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Kommentar Bierhoffs Özil-KritikDer Sündenbock des DFB

Erstmals nach dem Aus der DFB-Elf bei der Fußball-WM spricht Manager Oliver Bierhoff über die Gründe – und schießt scharf gegen Mesut Özil.

Ist auch verzichtbar: Team-Manager Oliver Bierhoff Foto: dpa

„Man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.“ Es ist ein Satz wie ein Vorschlaghammer, den Oliver Bierhoff in einem Interview mit der Welt äußerte. Er hat damit ex cathedra die DFB-Karriere von Mesut Özil beendet. Denn den und keinen hat der Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft gemeint. Oliver Bierhoff hat den Sündenbock für den blamablen Auftritt der DFB-Welf bei der Weltmeisterschaft in Russland benannt. Was für ein Satz!

Schon das erste Wort wirft Fragen auf. Wer ist denn eigentlich „man“? Der Bundestrainer? Bierhoff selbst? Der Deutsche Fußball-Bund? Oder gibt es dieses „man“ am Ende gar nicht und genau das ist das Problem? Braucht der DFB neben einer Kommission für Steuern und Abgaben, einem Ehrungsrat oder der Anti-Doping-Kommission auch eine Art Politbüro?

Dort könnte dann darüber entschieden werden, ob ein Spieler würdig ist, das Nationaltrikot zu tragen. Da könnte die Textsicherheit bei der Nationalhymne abgefragt werden, das Verhältnis zur Kanzlerin, zum Bundespräsidenten geklärt werden. Natürlich müsste ein Populismusberater in diesem Politbüro sitzen, der einschätzt, wann ein Spieler nicht mehr tragbar ist. Man will ja nicht riskieren, dass ein Spieler ausgepfiffen wird.

Ob die Pfiffe im Fall Özil etwas anderes waren als die vielleicht berechtigte Abscheu vor PR-Auftritten mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, das würde dann in der Bewertung keine Rolle mehr spielen. Wer nicht gemocht wird, darf entsorgt werden.

Das Publikumsvotum geht in den Test des Deutschtums ein. Nach dem Wörtchen „man“ geht es weiter mit dem Konjunktiv „hätte überlegen müssen“. Was das heißt? Es ist ein Versäumnis, nicht daran gedacht zu haben, Mesut Özil aus der Nationalelf rauszuschmeißen. Wenn der DFB tut, was er versprochen hat, Lehren zu ziehen aus dem WM-Aus nämlich, dann kann das nur heißen: in Zukunft wird gehandelt, damit endlich wirklich stimmt, was AfD-Frau Alice Weidel getwittert hat, als sich Mesut Özil nicht in der Startaufstellung des WM-Spiels gegen Schweden gefunden hat: „AfD wirkt“.

Und dann kommt dieser merkwürdige Ausdruck „ob man sportlich auf ihn verzichtet“. Was das soll? Hmm? Man könnte es, besser man muss es, verlogen nennen. Wenn die sportliche Leistung nicht stimmt, wird man nicht zur Nationalelf eingeladen, okay. Und was wäre daran neu? Nichts. Und was meint Bierhoff dann?

„Man“ trifft eine politische, besser, populistische Entscheidung und begründet sie dann sportlich. Das alles ist angesichts des offenen Rassismus, der Özil aus dem Kreis der Fans des DFB-Teams in den vergangenen Wochen entgegengeschlagen ist, so erbärmlich, dass es dazu eigentlich nur einen Satz zu sagen gibt: Man sollte überlegen, ob man auf Bierhoff verzichtet.

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21 Kommentare

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  • Ich finde, die Mannschaft hat aus dem Erdogan Debakel die richtige Lehre gezogen und vorbildlich gehandelt: mit dem Despoten Putin wird es bei der Siegerehrung kein gemeinsames Foto geben.

    • @Bulbiker:

      Es reicht schon, wenn Gerhard Schröder bei der Siegerehrung zufällig mit im Bild steht.



