion ab, ähnlich wie auf Malle.

     

    Will sagen, die Touristen sollten nicht etwa zu Hause bleiben, sondern für bisher vernachlässigte Gebiete interessiert werden, um Malle & Co. zu entlasten. Aber das schaffen Sie garantiert nicht mit „klaren staatlichen Regulierungen!“

  • Ein wesentlicher Faktor zur Flutung Palmas wurde in diesem Artikel völlig ausgelassen: Die Kreuzfahrtschiffe.

     

    Gerade erst wurde nämlich der Hafen erweitert, damit mehr Schiffe gleichzeitig Platz haben. An vielen Tagen haben wir daher sechs oder sieben riesige 'Cruceros' mit Platz für bis zu 4000 Passagieren im Hafen liegen. Viele der Passagiere kennen Mallorca bereits und haben keine Lust, auf Touren zu absurd überhöhten 'Kreuzfahrerpreisen' ins ebenfalls völlig überfüllte Valldemosa oder sonstwohin aufzubrechen - sie bleiben in Palma und laufen, radeln oder fahren mit dem Taxi in die Altstadt. Und was da dann 'los ist' kann sich jeder Leser anhand obiger Zahlen leicht selbst ausrechnen.

     

    Das Problem - zumindest der Inselhauptstadt Palma - sind also weniger die trendigen und in Privatunterkünften absteigenden ' Individualtouristen', sondern die wirklich alles erdrückenden Massen der Kreuzfahrer, die durch die von der Balearenregierung initiierten Hafenerweiterung zusätzlich auf die Insel gelockt wurden und derer man nun - Besen, Besen sei's gewesen - nicht mehr Herr wird.

    • @Wilfried Kramme:

      Sie haben Recht, Schuld sind immer die Anderen!

  • Der politische Graben verläuft zunehmends nicht mehr zwischen Linken und Rechten, sondern zwischen Menschen die es für angemessen halten jede Facette des Lebens durch drakonische Gesetze zu regulieren und denjenigen die gerne noch einen kleinen Rest an Freiheit hätten.

    • @disenchanted:

      Oooh. Meinen Sie die Freiheit aus den Autowerbespots?

      • @Konrad Ohneland:

        Keine Ahnung was Sie damit meinen, ich schaue kein Fern.

  • Zitat: "Rigide staatliche Regeln müssen her."

     

    Woher kommt eigentlich dieser unfassbare Staatsglaube an Regeln und Vorschriften? Während man gleichzeitig zum Beispiel über die GEZ schimpft.

     

    Was sie feststellen ist nur, dass individueller Tourismus schon längst durch z. B. AirBNB in eine marktwirtschaftlich maximal Wert schöpfende Form gegossen wurde und die Preise letztlich da ankommen wo sie im sonstigen Tourismus auch stehen. Nur mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass diese auf einem Markt konkurrieren der hierfür eigentlich keine Ressourcen bereit stellt.

     

    Durch Gesetzte ist hier nicht viel zu Regeln, dass bedarf einer grundsätzlichen Änderung des Konsumverhaltens. Verbote führen letztlich nur zur Verlagerung des Problems auf andere Orte. Frei nach dem Motto: "Not in my backyard!"

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @insLot:

      Wie erreicht denn die Gesellschaft eine Änderung des Konsumverhaltens?

      Bspw. beim Tabakkonsum sind rigide staatliche Regelungen sehr zu begrüßen.

      Bzw. ist ein "Mix aus strukturellen bzw. rechtlichen Maßnahmen sowie Aufklärungs- und Unterstützungsangeboten für entwöhnungsmotivierte Raucherinnen und Raucher notwendig."

      https://www.rauchfrei-info.de/informieren/gesetzliche-regelungen/

       

      Warum sich nicht auch in modifizierter Form ebenso Fehlentwicklungen im Tourismus korrigieren lassen sollen, erschließt sich mir aufgrund Ihrer Ausführungen leider nicht.

    • Gereon Asmuth , Autor des Artikels, Ressortleiter taz-Regie
      @insLot:

      Ich schimpfe nicht über die GEZ (und auch nicht über den Rundfunkbeitrag).

      • @Gereon Asmuth:

        Schwach

      • @Gereon Asmuth:

        Finden Sie wirklich, dass da das Preis-/Leistungsverhältnis und die Rechtskonstruktion noch stimmt?

  • DANKE hierfür:

     

    "Rigide staatliche Regeln müssen her."

     

    Wenn man sich diesen Satz so durchliest, muss man doch zu dem Schluss kommen, dass das Konzept eigentlich auch noch auf ganz vielen ANDEREN Politikfeldern weiterbringen müsste, oder? ;-)

     

    Klingt wie das Parteiprorgamm der Grünen,

    hat Ziele wie das Parteiprogramm der Grünen,

    IST das Parteiprogramm...

     

    Made my day.

    • @Normalo:

      Ich finde eher, es klingt nach dem SED-Programm.

       

      Die hatten auch wirklich rigide staatliche Regeln, einen übermäßigen Individualttourismus zu verhindern.

      • @Age Krüger:

        Schon richtig. Ich würde auch sagen, dass die Neigung zum Totalitarismus in keiner der etablierten Parteien so groß ist wie bei den Grünen. Nirgendwo ist das Verständnis für von der eigenen Meinung abweichende Mitmenschen geringer und die Neigung zu staatsgewaltiger Durchsetzung der eigenen Meinung größer. Selbst die Linkspartei und die AfD betreiben weniger Meinungs-Hegemonismus.