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Kolumne „German Angst“Die Neid-Partei

Sonja Vogel
Kolumne
von Sonja Vogel

Die vom kollektiven Ödipuskomplex Befallenen wollen die gute Mutter stürzen und durch einen Autoritären ersetzen. Einen, der sie arm machen wird.

Die da oben Foto: dpa

D en Fans der AfD geht es ziemlich gut. Nach einer Umfrage von TNS Infratest halten 79 Prozent des rechten Fußtrupps ihre wirtschaftliche Situation für „gut“ bis „sehr gut“.

Nur den AnhängerInnen der Grünen scheint die Sonne noch heller aus dem Arsch. Das ist erstaunlich, wenn man sich die Jammerer anhört, die den bettelarmen Neuankömmlingen das Brot unter der Butter neiden. Vom Taschengeld oder einem Handy ganz zu schweigen.

Von wegen: abgehängte Deutsche, von wegen: der Osten, ein Jammertal. Die AfD liegt bundesweit bei 13 Prozent. Aber apropos neiden. Vielleicht geht es genau darum, um den Neid? Was ist das Ressentiment letztlich anderes als dessen feigste Variante?

Vielleicht hilft es also, den kollektiven Neid näher zu betrachten. In der Psychoanalyse steht er am Anfang der sozialen Beziehungen: Neid auf das Potential, die Macht, den Phallus des Anderen. Nach Freud entsteht daraus der Ödipuskomplex.

„Die da oben“

Und auch in den Gefühlen der mannhaft gewordenen Bevölkerung dominiert die Feindseligkeit gegenüber denen „da oben“, der Vater- oder Mutterfigur. 88 Prozent der AfD-lerInnen meinen, „die da oben in der Politik“ machten was sie wollten. Und nicht das, was sie wollen.

So wird die Regierung abgestraft, obwohl sie den Enttäuschten all ihre Wünsche erfüllt hat: Die deutschen Grenzen werden zwar nicht direkt dicht gemacht, dafür hat man jetzt den Wehrbauern Türkei, der die Schmutzarbeit tut: Abschiebung afghanischer Flüchtlinge, Internierung, die Umfunktionierung der griechischen Inseln zu Haftlagern. Die Merkel-Regierung etabliert im Windschatten ein hartes Regime mit „Integrationszwang“ und Residenzpflicht.

Aber die vom kollektive Ödipus Befallenen wollen den guten Vater (bzw. die Mutter) stürzen, um an seine Stelle einen autoritären, einen schlechten zu hieven, einen, der absolut nicht in ihrem Interesse handelt. Einen, der sie arm machen wird, den Rest des sozialen Sicherungssystems abschaffen will, die Arbeitslosenversicherung, die (sexuelle) Selbstbestimmung auch. So wird alles eng und klein. Zurück in die selbst verschuldete Unmündigkeit.

Eine ziemlich destruktive Sache. Aber Bestätigung bekommen die AfD-AnhängerInnen von allen Seiten. Die SPD etwa springt nach jedem Stöckchen, damit man sie nicht ganz vergisst. Der Parteichef offeriert den Deutschen ein Sozialpaket. Eines nur für sie. Damit sie nicht mehr neidisch sein müssen. Logik à la Gabriel – wenn die Zustimmungsraten sinken, nimmt die SPD lieber den Rechten das Ruder aus der Hand.

„Pack“

Ausgerechnet diesen Robin Hood der Deutschen bezichtigte Kollegin Petry nun einer „zutiefst undemokratischen Haltung“, weil er die Heidenauer Bürgernazis „Pack“ genannt hatte. Jene WählerInnen, die die SPD an die AfD verloren hat, führt Andrea Nahles wieder heim – mit dem Plan, Flüchtlinge für einen Euro schuften zu lassen. Um sie an den Arbeitsmarkt „heranzuführen“.

Wer hätte gedacht, dass Arbeitszwang auch eine Möglichkeit der Abschaffung des Arbeitsverbots sein könnte? Tja. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.

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Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
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16 Kommentare

 / 
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Bin mal gespannt, wann die schreibende Zunft sich an diesem unappetitlichen und ausgezutzelten Thema endlich abgearbeitet hat.

     

    Bei zwanzig Prozent vielleicht?

  • Wer redet hier eigentlich vom "Arbeitszwang"? Allein aufgrund des letzten Absatzes kommt man wohl nicht umhin Frau Vogel einen veritablen ebensolchen zu diagnostizieren.

     

    Offensichtlich hat sich die Verfasserin noch nie damit beschäftigt, in welcher Situation sich die Flüchtlinge befinden, die zu vollkommener Untätigkeit verdammt in ihren "Sammelllager" genannten Ghettos stumpf die Zeit absitzen bis zu einer Entscheidung über ihren Asylantrag. Die Möglichkeit zu schaffen, diese totgeschlagene Zeit mit irgendeiner kleinen Art von Sinnhaftigkeit zu beleben, die den menschen wieder etwas Würde zurückgibt, mit diesem "Unwort" aus der Nazi-Vergangenheit zu belegen, das hat etwas, was sich kaum in Worte fassen läßt.