      Nach Stimmen aus der russischen Community in meiner Nachbarschaft hat der Gerd da im Vorfeld mit Putin und Erdogan und sonstwem was gedreht. Putin hatte ein Finale mit russischer Beteiligung bestellt, aber nicht jede Bestellung kann immer auch zur Zufriedenheit ausgeführt werden «(º¿º)»

    • @Bulbiker:

      Genau Genau

      Das nennt sich jawoll - vorauseilender



      Gehorsam!



      Klappet doch! Hacken geben - eben!;))

  • Ehrlich gesagt, ich will den Bierhoff nicht mehr sehen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Befinden wir uns bereits im 'Sommerloch'???

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      ...für die 'Rechten', Rassisten, Nationalisten, Faschisten gibt es kein sog. Sommerloch.

  • Einseitig interpretiert. Wie wäre es mit folgender Version:

    "Man" (also Löw, Bierhoff, Schneider etc.) dachte vor der WM, dass man so einen PR-Ausrutscher schon glattgebügelt bekommt und das auch nicht auf die sportliche Leistung der Betroffenen geht, gecshweie denn die ganze Mannschaft mit runterzieht. Entsprechend hat "man" gehandelt.

    Tatsache war:



    1. Der PR-Ausrutscher war NICHT glattzubügeln. Die Presse hatte ihr Fressfieber angesichts der saftigen Kombination aus Ausländer,- Despoten- und WM-Bezug der Affäre, und ließ Özil für sein beharrliches Schweigen unbarmherzig bluten. Dieses Schweigen ließ sich wohl auch durch gutes Zureden nicht brechen.



    2. Die beiden Spieler waren nicht annähernd in Topform und durch die persönlichen Pfiffe von den Tribünen wohl auvch weiter demotiviert.



    3. Die Mannschaft insgesamt empfand es auch als massive Belastung und hat in ihrer Gesamtleistungsfähigkeit gelitten.

    Wären diese drei Fakten im Voraus bekannt gewesen, hätte "man" möglicherweise auf die beiden verzichten müssen, allein um sportliche Nachteile zu vermeiden. Nachher ist man immer klüger, und wenn Bierhofdas jetzt sagt, dann ist das wahrscheinlich auch ein wenig Ausdruck des Frustes eines Teammanagers, der wochenlang wusste, dass sich Alles wahrscheinlich mit einer gut soufflierten Reuebekundung regeln lassen könnte, der die aber aus seinem Spieler nicht herausgekitzelt bekam.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ein ganz übles Ablenkungsmanöver.



    Herr Löw war verantwortlich für den Kader, die Taktik (gab es überhaupt eine Taktik?) und für die jeweilige Aufstellung bei den Spielen.



    Özil ist in der Nationalmannschaft einer der wenigen Spieler, die mit dem Ball umgehen und das Spiel, im Gegensatz zum Trainer der deutschen Nationalmannschaft, auch lesen können.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      ..na dann war er während der WM aber im Tiefschlaf...Özil war ein glatter Ausfall egal ob Erdagan Affäre oder nicht.

  • Wenn sich Fußballfunktionäre aller DFB dessen Manager Oliver Bierhof sein mag, die sich mit führenden Persönlichkeiten der Kopf-Ab-Diktatur Saudi Arabien oder Katar treffen und sich zum Teil hochwertige Rolexuhren schenken lassen die sie nicht einmal bei der Einreise in Deutschland verzollen (Rummenigge), haben jedwedes Recht verwirkt, Mesut Özil und/oder Ilkay Gündogan in irgendeiner Weise zu kritisieren.

    Der DFB Manager Oliver Bierhof hätte Rückgrat zeigen sollen und Journalisten vom Springer Konzern angehen sollen. Diese waren auf alles andere aus, als auf eine berufsübliche für Journalisten maßgebliche Berichterstattung. Sie haben ein einseitiges Bashing und Hetze gegen die türkischstämmigen WM-Fußballer Özil und Gündogan betrieben.



    Ja, man muss eingestehen, Alice Weidel und AfD wirken, auch inzwischen auf den DFB.



    Das Desaster wäre komplett, wenn in vier Jahren bei der WM in Katar Ilkay Gündogan und Mesut Özil für die Türkei spielen würden, weil sie angewidert sind von einer niederträchtigen Sündenbock – Bestimmung d.d. DFB.

    • @Nico Frank:

      Das können sie nicht mehr. Was Nationalmannschaften angeht, können sich die Spieler, die diese Möglichkeit haben, einmal entscheiden, dann ist ein Wechsel nicht mehr drin...

    • @Nico Frank:

      Letzteres ist nach den FIFA-Statuten nicht möglich: Wer Turnier- oder Quali-Spiele für ein Land absolviert hat, kann nicht mehr wechseln.

  • Ich finde Ilkay Gündogan und Mesut Özil bewundernswert, weil sie mit ihrer Solidarität mit Erdogan sich auf die Seite des gerechten Israel-Kritikers gestellt haben. Weshalb der Springer Konzern Ilkay Gündogan und Mesut Özil ins Fadenkreuz der angeblichen Sportkritik genommen hat, ist nur in dem Zusammenhang zu verstehen und in keinem sportlichen.

    In der Sache selbst, aus rein sportlicher Leistung heraus betrachtet, muss man sagen, dass Mesut Özil trotz Ausscheiden in der WM-Vorrunde noch zu den besten Spielern gehörte. Wenn man sich unsere Statistik bei der WM 2018 der Vorrunde anschaut: Platz 1 bei Torschüssen, Platz 2 bei Laufleistung, angekommenen Pässen und Ballbesitz. So wurde aus der Reihe von Mesut Özil (Toni Kroos, Ilkay Gündogan) insgesamt 76 mal erfolgreich ein Pass gespielt. Spanien folgte mit 42 Pässen auf Rang zwei. Also am Zuspiel von der Abteilung Spielemacher (Mesut Özil) hin zur Abteilung „Schieß den Ball ins Tor“ (Gomez, Müller, Werner und Reus) kann es nicht gelegen sein. Im Spiel gegen Südkorea, Mats Hummels bekommt den Ball präzise von rechts durch Özil in den 5Meterraum gepasst. Als er den Ball annimmt, weder der Torwart noch ein Gegenspieler bei ihm. Mats Hummels muss den Ball nur mit der Brust, Bein oder sonst wie ins Tor bringen. Was macht er? Macht die Augen zu bei der Ballannahme zu und köpft den Ball zw. Schulter und Kopf rechts raus. Was soll hier ein Özil tun? Was hier ein Toni Kroos tun?

    Der deutsche Sturm war eine Katastrophe. Die Pässe von der Mittelabteilung kamen so oft und so präzise, dass wir zum Toremachen keinen Neymar, Messi oder Mbappé brauchten, sondern nur halbwegs gute Stürmer. Leider bestand der Sturm nur aus Blinden unter den Blinden. Da können die besten Spielemacher der Welt wie Mesut Özil, Toni Kross oder Motric nichts ausrichten, wenn die Stürmer so spielen, als seien sie erblindet.

    • @Nico Frank:

      Erdogan, der gerechte (!) Israelkritiker -das ist Satire, will ich doch hoffen.

    • @Nico Frank:

      Selbst hier darf "Israelkritik" nicht fehlen xD Wird es Ihnen selbst nicht langsam peinlich oder zumindest langweilig?

  • Bierhoff sagt jetzt nur das, was man eigentlich von Löw vor der WM hätte erwarten können. Wenn Özil und Gündoğan der Meinung sind, die Deutsche Nationalmannschaft mal eben für Erdogans „Wahlkampf“ instrumentalisieren zu dürfen, dann verlassen sie selbst damit doch den Boden jeglicher sportlicher Maßstäbe.



    Wer erkennbar so gar nicht auf dem Teppich (Rasen) bleiben will, den sollte man auch nicht gewaltsam auf dem Teppich (Rasen) festhalten.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      ...Özil und Gündogan habe die deutsche Nationalmannschaft nicht für Erdogans "Wahlkampf" instumentalisiert.



