Kommentar Grundsteuerkompromiss: Arme Bayern zahlen für reiche
Der Streit um die Grundsteuer war albern, da keine Steuererhöhung geplant war. Von Söders aktueller Regelung profitieren nur Millionäre.
D er gesamte Streit um die Grundsteuer war völlig albern. Vor allem CSU und Unternehmen verbreiteten den Eindruck, als würde demnächst der Untergang des Standorts Deutschland drohen. Doch tatsächlich ging es nur darum, 14 Milliarden Euro ein wenig umzuschichten, weil das Bundesverfassungsgericht die alte Berechnungsmethode verworfen hatte. Eine Steuererhöhung war nicht geplant.
Mit dem jetzigen Kompromiss kann man leben, denn Steuerdumping wird es nicht geben. Durch die „Öffnungsklausel“ darf zwar künftig jedes Bundesland selbst entscheiden, wie es seine Grundsteuer gestalten will. Aber ein „Standortwettbewerb“ zwischen den Ländern ist verhindert worden, weil das Gesamtaufkommen der Grundsteuer in jedem Land so hoch bleiben muss, wie es bisher war.
Bitter dürfte es allerdings ausgerechnet für die Bayern werden. Ministerpräsident Söder lässt sich jetzt zwar als Held feiern, weil er gegen „Berlin“ und gegen SPD-Finanzminister Scholz die Öffnungsklausel für die Länder durchgesetzt hat. Doch das Scholz-Modell ist viel gerechter als der Söder-Plan, der künftig in Bayern gelten soll.
Scholz wollte nämlich erreichen, dass die Grundsteuer nach dem heutigen Wert der Grundstücke und Bauten berechnet wird. Ein Villenbesitzer am Starnberger See hätte also mehr gezahlt als ein Hausbesitzer in der abgehängten Oberpfalz.
Söders Modell hingegen sieht vor, dass nur die Quadratmeter zählen sollen. Die relativ armen Oberpfälzer zahlen also demnächst genauso viel Grundsteuer wie die Millionäre vom Starnberger See.
Dieses Steuergeschenk für die Reichen in Bayern wurde geschickt verbrämt, indem die Mieter instrumentalisiert wurden. Wahr ist, dass die Grundsteuer auf die Miete aufgeschlagen werden kann. Falsch ist, so zu tun, als wäre jeder Bayer ein armer Mieter in München. Es hätte auch andere Modelle gegeben, um die Mieter in München zu schützen. Unter Söder profitieren vor allem die Millionäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken