Kommentar Anonymes Surfen: Keine Ausreden mehr
Seine Daten im Netz auch eigenverantwortlich zu schützen ist heute viel einfacher als früher. Hilfsmittel gibt es genug.
A lles viel zu kompliziert. Bringt ja eh nichts. Und der Klassiker: Ich hab doch nichts zu verbergen. Die Auswahl an Ausreden, sich bloß nicht mit dem Schutz der eigenen Daten im Netz auseinandersetzen zu müssen, ist groß. Die Bereitschaft, tatsächlich etwas zu tun, dagegen klein. Dafür kann es nur einen Grund geben: Faulheit. Denn sich ein kleines oder ein großes bisschen mehr an Privatsphäre zu verschaffen mag noch vor zehn Jahren schwierig und aufwendig gewesen sein. Aber die Netzwelt ist längst eine andere.
Einen Tor-Browser zu installieren, ist heute nicht komplizierter, als eine Waschmaschine zu bedienen. Das Installieren klappt sogar, wenn man noch nicht einmal weiß, was ein Browser ist, das wird dabei netterweise nämlich gar nicht abgefragt. Jedes Anfahren am Berg fordert mehr Zeit und Nachdenken als ein kurzer kritischer Blick auf die eigenen Onlineaktivitäten und die genutzte Software.
Zu einem E-Mail-Provider, der nicht alle Mails automatisch auf werberelevanten Inhalt scannt, lässt sich mit wenigen Klicks wechseln. Für einen Euro im Monat gibt es sogar den Luxus, dass nicht einmal der Anbieter weiß, wie man heißt und wo man wohnt.
Facebook-freie Messenger sind mittlerweile diverse im Angebot und sie sind nicht eine Nuance schwieriger zu bedienen als der Marktführer. Und Werbung zu blocken ist zwar für die Seitenbetreiber fies, führt aber meist zum richtigen Ergebnis, nämlich die Verfolgung durch haufenweise Werbeskripte gleich mitzublockieren.
Es sind die kleinen Schritte
Natürlich bietet nichts davon hundertprozentigen Schutz. Aber soll das ein Argument dagegen sein? Klimaschutz ergibt also nur dann Sinn, wenn man weder fliegt noch Auto fährt, auf Fleisch verzichtet und im Energie-plus-Haus wohnt? Im Gegenteil. Es sind die kleinen Schritte.
Jede persönliche Information, die nicht in den Händen datensammelnder Unternehmen landet, die nicht deren Geschäftsmodell füttert und die angelegten Profile anreichert, ist ein Gewinn. Es spricht also nichts dagegen, anzufangen. Jetzt. Damit der Wert der eigenen Daten nicht erst dann auffällt, wenn es zu spät ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld