Kommentar Flüchtlinge in der EU: Lasst Osteuropa zahlen
Die EU darf nicht akzeptieren, dass sich die meisten Länder beim Flüchtlingsschutz ausklinken. Wer Zäune baut, sollte zum Ausgleich zahlen.
D ie neuen Asylzahlen zeichnen eine Landkarte der Ungerechtigkeit. Die osteuropäischen Staaten kommen mit ihrer egoistischen Linie davon. Sie machen weiter dicht – mit Zäunen, Gefängnissen und Unterversorgung von Flüchtlingen, ganz so, als wären sie kein Teil der Europäischen Union. In den aufreibenden Verhandlungen während der Flüchtlingskrise haben sie ihre Blockadelinie konsequent durchgezogen. Die Folge: Fast niemand stellt in Osteuropa einen Asylantrag. Die EU nimmt es hin.
Die einzigen Veränderungen, auf die die Union sich einigen konnte, gingen faktisch wieder auf Kosten der schwachen Staaten Südeuropas: Die ihnen versprochene Entlastung per Umverteilung wurde so gut wie nicht erfüllt. Es floss etwas Geld, dazu aber kam ein ganzes Maßnahmenpaket, um das Dublin-System wieder durchzusetzen. Die Unwuchten der EU-Asyl-Architektur wurden nicht verringert, sondern verstärkt.
Jene Staaten, die sich überdeutlich europäischer Solidarität verweigerten, können aus den neuesten Asylzahlen für sich die Lehre ziehen: Wer Zäune baut, gewinnt.
Wer nun meint, Deutschland, der Spitzenreiter beim Antragsaufkommen, sei zu weich, irrt. Das Asylrecht ist hier extrem verschärft worden. Die Antragszahlen waren hoch, weil Deutschland – nach jahrelanger Verweigerung – auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise vorübergehend Verantwortung übernahm. Die aktuell hohen Anerkennungsquoten ergeben sich aus der Tatsache, dass so viele dieser Menschen aus Kriegsgebieten oder Diktaturen kommen.
Die EU darf nicht länger akzeptieren, dass sich die meisten beim Flüchtlingsschutz ausklinken. Um die enormen Asymmetrien einzuebnen, muss sie Härte zeigen. Nicht, indem Brüssel Menschen in Länder schickt, die sie nicht nehmen wollen. Sondern indem die EU die, die Schengen aussetzten, Zäune bauen und Flüchtlinge zur Abschreckung schlecht behandeln, dafür zum Ausgleich zahlen lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu