piwik no script img

Kolumne Ich meld michHerr Yan brennt wieder

Fremdenführer sind An-die-Hand-Nehmer. Sie sind Botschafter ihre Landes. An manchen von ihnen erinnert man sich sehr gerne.

Fremdenführer in einem traditionellen Dorf in Namibia Foto: imago/imagebroker

I lona in Kiew, die mir die Stadt per Rad zeigen sollte, kippte nach zehn Metern um, weil sie gar nicht Fahrrad fahren konnte. Ahmed, der sich in Sanaa rührend um mich kümmerte, nahm mich am dritten Tag beiseite und meinte fragend: Hitler sei doch ein ganz Guter gewesen, oder – zumindest was die Sache mit den Juden anginge? Der löwenmähnige Sab, bei Aborigines aufgewachsen, zerschmetterte zornig eine Zuckerrohrkröte, weil sie das Tierleben seines geliebten Queenslands unwiderruflich dezimierte.

Fremdenführer sind An-die-Hand-Nehmer. Sie sind Botschafter ihres Landes. Pfadfinder, Leibwächter, Brückenbauer. Mal sind sie erheiternd, mal erstaunlich, mal erhellend. Dann wieder nur ermüdend. Ohne sie wären wir zwar nicht blind in der Fremde. Aber wir blieben dumm. Der blasierte Herr Yan, der seine Heimat schon viel zu oft viel zu vielen Gästen erklärt hatte, entzündete sich plötzlich wieder an der Begeisterung seiner Gäste und sprudelte vor Ideen, wie man die Tage in Japan noch intensiver nutzen könnte.

Die schöne May in Neufundland schleppte den 30-Kilo-Rucksack acht Stunden lang mit Blendaxlächeln durch den Gros-Morne-Nationalpark und trällerte beim Kochen John-Denver-Songs. In Kenia war es jener andere Ahmed, der auf dem Markt brüllend eine wachsende Gruppe brüllender Männer in Schach hielt, während er uns in den VW-Bus bugsierte und mit quietschenden Reifen losschoss.denkt sind ganz unterschiedlich

Bilder von Städten verblassen im Lauf der Zeit. Denkt man an die Menschen zurück, die sie einem nahegebracht haben, nehmen sie wieder Konturen an und saugen sich mit Farben voll. Es gibt Führer, die wenig Ahnung haben, die sich gern bewundern lassen, die einem nach dem Mund reden und glauben, sich dauernd für die Rückständigkeit ihres Landes entschuldigen zu müssen. Und es gibt jene, die jeden neuen Gast als Herausforderung ansehen und ihm ihr bisher so stiefmütterlich behandeltes Stück Erde mit Leidenschaft und Überzeugungskraft ans Herz legen. Die sind ein Geschenk. Die wollen wir.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Danke, so ist das!

    Die paar Euros ist das immer wert, immer!

     

    ...und wenn dann im Hotel der Guide und der Driver das Hotelbuffett lobpreisen obwohl das irgendwie gar nicht so toll aussieht... aber man müsse doch essen vor dem langen Tag. Und Guide und Driver unisono: Nee nee, hier in diesem Htel essen wir doch nix; sind dann auch stets heitere Momente!