Kolumne Wir retten die Welt: Mehr Geruch auch für die Paprika
Stinkstiefel, Müffelbadezimmer, Gülle: Duftnoten können unangenehm sein. Aber auch ehrlich. Was ist, wenn sie fehlen?
Ein Duft, der nach Klo riecht!“ K. kriegt sich gar nicht wieder ein. „Ein Scheiß-Parfüm!“ Keine Ahnung, was diese Nachricht jetzt in ihre Timeline gespült hat. Denn dass die millliardenschwere Stiftung von Melinda Gates und Ehemann Entwicklungen unterstützt, um aus dem künstlichen Kot-Geruch einen Antiduft zu kreieren, der WC-Gerüche neutralisieren und so Toiletten in Entwicklungsländern benutzbarer machen soll, ist nicht total neu.
Aber das ist es auch nicht, was sie aufregt. Sondern: „Die kriegen ja nicht mal was hin, das den Gestank meiner Turnschuhe überdeckt.“
Ja, da hat sie Recht. Ihre Laufschuhe stehen im Bad und nicht im Flur, aus Rücksicht auf ankommende Besucher. Schuh-Deos, Natron, Lüften – nichts half. Die Idee von Geruch und Antigeruch klingt also nur auf den ersten Blick abwegig. Auf den zweiten ist sie sogar ziemlich genial. Denn sie würde nicht nur das Problem von zu viel Geruch – unhygienische Toiletten, Luftraum um K.s Joggingschuhe – lösen. Sondern auch das Problem von zu wenig Geruch.
Zum Beispiel Pestizide. Die Paprika im Supermarkt riecht – im besten Fall – nach Paprika. Häufig nach nichts. Auch dann, wenn Greenpeace bei Laboruntersuchungen doch noch Pestizidrückstände finden würde. Was also, würden Kund:innen die Chemie direkt riechen? Produzent:innen von Biolebensmitteln kämen mit dem Anbauen kaum noch hinterher, ob der steigenden Nachfrage.
Her mit dem Fahrverbot!
Oder der Autoverkehr. Der Durchschnitts-Pkw stinkt heute kaum noch, pustet aber trotzdem kubikmeterweise Schadstoffe in die Luft. Wie wäre also ein Tank mit zusätzlicher Geruchsnote? Kund:innen könnten bei Bestellung sogar die Wahl haben: „Badezimmer, gerade benutzt“ oder „Rapsfeld, frisch mit Gülle gedünkt“ oder doch lieber „Umkleide im Fitnessstudio, direkt nach dem Spinningkurs“? Vielleicht fände dann ja auch das Verkehrsministerium Fahrverbote auf einmal ganz dufte.
Und natürlich ließen sich Geruch und Antigeruch auch kombiniert einsetzen. Kerosingestank? Nicht mehr für Anwohner:innen in der Abflugschneise, sondern für die Reisenden im Terminal. Den lieblichen Duft von Massentierhaltungsställen? Bekommt einfach, wer eine Packung Schinken öffnet.
K. hatte noch einen Versuch gestartet. Stinke-Spray aus dem Scherzartikelbedarf. Nun stehen die Schuhe außen auf dem Fensterbrett. Zweiter Stock. Schmal. Die Stinkbombe tickt. Noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen