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Kommentar Heiko Maas’ Nahostreise„Israel-Freund“ ist kein Schimpfwort

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Dass Heiko Maas pauschal Parteilichkeit unterstellt wird, überrascht nicht. Polternde Israel-Kritik kommt an. Dabei ist er ein diplomatischer Glücksfall.

Nur wer sich nicht gleich selbst diskreditiert, kann etwas bewegen Foto: reuters

I m derzeitigen politischen Klima muss man sich fast schon dafür entschuldigen, Israel-Freund*in zu sein. Es hat etwas Anrüchiges, Verwerfliches, so, als bedeutete dieses Bekenntnis eine rückgratlose Unterstützung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seiner rechten Regierung. „Israel-Freund“ ist auf dem politischen Parkett in Europa beinahe so ein Schimpfwort geworden wie „Du Jude“ auf deutschen Schulhöfen.

Vor diesem Hintergrund kann man dem neuen Außenminister Heiko Maas (SPD) nur politischen Mut attestieren. Er hat gleich in seiner Antrittsrede betont, er sei wegen Auschwitz Politiker geworden und wolle die Freundschaft zu Israel erneuern. Dass ihm nun – anlässlich seines ersten Israel-Besuchs – pauschal unterstellt wird, politisch blind, parteiisch und im Zweifel ein Siedlerfreund zu sein, überrascht nicht. Polternde Israel-Kritik kommt in der Öffentlichkeit besser an.

Tatsächlich aber ist Maas ein diplomatischer Glücksfall. Nur wer in israelischen Regierungskreisen glaubwürdig als Freund wahrgenommen wird, findet überhaupt Gehör und kann Einfluss nehmen. In einer Zeit, in der das Atomabkommen mit dem Iran auf der Kippe steht und zu einer Frage von Krieg und Frieden wird, ist das keine Banalität. Schon jetzt erscheinen die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten außer Kontrolle. Doch käme es zu einer offenen Eskalation mit Iran, wird uns die aktuelle Krise im Nachhinein wie eine Entspannungsphase vorkommen.

Man kann außerdem davon ausgehen, dass Maas nicht von der Zwei-Staaten-Lösung oder der Kritik an Israels Siedlungspolitik abrückt, nur weil eine ultrarechte Ministerin ihn gut leiden kann. Auch Ariel Scharon, linkes Feindbild Nummer eins, und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres waren Freunde. Am Ende aber haben beide immer nach ihren Überzeugungen gehandelt. Der Nahe Osten ist schließlich kein Ponyhof. Auch Maas sollte an seinen diplomatischen Erfolgen gemessen werden. Als Israel-Freund sind seine Chancen nicht die schlechtesten.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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7 Kommentare

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  • Noch ein paar solche diplomatischen Glücksfälle, und die Politik kann sich darauf beschränken, im Sandkasten Ringelreihen zu tanzen.

  • Ich bin kein Israelfreund, genauso wenig wie Deutschland-, Frankreich-, USA-, Russland- oder Iranfreund. Der Sinn, sich einem Land als Freund zu erklären, erschliesst sich mir nicht und wie man einem Land diese Freundschaft erklärt, ohne damit gleichzeitig Freund der Regierung zu sein, noch weniger.

  • Yossi Bartal , Autor*in ,

    schon interessant, wie schnell eine taz-Journalistin Kritik an die rechtsextreme Politik des Staates Israel als Antisemitismus definiert. Für die Behauptung, Kritik an Maas pro-israelischer Linie kommt gut in den Medien an, muss man als Journalistin einige Beispiele führen - leider findet sich aber nur einen Artikel, und zwar in der taz, die seine Beziehung zu einer rechtsextremen Hetzerin kritisch thematisiert.

    • @Yossi Bartal:

      Good Cop-Bad Cop ?

    • @Yossi Bartal:

      Interessanter finde ich, dass Sie Israel pauschal rechtsextreme Politik vorwerfen (ohne Beispiele) und somit eigentlich den Antisemitismus-Vorwurf füttern.

  • Kommentar entfernt. Bitte keine Unterstellungen.

    Die Moderation

  • 9G
    95309 (Profil gelöscht)

    Einem deutschen Politer Mut zu attestieren, nur weil er das Deutsch-Isralische Verhältnis im Gegensatz zu seinem tölpelhaften Vorgänger im Kontext der historischen Verantwortung angeht, ist ein wenig weit hergeholt. So schnell werde Helden nicht gemacht.

     

    Das kann für Deutschland eigentlich keine Frage sein. Aber richtig, das antisemitische Hintergrundrauschen verstört.