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Kommentar Hungersnot im SüdsudanNotstand als letzte Hoffnung

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Fünf Millionen Menschen sind in Lebensgefahr – die Krise ist menschengemacht. Die Reaktion der Weltpolitik auf das Drama ist lächerlich.

Die Hungerkrise im Südsudan ist weltpolitisch unwichtig Foto: dpa

S üdsudan ist nicht Syrien. Im Südsudan führen keine Weltmächte Stellvertreterkriege. Dort entscheiden sich nicht die Supermachtansprüche Russlands und der USA. Auch findet der islamistische Terror dort keinen Unterschlupf.

Worum es im Südsudan geht, ist weltpolitisch viel unwichtiger: eine Hungerkrise, die in den nächsten Monaten fünf Millionen Menschen in Lebensgefahr versetzen wird, und eine Hungersnot, die jetzt schon Menschen dahinrafft.

Diese Krise ist menschengemacht. Gäbe es im Südsudan keinen Bürgerkrieg, müssten die Menschen nicht vor Soldaten fliehen, sie müssten nicht ihre Ernten und ihr Hab und Gut zurücklassen, sie müssten sich nicht in Sümpfen verstecken oder in überfüllten UN-Lagern Schutz suchen.

Und gäbe es im Südsudan keinen Bürgerkrieg, hätten dort nicht seit der Unabhängigkeit 2011 skrupellose Warlords das Sagen, die ihre Ölmilliarden ins Ausland scheffeln, die Bevölkerung internationalen Helfern überlassen und bedenkenlos ihr Land in Brand setzen, wenn sie sich unter­einander nicht einig werden.

Die Reaktion der Weltpolitik auf Südsudans Drama ist lächerlich. Die UN-Mission im Südsudan ist intern zerstritten, politisch gelähmt und militärisch tatenlos. Nicht einmal ein Waffenembargo hat der UN-Sicherheitsrat zustande gebracht. Bei der letzten Abstimmung kurz vor Weihnachten 2016 enthielten sich Russland, China, Japan, Malaysia, Venezuela und alle drei afrikanischen Ratsmitglieder: Angola, Ägypten und Senegal. Die restlichen Ja-Stimmen waren zu wenige, um die Resolution passieren zu lassen. Ein Armutszeugnis.

Es gibt einen afrikanisch vermittelten Friedensprozess für Südsudan. In drei Jahren hat er nichts erreicht. Er wird wohl endlos weitergehen und weiter nichts erreichen, denn Südsudans Warlords verbringen gerne mal ein paar Wochen kostenlos in Luxushotels mit Konferenzzentren in Nachbarländern. Aber das kann ja wohl nicht der Gipfel der internationalen Krisendiplomatie sein.

Den Hungernden im Südsudan muss trotzdem sofort geholfen werden. Vielleicht sorgt das offizielle Ausrufen einer Hungersnot ja dafür, dass Hilfe nicht mehr so systematisch erschwert wird wie bisher. Vielleicht ermöglicht die praktische Hilfe vor Ort neue politische Prozesse, die Auswege aus dem Krieg aufzeigen. Es wäre immerhin ein Anfang.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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5 Kommentare

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  • Die Reaktion der Weltpolitik auf das Drama ist lächerlich. Wie ist die Reaktion der politischen Führung des Südsudans? Oder des Sudans? Letztere heimlich lächelnd? Mit 8 Mill. € lassen sich 1 Million Menschen 1 Monat ernähren (wenn die Verteilung lokal organisiert wird). Wieso bringt niemand diese Summe auf? Wird kein Öl mehr verkauft? Wieso landet die politische Führung nicht vor dem Gericht in Den Haag? Und Venezuela hat dagegen gestimmt. Gehören die gleich dazu?

  • Das Problem ist doch: Wer etwas tut, macht Fehler. Wer eingreift, greift nach den Maßstäben seiner eigenen Kultur ein.

    Wir verstehen die Menschen dort nicht, wir verstehen ihre Motivationen nicht, wir verstehen ihre Sozialstrukturen nicht, wir verstehen ihre Gefühle nicht. Glauben sie mir, ich weiß wovon ich spreche.

     

    Wenn der Westen eingreift, werden die Ergebnisse immer unvollkommen und angreifbar sein. Auch westliche Menschen sind nicht Jesus; sie machen Fehler, sie sind auch mal egoistisch, und gelegentlich sogar kriminell. Ein Eingreifen (das ja nur unter militärischem Schutz geschehen kann) wird dann immer als Neokolonialismus bewertet werden, gerade von ihrer Zeitung.

     

    "Nichts ist gut in Afghanistan!" Dieser Satz der Wohnzimmerpazifistin Margot Kässmann wird lange nachhallen. Dort sind deutsche Soldaten mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit dafür eingestanden, dass Brunnen gegraben und Straßen gebaut wurden, dass Mädchen zur Schule und Frauen zum Arzt gehen konnten.

     

    Wenn das alles schlecht war, dann ist auch ein Eingreifen im Südsudan schlecht. Dann müssen die Menschen dort ihre Probleme selber lösen und ihre Kultur selber verändern, zu welchem Preis auch immer.

    • @Breitmaulfrosch:

      Wir haben längst eingegriffen. Öl ist das Stichwort.

       

      Die Not ist evident. Ob humanitäre Hilfe ohne politische Message möglich ist kann ich nicht beurteilen. Wäre aber mein Weg.

       

      Ein Gesamtbefriedung (entlang ethnolgischer, religiöser, landwirtschaftlicher Randbedingungen, nach meiner Erfahrung eng verbunden, bzw. meinst fast das gleiche) mit militärschen MItteln ist auch meiner Meinung unmöglich.

       

      Die Agenda des internatinalen roten Kreuzes gäbe einen Hinweis wie einzugreifen ist (nämlich keinerlei politische Bewertung, allein die humantiäre Hilfe zählt).

  • eben ie gehabt onst was neues

    • @Georg Schmidt:

      Herr Schmidt, was wollen Sie uns sagen?