Kommentar Bundeswehr: Mehr Soldaten? Weniger Einsätze!

Ursula von der Leyens Forderung nach mehr Soldaten ist überflüssig. Eine Entlastung ist auch möglich, wenn Auslandseinsätze reduziert werden.

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan

Deutsche Soldaten in Afghanistan: Bei den Auslandseinsätzen könnten noch Ressourcen eingespart werden Foto: dpa

Die Bundeswehr ist überlastet, da hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) durchaus recht. Wenn Schiffsbesatzungen die Hälfte des Jahres auf hoher See verbringen, Soldaten zwischen Einsätzen keine angemessenen Pausen erhalten und Bundeswehrkrankenhäusern die Pfleger ausgehen, muss die Verteidigungsministerin handeln.

Falsch wäre es aber, wenn sie im Kampf gegen die Überlastung nur noch an der einen Stellschraube – mehr Personal – dreht und darüber die andere Stellschraube – weniger Aufgaben – vergisst.

Zumal es problemlos möglich wäre, die Zahl der Auslandseinsätze zu senken, trotz Fluchtkrise, Terror und Bürgerkriegen. Die Bundesregierung müsste dafür noch nicht mal die neuen Mandate infrage stellen. Es würde schon reichen, alte Missionen zu überprüfen, auszusetzen oder zu beenden. Entsprechende Vorschläge hat die SPD bereits vorgelegt.

Da wäre zum Beispiel der Anti-Piraterie-Kampf am Horn von Afrika. Seit 2008 patrouilliert die deutsche Marine vor der somalischen Küste, um Handelsschiffe zu schützen. Donnerstag wird der Bundestag das Mandat für bis zu 600 Soldaten verlängern. Seit Februar 2014 haben Piraten keinen Frachter mehr angegriffen. Auf den Handelsschiffen sind jetzt private Sicherheitskräfte im Einsatz.

Es würde schon reichen, alte Missionen zu überprüfen oderzu beenden

Dem gegenüber stehen kleinere Missionen. Mit gerade mal vier Soldaten beteiligt sich die Bundeswehr an einem UN-Einsatz in der Westsahara, mit jeweils bis zu 50 Soldaten an Einsätzen im Südsudan und im Sudan. Für jede dieser Missionen, egal wie klein, fällt in Deutschland zusätzlicher Unterstützungsaufwand an. Würde sich die Bundeswehr auf einen dieser Kleinsteinsätze konzentrieren, während sie andere abgäbe, könnte sie also ebenfalls einsparen.

Damit allein wäre die Überlastung der Bundeswehr noch nicht beseitigt. Die Personalnot könnte man so aber zumindest lindern. Und das auch noch kurzfristig: Aus Auslandseinsätzen kann sich das deutsche Militär innerhalb weniger Monate zurückziehen, während für neue Einheiten viel Vorlauf nötig ist.

Dazu braucht das Ministerium erst Geld für neue Stellen, dann geeignete Bewerber – und am Ende Jahre für die Ausbildung. Zumindest für den Moment ändert von der Leyens Ankündigung für ihre Soldaten also gar nichts.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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