      Es handelte sich um einen Werbeauftritt für ihren englischen Arbeitgeber. Es handelte sich um Trikots von ManCity, bzw. Arsenal. Die Fotos wurden in London geschossen.



      Echauffieren Sie sich lieber über Frau Merkel, die Herrn Erdogan auch sofort zu seinem Wahlerfolg gratuliert hat.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Beide Spieler hätten diesen Auftritt mit Erdogan keinesfalls machen müssen und dürfen. Es gab ja auch Spieler (mit türkischen Wurzeln), die Fototermine mit Erdogan dankend abgelehnt haben. Gündoğan hatte nachweislich ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, weil er seine Millionen-Investitionen in der Türkei derzeit nur mit Unterstützung Erdogans durchziehen kann.



        Wenn Spieler der Deutschen Nationalmannschaft mit Erdogan posieren, geht davon immer unmittelbar ein politisches Signal aus - egal, wer da im Vorfeld was veranlasst hat. Den anderen Spielern kann ein solcher Auftritt auch nicht gleichgültig sein, zumal sie vorher niemand gefragt hat, ob sie damit ein Problem haben, oder nicht. Das ist schlicht und ergreifend grob mannschaftsschädigendes Verhalten.

        www.faz.net/aktuel...ogan-15589331.html

  • Mal ganz abgekoppelt davon wie toll Mesut Özil Fussball spielen kann und welchen staatsbürgerlichen Hintergrund er hat ist für mich der unausgebildete und unreife Menschliche '' Wer bin ich Faktor '' bei ihm das größte übel. Der Gleichlauf von sportlicher Leistung, geistiger Wahrnehmung und Geldverdienen sollte in seinem alter gewährleistet sein. Jemand der in dem Alter mit der Verantwortung nicht öffentlich Stellung zu der Sache bezieht, verliert in meinen Augen jedweder Anspruch in irgendeiner Form für irgendetwas Verantwortung zu bekommen. Hätte sich z.B. Thomas Müller auf die gleiche art und weise mit Erdogan ablichten lassen würde es für mich das gleiche bedeuten. Der Mensch ist entscheident und nicht die Herkunft ! Was Bierhoff und Consorten betrifft sehe ich es ähnlich .... keiner von denen hat eine klare Meinung ! Oder hat irgend Jemand eine andere Aussage von Bierhoff erwartet ? Die Geldmaschinerie Fußball ( UEFA / FIFA ) steht über allem . Es spielt keine Rolle ob in Brasilien zur WM ganze Armenviertel abgerissen wurden, ob in Katar Menschen für die Stadionbauten wie gefangene gehalten werden und oft ihr Leben dabei verlieren oder ob in Russland anders denkende Weggesperrt und gefoltert werden..... alles egal ... wenn der Rubel rollt ! Es wiedert mich an mit welcher Selbstherlichkeit die Fußballmillionäre und Funktionäre über all das hinwegschauen oder nicht sehen wollen was auf der Welt los ist.  Oder anders gesagt ; gelangt Geld in die falschen Hände kommt zwangsläufig soetwas dabei heraus...

     

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    Die Moderation

  • "Man sollte überlegen, ob man auf Bierhoff verzichtet." Oh ja, bitte, unbedingt! Und wenn wir gerade so schön dabei sind, beim Verzichten, dann bitte auch den Jogi nicht vergessen und den Grindel und den Rest der ganzen Funktionärsblase. Ach, man wird doch noch mal träumen dürfen.

  • Ja wie? Widele Wedele - Schwanz&Hund!

    Wer bitte konnte denn von der auch hier in der taz!;(



    Hochgejazzten Truppe Löw/Bierhoff - anderes erwarten*¿¡*



    Unterirdisch - Die Herren Unfried JAF JAF & Co. - Ja Ja!



    Übernehmen sie! Na - Si‘cher dat!



    Dat löwt.



    Normal.