Kommentar Ceta-Gutachten des EuGh: Keine Gefahr für Europas Demokratie

Kritiker fürchten, eine Paralleljustiz für Konzerne wie beim Ceta-Abkommen schaffe einen „demokratiefreien Raum“. Doch sie kann auch nützlich sein.

eine Frau geht an einem Schaufenster vorbei, darin ein pinker Panzer und der Textzug: Make Love not walls

Kein Freihandel ist auch keine Lösung Foto: Karsten Thielker

Brauchen wir in Deutschland eine Paralleljustiz für Konzerne? Nein, wohl kaum. Die deutschen Zivilgerichte schützen auch die Rechte ausländischer Investoren. Schafft eine Paralleljustiz für Konzerne einen“demokratiefreien Raum“, wie Attac behauptet? Sicher auch nicht. Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag in einem Gutachten jedenfalls festgestellt, dass der Investorenschutz im Ceta-Abkommen die Demokratie in Europa nicht beeinträchtigt.

Ceta ist das Handelsabkommen der EU mit Kanada. Es schafft ein Ceta-Gericht, das von kanadischen Investoren angerufen werden kann, wenn sie glauben, von Behörden oder vom Gesetzgeber in EU-Staaten nicht „billig und gerecht“ behandelt worden zu sein. Dass solche Klagen möglich sind, heißt aber noch lange nicht, dass sie auch Erfolg haben werden.

Es genügt nämlich nicht, wie Kritiker behaupten, dass der Staat Gewinnerwartungen ausländischer Konzerne enttäuscht. Schadensersatz wird es nur in wenigen drastischen Fällen geben, etwa bei einer „Rechtsverweigerung“ oder bei „offenkundiger Willkür“. Vielleicht hilft das neue EuGH-Gutachten den Kritikern, ihre Rhetorik etwas zurückzufahren. Sonst geht die befürchtete Einschüchterung des demokratischen Gesetzgebers auch auf ihre Kappe.

Dass ein Freihandelsabkommen auch ohne Investorenschutz-Gerichte möglich ist, zeigt das EU-Abkommen mit Japan, das Anfang 2019 ohne großes Aufsehen in Kraft getreten ist. Doch es gibt auch Problemstaaten wie China. Dort wird man europäische Unternehmen nicht guten Gewissens an staatliche Gerichte verweisen können. In solchen Konstallationen machen internationale Gerichte zum Investorenschutz durchaus Sinn. Die Regelungen im Handelsabkommen mit Kanada sind deshalb vor allem eine Vorlage für Verträge mit rechtsstaatlich zweifelhaften Staaten. Das hat der EuGH jetzt bestätigt. Ceta ist ein gutes Muster, mit genügend Sicherungen für die Demokratie.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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