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Kommentar Fortsetzung NSU-ProzessDie Launen der Angeklagten

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Beate Zschäpe behält ihre drei Pflichtverteidiger. Nun sollte sie endlich aussagen – auch wenn das die Wahrheit noch nicht ans Licht bringen würde.

Konnte keine echte Vertrauenskrise belegen: Zschäpe zwischen ihren Anwälten Anja Sturm (l.) und Wolfgang Heer. Bild: dpa

W ar das wirklich alles? Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im NSU-Prozess ist unzufrieden mit ihren Anwälten, kann aber keine echte Vertrauenskrise belegen. Deshalb hat das Oberlandesgericht (OLG) München nun entschieden, dass Zschäpe den Prozess mit den drei von ihr ausgewählten, aber vom Staat bezahlten Pflichtverteidigern fortsetzen muss.

Solange Zschäge nicht mehr vorzubringen hat als einen vagen Vertrauensverlust, ist die strenge Haltung der Münchner Richter in Ordnung. Die Angeklagte hat Anspruch darauf, dass sie gut verteidigt wird, aber nicht, dass das Gericht ihren Launen folgt. Wenn sie den Anwälten nichts Konkretes vorwerfen kann, dann gibt es auch keinen Grund, die Verteidiger auszutauschen.

Immerhin hat sie jetzt gesehen, dass auch der Münchner Anwalt, der ihr beim Abfassen des Antrags half, keine Wunderdinge vollbringen kann. Es liegt eben nicht nur an vermeintlich schlechter Fragetechnik der Pflichtverteidiger, dass Zschäpes prozessuale Position ungemütlich ist. Seit das Oberlandesgericht die Anklage der Bundesanwaltschaft zugelassen hat, ist klar, dass die Richter eine Verurteilung wegen Mittäterschaft an den NSU-Morden für wahrscheinlich halten. Und bisher hat nichts die Vorwürfe der Anklage erschüttert.

Statt die Verteidiger zu wechseln, läge es näher, die Strategie zu ändern: also auszusagen, statt zu schweigen. Denkt Zschäpe darüber nach? Bisher gibt es keine derartigen Signale. Offensichtlich war dies nicht der Kern des Konflikts mit den Anwälten, sondern nur eine Wunschvorstellung der Öffentlichkeit, eine naive Fantasie.

Denn wenn Beate Zschäpe tatsächlich aussagt, dann wäre wohl ihr Hauptinteresse, den eigenen Anteil kleinzureden. Ein Durchbruch zur Wahrheit – inklusive Auspacken über die Helfer des NSU – wäre damit wohl kaum verbunden.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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4 Kommentare

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  • Nach Beate Zschäpes freiwilligem Stellen bei der Polizei war zu vernehmen, dass die Verdächtige die Ankündigung machte, beim Gerichtsverfahren auszusagen. Ihre Anwälte rieten ihr davon jedoch ab, so las ich das irgendwann mal.

     

    Bei Zschäpe frage ich mich jedoch: Wenn sie die Wohnung in Brand gesetzt hat, um alle Beweismittel und Spuren zu vernichten, warum hat sie dann die DVDs mit den Bekennervideos verschickt, womit sie alle Morde, Anschläge und Überfälle zugegeben hat? Macht doch die Brandaktion völlig sinnlos.

     

    Die offizielle Version der Anklage hat so einige Logiklöcher. Die Staatsanwaltschaft kann von Glück sagen, dass die beiden Uwes tot sind. Denn eine Tatbeteiligung ist kriminalistisch beiden nicht nachzuweisen. Die Anklage stützt sich alleine auf die Waffenfunde, welche das Trio durch in Brandsetzung des Wohnmobils und der Wohnung eigentlich zu vernichten suchte. Gleichzeitg lieferte das Trio sein Geständnis durch die Bekennervideos der Staatsanwaltschaft auf dem Silbertablett. Paradox! Damit hat Beate Zschäpe zugegeben, von den vermeintlichen Taten der Uwes gewusst zu haben, sowie an Planung und Durchführung dabeigewesen zu sein. Wozu also noch ihre Aussageverweigerung?

     

    Was passiert aber, wenn Beate Zschäpe irgendwann doch noch aussagt und damit die Version der Staatsanwaltschaft ins Wanken bringt? Letztendlich lebt die Anklage mit der Aussageverweigerung Zschäpes eindeutig besser - und die Verteidiger wahrscheinlich auch. Und vor allem die Politik, die weit vor Abschluss des Gerichtsverfahrens Entschädigungszahlungen und Straßenumbenennungen angeordnet haben - einmalig in der deutschen Rechtsgeschichte. Für mich ein deutliches politisches Zeichen an die Staatsanwaltschaft, dass das Verfahren jetzt auf keinen Fall mehr vom vorgezeichneten Kurs abweichen darf. Daher überrascht es mich nicht wirklich, dass der Wunsch auf Verteidigerwechsel abgelehnt wurde.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Jan:

      "Die Staatsanwaltschaft kann von Glück sagen, dass die beiden Uwes tot sind."

       

      Ja, das ist schon ne komische Geschichte. Vor allem, weil nach demselben Muster, wie die Uwes gestorben sind, ein Zeuge, starb: Auch er Angehöriger der Rechtsextremen Szene mit Verbindung zum NSU, soll sich in seinem Auto angezündet und erschossen haben, wenige Tage, bevor er hätte im Prozess aussagen sollen. Wenn Sie mich fragen: Da ist was faul - und das meine ich, der ich aus meiner politischen Überzeugung heraus nicht das geringste Interesse habe, den NSU irgendwie zu entlasten.

       

      Läßt Stammheim grüßen?

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Jaja. Der akademischen Klasse fällt es ja leicht, die vielleicht laienhaft formulierte Begründung der Fr. Zschäpe zu zerpflücken. So langsam gewinnt die Angeklagte in diesem Prozess bei mir an Sympathie. Vor kurzem noch völlig undenkbar. Aber die offenbare Arroganz der elitären Juristerei, wie sie sich hier gezeigt hat, trägt eben nicht dazu bei, sich als Bürger mit diesem Rechtssystem zu identifizieren. Da muß noch was verbessert werden.

  • "sollte sie endlich aussagen"

     

    Die Frau scheint mir weder besonders dumm noch lebensmüde zu sein.