Kommentar Aufrüstung in Deutschland: Bundeswehr wird Putin nicht stoppen
Ministerin von der Leyen scheint zu Glauben, sie könne Moskau in seiner Ukraine-Politik mit ein wenig Aufrüstung beeindrucken. Das ist naiv und falsch.
G enau: „Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der es gelingen könnte, die ukrainische Armee so aufzurüsten, dass Präsident Putin zu der Einsicht gelangen könnte, dass er diesen Konflikt nicht militärisch gewinnen kann.“ Dieser kluge Satz, mit dem Bundeskanzlerin Merkel auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar die drängenden Forderungen US-amerikanischer Senatoren nach Waffenlieferungen an Kiew zurückwies, stimmt auch, wenn man „ukrainische Armee“ durch „Bundeswehr“ ersetzt.
Militärministerin von der Leyen hingegen scheint dem naiven Glauben anzuhängen, Putin ließe sich in seiner Ukraine-Politik beeindrucken, wenn Deutschland die klassischen Landverteidigungskräfte weniger stark abbaut, als vor Beginn des Konflikts geplant war. Mit dieser wenig überzeugenden Begründung hatte die Ministerin letzte Woche verkündet, dass weniger Leopard-Panzer verschrottet werden sollen als vorgesehen und dass ein bereits eingemottetes Panzerbataillon wieder in Dienst gestellt wird.
Zur Rechtfertigung der geplanten milliardenschweren Projekte hat von der Leyen neben der „veränderten Sicherheitslage“ in Europa nur den Allgemeinplatz von der „gewachsenen internationalen Verantwortung“ Deutschlands anzubieten. Was diese Aufrüstungsprojekte kosten sollen, darüber schweigt sie sich beharrlich aus.
Auch deshalb ist von der Leyens Beteuerung, bei künftigen Beschaffungsvorhaben werde ihr Ministerium transparenter und kosteneffizienter handeln und die Rüstungsunternehmen stärker an den Risiken von Kostensteigerungen beteiligen, wenig glaubwürdig. Zumal sie bereits bei den Nachverhandlungen über Beschaffung von 168 Kampf- und Transporthubschraubern eher die Interessen des Herstellers Airbus berücksichtigt hat als die der SteuerzahlerInnen.
Skeptisch machen muss auch die erklärte Priorität, die „rüstungsindustrielle Spitzentechnologie“ in Deutschland zu halten. Dazu zählen sich sämtliche deutschen Waffenschmieden und ihre Zulieferfirmen, ganz gleich, ob sie Munition, Streubomben, Gewehre, Panzer, Raketen oder Kriegsschiffe herstellen oder Motoren oder Elektronik. Eine Prioritätenliste, was künftig noch in Deutschland hergestellt werden soll und was im Rahmen einer Arbeitsteilung in anderen EU-Staaten, hat von der Leyen bislang nicht vorgelegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs