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Kommentar ArmutsberichtSchulz, übernehmen Sie!

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Arbeit schützt nicht vor Armut. Der Lohnunterschied ist die größte Ungerechtigkeit. Dafür muss eine politische Lösung gefunden werden.

Wenn das Geld nicht mal für eine warme Suppe reicht Foto: dpa

E s gibt viele Kriterien für „Ungerechtigkeit“, und die Armutsquote ist eines davon. Der Paritätische Wohlfahrtsverband legte am Donnerstag seinen eigenen „Armutsbericht“ vor, nach dem die Quote derer steigt, die weniger haben als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Es ist eine Quote der Ungleichheit in Deutschland. Wenn sie um ein paar Zehntelprozentpunkte zunimmt, gilt der Trend der wachsenden Ungerechtigkeit als belegt.

Die Armutsrisikoschwelle lag zuletzt bei 942 Euro für einen Single. Wer weniger hat, gilt als armutsgefährdet oder arm, je nach Lesart. Interessanterweise steigt die Quote, obwohl die Wirtschaft in Deutschland brummt, die Arbeitslosenzahlen relativ niedrig sind und 2015 der Mindestlohn eingeführt wurde. Arbeitslosigkeit ist eine der Hauptursachen für Armut.

Aber Arbeit schützt offenbar nicht mehr davor. Schlechte Bezahlung, Teilzeitarbeit – oft auch, weil man einen Vollzeitjob nicht schafft –, das sind wachsende Risiken, in die Armutsfalle zu geraten. Eine Falle, aus der heraus man nicht für das Alter sparen kann, jede Mieterhöhung fürchtet und vielerorts vom Konsum erzwingenden öffentlichen Raum ausgeschlossen ist, weil man sich keinen Caffè Latte für 3,50 Euro leisten kann.

Die unterschiedlichen Arbeitsentgelte sind die größte Ungerechtigkeit. Warum bekommt jemand in einem Verschleißjob nur einen Bruchteil dessen, was ein intellektuell arbeitender Mensch verdient, der auch jenseits des 65. Lebensjahres noch weitermachen kann? Warum verdient eine Altenpflegehelferin so viel weniger als ein Maschinenbauingenieur, der ein jahrelanges, vom Staat bezahltes Studium genoss, während die Pflegerin schon mit 25 im Schichtdienst schuftete?

Für diese Gerechtigkeitsfrage gibt es noch keine politische Sprache, keine politischen Handlungsoptionen. Eine solche Sprache samt Handlungsmöglichkeiten zu finden, das wäre auch eine Aufgabe für den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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48 Kommentare

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  • Am Besten ist immer noch die bewährte Masche: Halbtagsstellen besetzen und entsprechend entlohnen. Dann die Mitarbeit mit derart viel Arbeit überhäufen, dass sie gar nicht anders können als immer mehr und mehr zu arbeiten, sodass daraus schließlich ein "vom Arbeitgeber geduldeter" Ganztagsjob wird - freilich wie ursprünglich vereinbart zu Halbtagsentgelt.

     

    Das gilt von der Supermarkt-Kassiererin über die Hotelangestellte, die Fachpflegekraft bis hin zur akademischen Fachkraft im sozialen Dienst. Der Arbeitgeber spart sich händereibend eine zweite Halbtagskraft bzw. bezahlt eine Vollzeitstelle mit Halbtagsgehalt.

  • "Warum verdient eine Altenpflegehelferin so viel weniger als ein Maschinenbauingenieur, der ein jahrelanges, vom Staat bezahltes Studium genoss, während die Pflegerin schon mit 25 im Schichtdienst schuftete?"

     

    Naja, weil eine Altenpflegerin nichts produziert, womit sich Geld generieren und verdienen lässt. Außerdem kann theoretisch jeder als Altenpfleger arbeiten, als Ingenieur braucht man Spezialwissen.

     

    Klingt blöd, ist aber so. Im Kapitalismus allemal.

    • @Jens Egle:

      Meinen Sie das ernst? Wenn ja, dann ist es eine Frechheit!

       

      "Außerdem kann theoretisch jeder als Altenpfleger arbeiten, als Ingenieur braucht man Spezialwissen."

       

      Es kann nicht jeder als Altenpfleger arbeiten, auch die benötigen Spezialwissen und eine fundierte Ausbildung.

       

      Wenn Sie allerdings ihre Eltern oder Großeltern von schlecht bezahlten und ggf. ungelernten Hilfskräften, die wie Sklaven im Haus gehalten werden, betreuen lassen, ist das was anderes als der Ausbildungsberuf Altenpfleger.

      https://www.berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index;BERUFENETJSESSIONID=MxaZQS5jKKYBLSRWy1S17RlQKWjGtBavzeoh3v1CzlHFRlrSDR4c!-1761145108?path=null/kurzbeschreibung&dkz=9065

      https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/01/2016-01-13-reform-pflegeberufe.html

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        Auch eine Altenpflegerin braucht eine Ausbildung. Dem würde ich soweit erstmal zustimmen aber diese Ausbildung sind eklatant mehr Menschen fähig zu bestehen als ein Studium der Informatik oder Physik. Anders herum wäre vermutlich jeder der ein solches Studium abschließen kann in der Lage den Stoff zu verstehen der notwendig ist um Altenpflegerin zu werden.

         

        Allerdings sollte man nicht vergessen das die rein intellektuellen Fähigkeiten nur eine Voraussetzung für einen Beruf erfolgreich auszuüben. Was die Charakterliche Eignung angeht halte ich Vertreter dieser beiden Berufszweige in beide Richtungen für weitestgehend inkompatibel.

         

        Mit seiner zweiten Aussage hat Herr Egel aber ohne Zweifel recht. Soziale Berufe produzieren nichts was sich mit hohem Gewinn verkaufen lässt. Tatsächlich ist es so das wir als Gesellschaft ein Interesse daran haben das diese Leistungen erschwinglich sind, damit sie von allen in Anspruch genommen werden können. Wenn wir allen Angestellten in sozialen Berufen 10% mehr Gehalt zahlen würden hätte das für jeden Bürger Mittelfristig eine deutliche Mehrbelastung zur Folge. Diese Menschen werden am Ende des Tages ja hauptsächlich über die staatlichen Sozialversicherungen bezahlt.

         

        Vielleicht wäre es keine so schlechte Sache wenn Menschen die in sozialen Berufen ausgebildet werden mal ein paar Monate in der Buchhaltung arbeiten müssten und Menschen die in technischen Berufen arbeiten ein paar Monate im Krankenhaus oder im Altenheim, damit da mal etwas mehr Verständnis für die entgegengestzte Position entsteht.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          "Anders herum wäre vermutlich jeder der ein solches Studium abschließen kann in der Lage den Stoff zu verstehen der notwendig ist um Altenpflegerin zu werden." - Darum geht es doch gar nicht, außerdem wäre ich als MINT-Absolvent sicherlich nicht in der Lage, das zu leisten, was eine unterbezahlte Krankenschwester oder eine Altenpflegerin täglich leistet.

           

          Vielleicht wäre es deshalb auch keine so schlechte Sache, wenn man Altenpflegern, Krankenschwestern und allen anderen, die in einem die pflegerischen, psychologischen aber auch sozialen Beruf tätig sind, endlich mal einen vernünftigen Lohn zahlen würde.

           

          Sie schreiben: "Wenn wir allen Angestellten in sozialen Berufen 10% mehr Gehalt zahlen würden hätte das für jeden Bürger Mittelfristig eine deutliche Mehrbelastung zur Folge." - Das hört sich so an, als ob das von einem FDP-nahestehenden-BWL-Professor vorgetragen wurde, der seinen Studenten den Neoliberalismus - im schlechtesten Sinne - schmackhaft machen möchte.

           

          Weiter schreiben Sie: "Soziale Berufe produzieren nichts was sich mit hohem Gewinn verkaufen lässt." - Da stellt sich mir doch gleich die Frage, ob Sie Ingenieur sind, also jemand der den Laden wirklich am Laufen hält, oder einer von den BWLern, der ohne technisches und physikalisches Wissen sich an der Leistung der Ingenieure, Techniker und der produzierenden Arbeiter, frech bereichert?

  • Da hilft nur eines:

     

    Die Gesundbeterei unserer Kanzlerin muss noch etwas intensiviert werden.

  • taz: "Arbeit schützt nicht vor Armut. Der Lohnunterschied ist die größte Ungerechtigkeit."

     

    Als arm gilt in diesem Land wer mit einem monatlichen Einkommen von 942 Euro auskommen muss. Danach leben etwa 12 Millionen Menschen in Deutschland an der Armutsgrenze, viele sogar unterhalb dieser Armutsgrenze. Besonders betroffen sind Kinder und in Zukunft wird mit einer zunehmenden Altersarmut gerechnet. Die wahren Schmarotzer sind nicht die ALG II (Hartz IV) Bezieher sondern raffgierige Manager. Es gibt Manager in Deutschland, die bekommen ein Jahresgehalt wofür eine Krankenschwester dreihundert Jahre arbeiten müsste. Da stellt sich doch die Frage: Wer ist für eine funktionierende Gesellschaft wohl wichtiger, die Krankenschwester oder der überbezahlte Manager?

     

    "Deutschlands Arbeitsmarkt strotzt vor Kraft. Nie seit der Wiedervereinigung hatten so viele Menschen in Deutschland Arbeit wie jetzt. Das zeigen die Zahlen für das Gesamtjahr 2016. [...] Die Arbeitslosenquote sank derweil auf dieser Grundlage von 4,3 auf 4 Prozent." (Frankfurter Allgemeine, 02.01.2017)

     

    Es handelt sich hier nicht um einen verfrühten Aprilscherz. Die Frankfurter Allgemeine erzählt ihren Lesern doch tatsächlich im Januar 2017 das Märchen von der 4% Arbeitslosenquote. - "Nie seit der Wiedervereinigung hatten so viele Menschen in Deutschland Arbeit wie jetzt." - Dazu kann man nur sagen: Vor 2000 Jahren hatten die römischen Sklaven auch Vollbeschäftigung, während ihre Besitzer im Dampfbad saßen und Wein tranken. Die Lohnsklaverei wird aber demnächst auch ihr Ende haben, denn echte Menschen braucht man bald nicht mehr. Nach Auffassung von Microsoft-Gründer Bill Gates werden menschliche Arbeitsplätze durch Roboter, Maschinen und Künstliche Intelligenz zunehmend verdrängt werden, ohne dass neue Arbeit für Menschen in gleichem Maße entstehen. Gates fordert in den USA die Besteuerung von Robotern. So eine Steuer werden unsere Politiker aber zu verhindern wissen, damit der Reiche auch ja reich bleibt.

  • Die Menschen, die weniger als €942 im Monat haben, werden mehr, obwohl es der Wirtschaft relativ gut geht? Ja, weil es politisch so gewollt ist. Das Arbeitsvolumen ist stagnativ, d.h. die Produktivität steigt gut an, frisst den Wohlstand weg und verteilt ihn nach oben an die Besitzer und Manager. Das wollen SPD, CDU, CSU und FDP genauso haben. Und im Wahlkampf faseln sie dann wieder etwas von sozialer Gerechtigkeit, weil sie Wähler brauchen. Diejenigen, die von dieser Politik profitieren, das sind ja nur Minderheiten, die können keine Regierung zustande bringen, also muss ein Ablenkungsmanöver daher. Ich hoffe, dass die Wähler nicht drauf reinfallen. Armut ist kontraproduktiv und mindestens in Deutschland vermeidbar. Aber Armut muss offenbar die Oberschicht und obere Mittelchschicht stabilisieren, da hat sie ihre Funktion und die wollen ganz besonders CDU/CSU und SPD auch erhalten.

    • @Andreas_2020:

      Ich würde da die Grünen auch zufügen wollen. Als HartzIV-Partei und der CDU durchaus zugeneigt, ist ihnen eine bessere Sozialpolitik kaum zuzutrauen.

      • @Uranus:

        Und die LINKE die sich einer R2G Koalition im Bund bisher verweigert hat aus ideologischen Gründen.

         

        Die FDP und die AfD wurden auch noch vergessen...

        • @Grisch:

          Nein, die FDP wurde nicht vergessen. Ich stimme @URANUS da zu.

           

          Und was die "Hoffnungspartei" für viele angeht (AfD) werden wir ja vermutlich leider sehen, was die so machen werden.

           

          DIE GRÜNEN aber kennen wir ja nun ja schon. Und die sind definitiv nicht für Umverteilung!

  • " Warum verdient eine Altenpflegehelferin so viel weniger als ein Maschinenbauingenieur, der ein jahrelanges, vom Staat bezahltes Studium genoss, während die Pflegerin schon mit 25 im Schichtdienst schuftete?

     

    Für diese Gerechtigkeitsfrage gibt es noch keine politische Sprache, keine politischen Handlungsoptionen."

     

    Hm, was soll das denn genau heißen? Soll der Staat jetzt die Löhne festsetzen und jeder verdient gleich, wie in der DDR?

    • @Nobodys Hero:

      Gleiche Löhne - warum nicht? "Jede_r nach ihren_seinen Fähigkeiten, jedem_jeder nach ihren_seinen Bedürfnissen." Muss ja nicht der Staat festlegen...

  • Ganz einfach: Schluss mit prozentualen Lohnerhöhungen, denn die lassen die Reallohnschere aufgehen, wer unterm Durchschnitt liegt, verdient weniger, drüber mehr. Was sind denn 2 % auf 1000€ und was sind 2% auf 10.000? Und wieviel mehr Lebensmittel lassen sich für diese Lohnerhöhung kaufen? Und was macht das mit der Inflation? Und jedesmal mehr Prozent auf die Prozent macht einen Zinseszins irgendwann ins exorbitale...

    • @MaR:

      Genauso ist das! Weg mit den %-Forderungen! Sie vernebeln das effektive Vollumen und lassen die Einkommensscheere immer weiter aufklaffen.

    • @MaR:

      Nicht nur bei den Löhnen, auch bei den Renten sollte man auf fixe Beträge umsteigen.

  • Wer Schulz' Reden, Auftritte und diplomatischen Einsätze in den letzten Jahren verfolgt hat, der weiß: Martin beantwortet alle Fragen. Auch die soziale.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    “Warum bekommt jemand in einem Verschleißjob nur einen Bruchteil dessen, was ein intellektuell arbeitender Mensch verdient, der auch jenseits des 65. Lebensjahres noch weitermachen kann?”

     

    Weil die Bezahlung von Angestellten direkt mit dem wirtschaftlichen Gewinn verknüpft ist den diese für das Unternhmen erzielen. Für Anwälte, Consultants, Softwareentwickler,... kann ein Stundensatz im dreistelligen Bereich verlangt werden. Das geht bei einer Pflegerin schlicht nicht.

     

    Heute versuche ich es mal anders, etwas expliziter: Ich verstehe das einen diese Situation ankotzt, in der sich ~20% der Deutschen befinden. Grade wenn man selber drin steckt. Da klingt es nach einer guten Idee zu sagen: Der Staat muss da mal was machen! Aber das “was” ist hier eine ziemlich kniffelige Angelegenheit. Viele der Dinge die hier so vorgeschlagen werden funktionieren, ohne Frage! Aber sie funktionieren nur kurzfristig und danach machen sie die Situation noch deutlich schlimmer als zuvor.

     

    Ich weiß Herr Majchrzyk wird mir dazu ein paar nette Sätze Schreiben aber es ist nunmal bittere Wahrheit: Man kann heutzutage schneller als jemals zuvor liquides Vermögen von einem Ort an den anderen verschieben. Die Menschen die man gerne stärker belasten würde kann man nicht, oder nur einmalig besteuern, danach sind sie weg und die Einnahmen bröckeln weg. Das ist das fundamentale Problem bei Umverteilung.

     

    Und mit dem Arbeitsrecht verhält es sich ähnlich. Länder wie Portugal, Frankreich, Spanien, Griechenland und Co. haben an einem deutlich stärkeren Arbeitsrecht festgehalten. Das Resultat davon ist eine radikale Ungerechtigkeit zwischen verschiedenen Generationen. Wer einen Job hat dem geht es gut aber wer jung ist und keinen hat der muss den Arbeitgeber für Praktika bezahlen.

    So wie ich das sehe sind das die beiden Modelle zwischen denen man wählen kann und da ist mir die Agenda 2010 mit all ihren Folgen lieber als eine Jugendarbeitslosigkeit von 25%+

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      "Ich weiß Herr Majchrzyk wird mir dazu ein paar nette Sätze Schreiben..."

       

      Alles was Sie schreiben ist richtig. wenn man die Globalisierung mit all ihren Folgen umarmt, läuft es wirtschaftlich so. Und das ist jedenfalls der Weg, die unsere Regierungen seit mind. 20 Jahren beschreiten.

       

      Die USA sind, strikt gesehen, als Staat der Verlierer dieser Entwicklung. Das konnten die Amis überall nachlesen und viele haben es auch an eigener Lage gespürt. Nachvollziehbar, dass sie einen gewählt haben, der was anderes wollte. Knapp, aber unter den Umständen...

      So, jetzt sind wir angeblich die großen Gewinner: Exportweltmeister, Arbeitsplatzschöpfer und Reformprimus. Es wird auf Dauer nicht gut gehen, wenn eine allzu große Diskrepanz zwischen dieser Erfolgsstory und dem Lebensgefühl allzu vieler Menschen besteht. Sie reden von 20% - mag sein, vielleicht sind's eher 30% oder 40%.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        "Alles was Sie schreiben ist richtig."

         

        Ich finde es fast etwas bedauerlich das von Ihnen zu hören! Ich hätte erwartet das Sie wenigstens auf dem "Scheuen Reh" herumhacken würde.

         

        "Die USA sind, strikt gesehen, als Staat der Verlierer dieser Entwicklung."

         

        Alle weit entwickelten Länder leiden zu einem gewissen Maße unter der Globalisierung. Mit steigendem Wohlstand und steigenden Gehältern reduziert sich die Anzahl der erfolgsversprechenden Geschäftsmodelle auf Bereiche die eine relativ hohe Kompetenz vom Arbeitnehmer erfordern, bzw. auf einfache Tätigkeiten die zwangsläufig vor Ort ausgeführt werden müssen.

         

        Die Jobs die da wegfallen wandern dann ins Ausland. Das ist fürs Ausland gut und wird auf Dauer dafür sorgen das die Lebensverhältnisse Weltweit besser werden, insofern Frieden in diesen Ländern herrscht.

        Für die Menschen die hier ihre Jobs verlieren ist das natürlich eine scheiß Angelegenheit. Und für dieses Problem kann ich nicht behaupten eine angemessene Lösung zu kennen.

         

        "Sie reden von 20% - mag sein, vielleicht sind's eher 30% oder 40%."

         

        Vom Gefühl her kann ich mir gut vorstellen das sich 40% der Bevölkerung eher als Verlierer fühlen. Rein technisch gesehen sind 50% ja auch der Hälfte der Bevölkerung angehörig, die weniger hat als der Durchschnitt. Ist eben die Frage ab wann man sich selber als Verlierer dieses Spiels betrachtet. Das hat sicher auch eine Menge mit dem eigenen Anspruch zu tun.

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @33523 (Profil gelöscht):

          Nun, Sie beschreiben die Entwickung und die Mechanismen dahinter durchaus richtig. Wo wir uns unterscheiden sind sozusagen Handlungsanweisungen.

           

          1. Ich glaube nicht an laissez faire - spätestens seit den 30ern sollte auch keiner.

           

          2. Ich glaube nicht, dass wir die negativen Folgen der Globalisierung hier hinnehmen sollten, weil es "fürs Ausland gut" ist. Mit "Ausland" sind vorwiegend Chinesen gemeint und die ihrerseites scheren sich einen Teufel ums Ausland. Irgendwo habe ich gelesen, dass die Chinesen in 3-5 Jahren mehr Beton vergossen haben als die USA in den letzten 100. Wir bauen bei Ihnen Fabriken und transferieren die Technologie, sie kaufen sich hier ein und die Technologie mit. Chinesen sind ökonomische Nationalisten und werden uns ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Noch brauchen sie die USA und den Westen.

           

          3. Und ich glaube das die ökonomisch-technologische Entwicklung ein Handel hier und jetzt verlangt. Hier und jetzt. Wenn man noch 20-30 Jahre in die gleiche Richtung marschiert, leben wir womöglich in einer feudalähnlichen hochtechnologisierten Gesellschaft. Kleine Chance? Womöglich, aber wenn Ihnen jemand sagt, dass Sie mit einer 10%-igen Wahrsch. tödlich erkranken, wenn Sie weiterhin Fleisch essen, lassen Sie's vermutlich. Auch als ausgesprochener Carnivore.

          https://www.theguardian.com/technology/2017/mar/02/robot-tax-job-elimination-livable-wage

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            1. Ich auch nicht aber wir sind auch weit von laissez faire entfernt. Ich bin nicht für gar keine Regeln und völlige Freiheit, welche einem auch erlauben würde anderen Menschen zu schaden.

             

            So wie ich das sehe schadet jede Regulierung der Wirtschaft und wirtschaftlicher Schaden führt mittelfristig zu einer Schädigung der Gesellschaft. Das heißt für mich nicht das der Staat sich immer heraushalten soll aber wenn er sich einmischt dann sollte er besser einen guten Grund dafür haben und der Nutzen sollte die Kosten klar übersteigen. Das muss kein Nutzen im finanziellen Sinne sein aber es darf auch nicht angehen das irgendwelche Befindlichkeiten und Flügelkämpfe in der Politik zu unnützem Herumgedoktere führen.

             

            2. Ich sehe nicht wie wir die Folgen verhindern könnten. Einfach nicht mitmachen ist keine Option. Das richtet nur Schaden an.

             

            Die Chinesen hatten es lange Zeit einfach, weil sie von ganz unten kamen und es ist immer einfacher etwas nachzumachen was vorher schon jemand getan hat. So langsam wird das Wachstum aber immer kleiner und die Chinesen müssen sich mit den gleichen Problemen herumschlagen wie der Westen. Das die Chinesen am Ende als die großen Gewinner darstehen sehe ich nicht.

             

            3. Ja irgendwas machen ist gut. Die Frage ist doch: Was? Die Optionen sind ja nun allesamt nicht sonderlich rosig und ich hätte gerne ein System das nicht auf dem Ausschlachten bestehender Errungenschaften basiert, sondern auch in Zukunft funktioniert.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Verstehe ich Sie richtig: Sie sind vom Jobcenter abhängig und vertreten dennoch Neoliberalismus?

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Erstmal: Nehmen Sie sich ein Lexikon oder Wikipedia und informieren Sie sich darüber was Neoliberalismus ist. Es ist recht wahrscheinlich das Sie politisch näher an diesem Begriff dran sind als ich.

         

        Und nein Sie verstehen mich da nicht richtig. Was ich sagen wollte ist: Ich kann die Abscheu derer die von Harz4 leben gegen Harz4 verstehen.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Ah ja? Das müssen Sie mir erklären. Ich dachte, ich wäre in Ihren Augen Anhänger von Mao & Co...

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @Uranus:

            Nun ich denke es ist unstrittig das Sie ökonomisch weit im Linken Spektrum angesiedelt sind. Damit verbunden ist quasi immer die Befürwortung eines starken Staates. Das sehen die Neoliberalen sehr ähnlich. Im Gegensatz zu klassischen Liberalen wollen sie nämlich das der Staat in Wirtschaftliche Abläufe eingreift, um Fehlentwicklungen zu korrigieren. (Soweit die Theorie) Das klingt nach etwas das Sie gut finden aber ich nicht.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Sie täuschen sich darin, ich würde mir einen starken Staat wünschen. Sie scheinen als Neoliberalismus das Verfolgen einer sogenannten Sozialen Marktwirtschaft zu verstehen, hingegen ich darin den "schlanken Staat" als bloßer Wächter, der freie Markt, Sozialabbau... die wirtschaftsliberale Agenda sehe, die seit Thatcher dominiert, der sich seit Schröder, Blair... auch die Sozialdemokratie verschrieben hat. Es scheint, Sie vertreten, diese Ideologie, lehnen jedoch die Bezeichnung als neoliberal ab.

              • 3G
                33523 (Profil gelöscht)
                @Uranus:

                Es gibt zugegebenermaßen eine große Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Bedeutung des Wortes neoliberal und der Verwendung. Verwendet wird das Wort als politischer Kampfbegriff für etwas das damit nicht gemeint ist.

                Für mich ist im Sprachgebrauch der größte Unterschied das der Neoliberalismus sich lediglich auf die ökonomischen Freiheiten erstreckt, im Gegensatz zum klassischen Liberalismus, der eher als ganzheitliches Konzept wahrgenommen wird.

                 

                Ich bin im klassischen Sinne liberal. Nun glauben viele klassischer Liberalismus und ein starker Staat wären kein Widerspruch. Das rühert meiner Meinung nach daher das die Linke große Teile des klassischen Liberalismus als durchaus positiv betrachtet. Aus dieser Sympathie der Linken wird dann oft fälschlicherweise eine Kompatibilität des Liberalismus mit dem starken Staat abgeleitet. Das ist freilich falsch.

                Besonders gerne habe ich an dieser Stelle die Wortverdreher die mit ihren "positiven Freiheiten" ankommen und so versuchen den Freiheitsbegriff zu einem sozialistischen Begriff umzumünzen.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Da stimme ich Dir voll zu.

       

      Ich finde auch, einige sollten mal über ihren Reflex nachdenken, den ich hier wieder lesen kann. Nehmt es denen ab, die es haben. Immer das Prinzip, zieht die von oben runter, statt unten das Niveau zu heben.

       

      Es werden doch genug Ingenieure und andere gut bezahlte Fachkräfte gesucht, warum lassen sich in dem Bereich zu wenig ausbilden?

       

      Oder warum sieht man viel Geld verdienen nicht mal als das an, was es oft ist. Risiko eingehen und extrem Zeit investieren.

       

      Wäre es nicht sinnvoller und besser 1% mehr Menschen dazu zu bringen, richtig erfolgreich zu werden und > 100.000 Steuern im Jahr zu zahlen. Da ist dann genug für den Sozialstaat übrig.

       

      Das Problem ist dann für einige politische Gruppierungen nur, man kann die "Erfolgreichen" dann nicht mehr so gut als die bösen Systemfeinde verkaufen.

       

      Ich rede hier nicht von Großkonzernen, die international Gewinne verschieben und Managern, die trotz Fehlentscheidungen, Millionen verdienen.

       

      Wobei auch hier, die schlechtesten Manager der Welt, die das meiste Geld zulasten der Bevölkerung "verbraten", die nennt man auch Politiker.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      „Die Menschen die man gerne stärker belasten würde kann man nicht, oder nur einmalig besteuern, danach sind sie weg und die Einnahmen bröckeln weg. Das ist das fundamentale Problem bei Umverteilung.“

       

      Wer hier geboren wurde, lebt und arbeitet, Familie, Freunde, Haus, Hof und Stammgolfclub hat, zieht nicht einfach mir nichts, dir nichts in ein anderes Land. Das ist eine gern bemühte wirtschaftsliberale Ausrede.

      Außerdem sind die Reichen früher, als die Spitzensteuersätze in Deutschland noch wesentlich höher waren, auch nicht alle abgehauen.

      Aber sicherlich wäre es besser, auch anderswo Vermögensschlupflöcher zu stopfen. Die deutsche Regierung war in den letzten Jahren ja hervorragend darin, anderen europäischen Staaten die Haushaltspolitik zu diktieren. Könnte ein Kanzler Chulz die ja mal zwingen, auch die Reichenbesteuerung zu verbessern. Wer‘s glaubt…

      • @Ruhig Blut:

        ....europäischen Staaten die Haushaltspolitik zu diktieren...

         

        Das ist die Selbstverschuldet. Wer sich nicht verschuldet muss sich von niemanden die Haushaltspolitik diktieren lassen.

         

        Und sie müssen sich nichts diktieren lassen - sie müssen nur die Scheiße, die sie sich selber eingebrockt haben, auch selber auslöffeln.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Die Menschen müssen nicht wegziehen, es reicht ja wenn das Geld verschwindet. Dafür kann man dann vielleicht einmal versteuern aber das wars dann auch.

        Es gibt doch jetzt schon zahllose Menschen die in DE wohnen aber ihren offiziellen Wohnsitz an einem anderen Ort haben.

         

        "Außerdem sind die Reichen früher, als die Spitzensteuersätze in Deutschland noch wesentlich höher waren, auch nicht alle abgehauen."

         

        Sie meinen mit "früher" die Zeit vor der Globalisierung in der man seine Millionen noch nicht als Bitcoins auf einem Smartphone durch die Gegend tragen oder per Mail verschicken konnte?

         

        "Könnte ein Kanzler Chulz die ja mal zwingen, auch die Reichenbesteuerung zu verbessern. Wer‘s glaubt…"

         

        Es gibt genug Länder deren Wirtschaft von der Steuerflucht profitiert. Deshalb besteht da kein Interesse das umzusetzen. Die Länder denen die Haushaltspolitik "diktiert" wurde hatten nicht nur ein Interesse daran, sondern waren von der EU abhängig. Das ist eine andere Ausgangslage. Da hat man ein Druckmittel.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Einkommen wird per Einkommenssteuer nur einmal besteuert, und zwar in dem Land, in dem der Hauptwohnsitz liegt, sich die Person also die meiste Zeit aufhält. Wer sein Einkommen unversteuert in ein anderes Land verschiebt, egal ob im Koffer oder per Bitcoin, begeht Steuerhinterziehung.

          Natürlich sind Anstrengungen nötig, die Steueroasen- und Bankgeheimnisländer dazu zu bringen, mit den deutschen Finanzbehörden zu kooperieren. Als das entsprechende Abkommen mit der Schweiz in Kraft trat, gab es umgehend eine Flut von Selbstanzeigen deutscher Steuerflüchtler (einschließlich der nachträglichen Versteuerung ihrer verschobenen Gelder), die damit der sonst drohenden Strafverfolgung entgehen konnten.

          Ein wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland kann in dieser Hinsicht einigen Druck auf andere Staaten ausüben. Noch viel wirkungsvoller ist aber natürlich eine EU-einheitliche Linie, wenn etwa der Zugang zum europäischen Markt auch von der Kooperation in Sachen Steuerflucht abhängig gemacht wird.

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @Ruhig Blut:

            Ich denke man muss da klar unterschieden zwischen Machbarkeit und Auswirkungen.

             

            Die wird teilweise funktionieren, teilweise nicht. Es wird auf jeden Fall Menschen geben die versuchen werden Lücken im System zu nutzen, damit sie um die Steuern herum kommen können und je höher die Steuerlast ist desto höher ist auch die Motivation dazu. Um reichen Menschen bei sowas zu helfen gibt es schon jetzt einen eigenen Wirtschaftszweig.

             

            Das andere sind die Auswirkungen und die sind der Hauptgrund dafür das ich gegen Umverteilung bin. Umverteilung macht Investitionen im betroffenen Land unattraktiv. Von den Unternehmen die hier sind werden viele nicht weg können. Einige werden daran pleite gehen. Der durchschnittliche Gewinn eines KMU liegt nämlich nur bei ~5% im Jahr. Weg können Konzerne und wenn sie nicht direkt abwandern dann werden sie zumindest zukünftige Projekte eher ins Ausland verlagern. So beginnt die Wirtschaft langsam zu stagnieren. Wenn die Wirtschaft dann genügend gelitten hat reicht das Maß an Umverteilung nicht mehr aus, weil der Kuchen insgesamt geschrumft ist. Dann muss jedes einzelne Unternehmen noch stärker gemolken werden. Dann befindet man sich endgültig in einer Abwärtsspirale. Das Wäre quasi das sozialistische Mustermodell. Gibt es zahlreiche Beispiele für.

             

            Alternativ gibt es dann auch noch das, nennen wir es mal Hedonisten Modell. Das ist die Variante die Griechenland gewählt hat. Könnte man auch Generationsbedingte Umverteilung nennen. Die jetzige Generation konsumiert sich auf Schulden dumm und dämlich und die eigenen Kinder müssen dafür ihr Leben lang Schuldendienst leisten.

             

            Warum so viele hier etwas gegen die Wirtschaft haben verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Das ist die Quelle unseres Wohlstandes. Der Staat sorgt nicht für Wohlstand, der ist lediglich administrativ tätig. Jeder einzelne Cent der über Sozialleistungen bei bedürftigen landet haben wir der Wirtschaft zu verdanken.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Sie schmeißen jetzt Versteuerung von privaten Einkommen und Vermögen und Unternehmensbesteuerung durcheinander.

              Die Unternehmen so zu besteuern, dass sie nicht mehr rentabel wirtschaften können, fordert niemand. Wenn man sich anschaut, wie wenig Steuern gerade Großkonzerne abdrücken müssen, und dass ein Unternehmen wie VW, das wegen Betrugs zig Milliarden an Strafzahlungen erwartet, sich gleichzeitig auch noch großzügige Gehaltserhöhungen seiner Topmanager leisten kann, zeigt sich übrigens schnell, dass auch hier noch viel Luft nach oben ist.

               

              Aber zu den Einkommen: Das Argument, dass eine höhere Besteuerung mehr Betrugsversuche nach sich ziehen würde, zieht nicht. Wenn irgendetwas gesetzlich sanktioniert wird, gibt es immer Verstöße gegen diese Sanktion. Und? Würden Sie (oder sonstjmd.) das als Grund bei anderen sinnvollen und legitimen Sanktionen gelten lassen?

              Und auch wenn mehr Leute dann der Strafverfolgung entgehen sollten, würde unterm Strich natürlich trotzdem mehr beim Fiskus landen. Dass die Leute deshalb nicht alle auswandern würden, siehe oben.

              • 3G
                33523 (Profil gelöscht)
                @Ruhig Blut:

                “Die Unternehmen so zu besteuern, dass sie nicht mehr rentabel wirtschaften können, fordert niemand.”

                 

                Das benennt niemand so aber jedes System das massiv auf Umverteilung gesetzt hat sorgte am Ende dafür das die Wirtschaft mit Vollgas gegen die Wand fährt. Das waren wohlgemerkt Länder aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen. Das Resultat war dennoch überall das gleiche.

                 

                Wer sagt: “Wir brauchen wieder Sozialleistungen wie vor der Agenda 2010” der muss verdammt viel Geld in die Hand nehmen. Diese Menge bekommt man nicht durch eine Lohnsteuererhöhung rein. Die Lohnsteuer macht nur knapp 25% des Bundeshaushaltes aus.

                 

                “dass ein Unternehmen wie VW, das wegen Betrugs zig Milliarden an Strafzahlungen erwartet, sich gleichzeitig auch noch großzügige Gehaltserhöhungen seiner Topmanager leisten kann, zeigt sich übrigens schnell, dass auch hier noch viel Luft nach oben ist.”

                 

                Mit welchem Recht wollen Sie denn jemand anderem sagen was er mit seinem eigenen Besitz anzustellen hat? Das Gehalt ist einzig und allein Sache der Vertragspartner. Wo ist auf einmal Ihr Sinn für Persönlichkeitsrechte?

                 

                “Das Argument, dass eine höhere Besteuerung mehr Betrugsversuche nach sich ziehen würde, zieht nicht.”

                 

                Irgendjemand hat mir mal gesagt Gesetze sollten so gemacht sein das sie umsetzbar sind. Fand ich irgendwie einleuchtend! Mal davon ab: Betrug ist das ja oft nichtmal. Starbucks zahlt nur ein paar % Steuern und das ist legal.

