Kommentar EU-Verfahren gegen Italien: So funktioniert der Euro nicht
Mattheo Salvini ist ein unappetitlicher Rechtspopulist, er hat aber im Streit mit der EU-Kommission recht: Sparen alleine funktioniert nicht.
D er Machtkampf zwischen Italien und der Eurozone läuft bereits seit einem Jahr und eskaliert nun wieder: Die EU-Kommission hat am Mittwoch empfohlen, ein Defizitverfahren einzuleiten, weil die italienischen Staatsschulden zu hoch seien. Theoretisch könnte es sein, dass die Italiener am Ende 3,5 Milliarden Euro Strafe zahlen müssen.
Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass aus dieser Drohung jemals Realität wird. Denn um das Strafverfahren voranzutreiben, sind mehrmals Mehrheitsentscheidungen der EU-Regierungen nötig. Bisher gab es keinen einzigen Fall, in dem sich die EU-Kommission mit einem Strafverfahren durchsetzen konnte.
Doch das weitere Verfahren kann der EU-Kommission egal sein: Ihr geht es nicht um eventuelle Strafzahlungen, sondern darum, Italien zum Schuldensünder zu stempeln. Brüssel will Unruhe auf den Finanzmärkten stiften – und die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen nach oben treiben.
Das Brüsseler Kalkül ist einfach: Wenn die Zinsen für Italien steigen, bricht die dortige Wirtschaft ein und das Land treibt auf einen Staatsbankrott zu. Einen Zusammenbruch kann sich der italienische Rechtspopulist Matteo Salvini aber nicht leisten, wenn er Wahlen gewinnen will. Also wird er nachgeben, obwohl er jetzt noch tönt, man werde ja sehen, „wer den größeren Dickkopf hat“.
Brüssel wird gewinnen, leider. Salvini ist zwar ein unappetitlicher Nationalist, aber ökonomisch hat er trotzdem recht. Es ist falsch, Italien einen permanenten Sparkurs aufzuzwingen. Denn das Land versucht bereits seit zwanzig Jahren, seine Staatsschulden abzubauen. Nur haben diese vielen Kürzungen nichts geholfen, weil die Wirtschaft abgewürgt wurde – und die Defizite weiter stiegen.
Der Euro sollte eine bessere Zukunft bringen, stattdessen müssen die Krisenländer erleben, dass sie entmündigt werden. Gute Argumente zählen nicht, und wer nicht spurt, wird den Finanzmärkten zum Fraß vorgeworfen. So kann der Euro nicht funktionieren.
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