                 

                “Und auch wenn mehr Leute dann der Strafverfolgung entgehen sollten, würde unterm Strich natürlich trotzdem mehr beim Fiskus landen.”

                 

                Möglich ist das. Es kommt dann sehr auf die Implementierung und das Ausmaß an. Eine moderate, einmalige Erhöhung um ein paar Prozentpunkte würden sicher funktionieren.

                Aber diejenigen die für mehr Umverteilung sind sind meiner Erfahrung nach erst zufrieden wenn es den Einheitslohn gibt. Von daher würde es dabei nicht bleiben. (Siehe z.B. Schweden) Auch deshalb sehe ich das als Weg ins verderben.

                • @33523 (Profil gelöscht):

                  Wir hatten die Diskussion schonmal, äh hier: http://www.taz.de/Klassengesellschaft-in-Deutschland/!5368011/

                  und ich fürchte sie wird auch diesmal zu nichts führen.

                  Deshalb nur noch so viel: Eine Vermögensumverteilung findet de facto seit geraumer Zeit statt, und zwar von unten nach oben. Ohne staatliches Gegensteuern ist das in einer Marktwirtschaft wohl unvermeidlich.

                  Unser Wirtschaftsmodell soll aber bekanntlich eine „soziale Marktwirtschaft“ sein, in der ein allzu großes Auseinanderdriften der Eigentumsverhältnisse vom Staat verhindert wird. Das ist übrigens auch im Grundgesetz festgelegt, Art. 14, Abs. 2.

                  Die schrankenlose Anhäufung von und Verfügung über Vermögen um den Preis der Verarmung und Verelendung anderer als „Persönlichkeitsrecht“ zu bezeichnen, ist genauso grotesk, wie ein Recht auf Auslebung sonstiger niederer Triebe auf Kosten der Mitmenschen zu fordern. Und ich denke das wissen Sie im Grunde auch.

                  • 3G
                    33523 (Profil gelöscht)
                    @Ruhig Blut:

                    "Eine Vermögensumverteilung findet de facto seit geraumer Zeit statt,..."

                     

                    Der Begriff der Umverteilung passt hier nicht. Bei dem was hier, wie Sie ja auch sagen, als Nebenprodukt der Marktwirtschaft passiert steht das Umverteilen die Handelnden Personen nicht im Vordergrund. Man kauft etwas weil man es haben will. Das passiert Freiwillig. Umverteilung ist für mich immer etwas bei dem das Verteilen von Vermögen ein Selbstzweck ist.

                     

                    "Die schrankenlose Anhäufung von und Verfügung über Vermögen um den Preis der Verarmung und Verelendung anderer als „Persönlichkeitsrecht“ zu bezeichnen, ist ... grotesk...."

                     

                    Die Angestellten von VW verarmen weder, noch verelenden sie. Sie stellen hier einen Zusammenhang her den es nicht gibt.

                     

                    Es ist Ihr gutes Recht einen Vertrag mit Ihrem Arbeitgeber auszuhandeln. Wie der Aussieht geht niemanden etwas an außer den Personen welche diese Daten direkt verarbeiten müssen. Das dies besonders sensible Daten sind ist im Datenschutzgesetz klar geregelt. Warum diese Regelung Ihrer Meinung nach für Menschen die besonders viel verdienen nicht gilt ist mir nicht klar.

                     

                    Sie hätten hier einen Punkt, wenn es um bedienstete des Staates gehen würde. Da besteht in der Tat ein öffentliches Interesse daran wie viel Geld ausgegeben wird. Das ist aber eben nicht der Fall.

  • "Für diese Gerechtigkeitsfrage gibt es noch keine politische Sprache, keine politischen Handlungsoptionen. Eine solche Sprache samt Handlungsmöglichkeiten zu finden, das wäre auch eine Aufgabe für den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz."

     

    Wenns nicht so bitter ernst wäre - Mach Bosse! -

    "Söchst du Wust inn Hunnenstall?"

    (hochdeutsch: Suchst du Wurst im Hundestall?)

    kurz - Die Printe?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "(hochdeutsch: Suchst du Wurst im Hundestall?)"

       

      Gute Frage.

      Danke.

  • Es klingt ja alles herzlich, doch kann ein Ausgleich zu gegenwärtigen Bedingungen im wesentlichen nur zwischen den so unterschiedlichen "Lohngruppen" stattfinden, dass heißt der Wert der Arbeit allgemein müsste generell neu definiert werden. Nun gibt der Markt den Wert der Arbeit vor und wo hohe Rendite erzielt wird, nur dort kann der Lohn gehörig steigen. Wie und worüber sollte dieser Ausgleich passieren? Höhere Steuern für Unternehmen, die hohe Löhne zahlen? Standortnachteil!

    Ein Pferdefuß dabei wäre auch die schwindende Attraktivität des Unternehmens für Beschäftigte, wenn der Maschinenbau- Ingenieur im Ausland die gewohnt hohe Bezahlung erwarten kann. Es käme wohl zu einem Ausbluten an Fachkräften.

    Die Löhne der Unterbezahlten mit geringerem Ausbildungsstand wirklich drastisch anzuheben, erzeugte eine Teuerung, die für die Selben einer Nullrunde gleichkäme.

    Man kann also das Lohngefüge derzeit und unter dem Eindruck eines zunehmend auch globalisierten Arbeitsmarktes für hochgebildete Fachkräfte nicht so einfach verändern. Das Land der versuchten Lohngerechtigkeit hat eine Mauer bauen müssen, um diese Menschen festzuhalten.

    Ohne Marx´sens: Proletarier aller Länder...... wir das nix.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Es gibt vorläufig eine Alternative, jedenfalls für einige von uns, bis wir eine breitere Lösung fürs Dilemma haben: Verzicht.

       

      Schon recht früh haben sich Leute ausgeklinkt aus der Industriegesellschaft und einfachere Lebensformen gewählt, um Dingen nachzugehen, die ihnen so viel mehr bedeuteten als Kohle zu machen oder am Hamsterrad zu drehen.

       

      Zugegeben, es waren wohl in der Mehrzahl erst mal Leute aus eher besser ausgestatteten bürgerlichen Verhältnissen und Intellektuelle, die zu ihrer Zeit zum Beispiel auf den Monte Verità zogen und sie sind auch sicherlich in der Mehrzahl stets wieder auf die Füße statt ins existenzielle Nichts gefallen wenn sie, überdrüssig der exzentrischen Freiheit oder auch nur der Marotten anderer, vom Berg wieder herunterstiegen und der Gemeinschaft den Rücken kehrten.

       

      Aber fahren Sie heute in den Süden Frankreichs. Es gibt sie an vielen Orten, z.B. in Dep. Ardèche, vielleicht schon die dritte oder vierte Generation von Leuten seit '68, die auf dem Land oder in kleineren Kommunen mit kleinstrukturierter Landwirtschaft, Handwerk oder Kunsthandwerk "Anderes" ausprobieren und oftmals dabei aus freien Stücken auf sehr kleinem Fuß leben. Oft nicht frei von Existenz-Nöten, aber der Rücken auffallend gerade und die Augen selbstgewiss umherschweifend und die Kinder frei wie kaum sonstwo.

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Ja, es ist eine Option. Aber eben eine nur für solche, die den nötigen Idealismus, den Mut und das Selbstvertrauen dazu aufbringen. Viele Verblendete, Ängstliche sind einfach dazu nicht fähig. Ich kenne auch in D so eine Kommune, und ganz ohne Kapital zu diesem Startup ging´s auch nicht und oft rekrutieren sich diese Aussteiger aus den Kindern der Gutbürgerlichen.

    • @lions:

      War es in der DDR gerechter, weil der Facharbeiter an der Drehbank teilweise mehr als der Arzt in der Poliklinik verdiente? Der Produktivität und Arbeitsmotivation hat es jedenfalls geschadet. Und arm waren damals andere ...

       

      Wer Armut an der Menge des Geldes auf dem Konto verortet, hat wahrscheinlich noch nie die soziale Schicht gewechselt. Zwischen 1.000 und 10.000 Euro ist der Lebensstandard - aus der Vogelperspektive betrachtet - inhaltlich kaum zu unterscheiden. Der Besserverdienende zahlt in der Regel mehr für das Gleiche (ob Auto, Wohnung, Essen, Kleidung ...) ohne, dass er wirklich einen Mehrwert davon hat. Die sogenannten "Qualitätsunterschiede" sind doch nur Marketing.

      • @TazTiz:

        "War es in der DDR gerechter, weil der Facharbeiter an der Drehbank teilweise mehr als der Arzt in der Poliklinik verdiente? "

        Da missverstehen Sie mich. Ich heiße die DDR nicht gut, deshalb ja "versuchte Lohngerechtigkeit" Es war absurd, deshalb die Menschen einzusperren.

         

        Zum zweiten Absatz:

         

        Das Problem liegt darin, dass die Armut ja nicht in der Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse gelindert ist/ gesehen wird. Vielmehr ist es das Gefühl der Abgehängtheit und des Ausgeschlossenseins. Gutes Leben bedeutet nicht nur Essen, Warmhaben und und im Frieden leben. Man möchte es den Mitmenschen gleichtun. Armut bedeutet auch, nichts für die Alterssicherung tun zu können, wo doch die Aussichten eher düster sind; Von daher ist der 10000 €-Mensch auch aus der Vogelperspektive klar bevorteilt.

        • @lions:

          1.) Die Mauer wurde gebaut, weil die Akademiker gingen. Irgendwann gingen auch die Künstler. Die Arbeiter wollten zuletzt auch raus, weil sie nichts mehr kaufen konnten. Nur die handwerker blieben, denn die machten den besten Schnitt. Aber da war die DDR kaputt. Das Modell Lohngerechtigkeit hat nicht funktioniert.

           

          2.) Emotional bringen 10.000 Euro (netto sind es ja auch "nur" 5.000) eben nicht mehr als 1.000 Euro. Das Geld reicht auch nicht änger als der Monat, die Bedürfnisse sind durch den Blick nach oben genauso unerfüllt. Statt Wohngeld zu beziehen, wird ein zu teures Haus abbezahlt und bei Scheidung der Bank gegeben ... auch reicht kein alter Lada, sondern es muss der 10x teurere Mittelklassewagen sein ... was bei Kik ein paar Euro kostet, ist im Marken-Laden mind. 10x so teuer ... da ist auch egal, dass der Liter Milch fast überall gleich kostet.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Warum bekommt jemand in einem Verschleißjob nur einen Bruchteil dessen, was ein intellektuell arbeitender Mensch verdient, der auch jenseits des 65. Lebensjahres noch weitermachen kann? Warum verdient eine Altenpflegehelferin so viel weniger als ein Maschinenbauingenieur, der ein jahrelanges, vom Staat bezahltes Studium genoss, während die Pflegerin schon mit 25 im Schichtdienst schuftete?"

     

    Es gab eine Vorlesung in der "Einführung zu BWL" (vor 25 Jahren ;) wo so etwas mit dem Einflusskreis erklärt wurde: will the big boss richtig Asche machen, sagen wir mal der Winterkorn, dann werden die Leute in seinem Umfeld i.d.R. auch besser bezahlt - realtiv weniger (als %-Zuwachs) mit zunehmender Entfernung. Irgendwann mal wird gespart oder outsourced - normalerweise bei der breiten Masse der Dienstleister.

  • Die SPD war doch - fast - immer in der Regierungsbeteiligung, auch mittelbar (über den Bundesrat). Sie ist doch MITverantwortlich für die derzeitige Situation. Mit welchem Grund um Gottes Willen wird jetzt ausgerechnet ein SPD-Politiker als Heilsbringer gefeiert?

    Das ist doch nichts als romantisch- weltfremdes Wunschdenken. Aufwachen!

    Wer arm ist BLEIBT auch ARM! Egal wer BK ist!