     

    Bei aller notwendigen kritischen Distanz zur Grossen Koalition, aus beruflichen, wie vermutlich auch persönlichen Gründen, sehe ich hier ein notwendiges Mindestniveau in einer Art und Weise unterschritten, die nur noch eine Mischung aus Abscheu und Bedauern über das Fehlen von Talent und die intellektuelle Fähigkeit, Begriffe ordentlich zu sortieren und einordnen zu können.

  • Ich kanns nicht mehr hören , jeden Tag irgendetwas über die Afd(sehr konservative Partei von vorgestern zurück zu den 50iger )Ja es stimmt mit dem Neid aber wie ist er erstanden? und die Afd hat es glänzend verstanden mit einem einzigen Thema und dem Deutschlandfähnlein die Unzufrieden zu ködern. Die Presse soll sich mal mit dem Parteiprogramm steht auseinander zu setzen z.b Wehrpflicht, die Rechte der Frau usw. Und sorry die da glauben die Afd kommt irgendwann durch demokratischen Wahlen an die Macht der täuscht sich wieviel Frauen würden die wählen? und von anderen kleineren Gruppen ganz zu schweigen.Die SPD ist durch irgendwie schuld an der ganzen Misere (Agenda 2010)Was wir bräuchten starke Gewerkschaften wo sich für mehr Lohn und besssere Arbeitsbedingungen einsetzen starke linksorientierte Parteien und auch der Bürger wo auf die Gasse geht und sich für eine gerechte Lohnpoltitk einsetzt und mehr soziale Gerechtigkeit für alle die in diesem Land lebenUnd genau das will die AFD nicht wenn man sich Ihr Wahlprogramm ansieht, dann gehen die letzten sozialen Erungenschaften wo sich vergangene Generationen eingesetzt haben den Bach runter..

  • "...führt Andrea Nahles wieder heim – mit dem Plan, Flüchtlinge für einen Euro schuften zu lassen. Um sie an den Arbeitsmarkt „heranzuführen“."

     

    Willy Brandt hätte seine Ur-Enkel Nahles und Gabriel (der kein Engel ist) aus dem Tempel gejagt, aus dem Heiligen Gral der Sozialdemokratie. Der Enkel Gerd entschied sich freiwillig (?) für das Luxus-Exil seines lupenreinen Freundes...

  • Na besten Dank, jetzt musst ich mir vorstellen wie Lucke mit der Mutti schläft (von wegen Ödipus). Das gibt Alpträume!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Der Parteichef offeriert den Deutschen ein Sozialpaket. Eines nur für sie."

     

    Ich dachte eher, dass es ein Paket für gesamte Bevölkerung sein sollte. Unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

    Nichtsdestotrotz bleibt es pure SPD-Augenwischerei und billiges Ablenkungsmanöver.

  • "Der Parteichef offeriert den Deutschen ein Sozialpaket. Eines nur für sie. Damit sie nicht mehr neidisch sein müssen."

     

    Ich finde das ausnahmsweise mal gar nicht verkehrt, denn langsam braut sich auch bei den allerUNneidischten was zusammen, natürlich nur bei denen, die es betrifft: Die wirklich armen "Deutschen" (mit ALGII, Sozialhilfe oder knapp drüber und damit noch weniger).

     

    Es kann einen schon treffen, wenn z.B. gebrauchte gute Haushaltsgeräte, Fahrräder oder neue Winterklamotten nur oder nur noch "vorzugsweise" an Asylbewerber abgegeben werden - und das dann auch noch kostenfrei und am besten gleich persönlich angeboten.

     

    Das zeigt meines Erachtens, dass a) Asylbewerber im Denken der HelferInnen scheinbar alle "gut" und "unverschuldet bedürftig" sind, denen man gerne hilft und b) dass im Gegenteil, z.B. Hartz IVler vermutlich und vermeintlich alle selbst dran schuld seien und die Hilfe und Unterstützung nicht wert sind, weil man damit vielleicht ihre angebliche Faulheit noch unterstützt. Oder eben, weil die sog. Mitte ja davon ausgeht, dass ein Leben mit Hartz IV purer Luxus ist.

     

    Wer bitte macht denn solche niedrigschwelligen Angebote, egal ob Konsumgüter oder Freizeitangebote für "Deutsche" Bedürftige? (Ohne Papiere vom Amt und ohne Abzug von monetären Leistungen?)

     

    Langsam nimmt das schon absurde und vermutlich politisch auch gefährliche Ausmaße an. Nicht das Helfen und Schenken an sich, aber die Einseitigkeit, mit der das auf aktuelle Flüchtlinge ausgerichtet wird.

     

    Ich wünsche mir so ein Engagement AUCH eben für die Menschen, die schon länger hier leben und auch das ein oder andere sehr gut gebrauchen könnten, was sie selbst nicht bezahlen und/oder organisieren können.

    • @Hanne:

      Das für mich interessante ist, dass die TAZ vor ein paar Monaten einen Artikel über Obdachlose in Hamburg hatte, der sorgfältig nachzeichnete, wie der hier beklagte "Neid" zustande kommen kann.

    • @Hanne:

      Guten Tag Hanne,

      ich denke dass Du dich irrst. Meines erachtens gibt es eine nicht zu unterschätzende Hilfsbereitschaft bzw. Selbshilfe für Bedürftige in Deutschland. Gib nur mal Harz4_Hilfe in eine Suchmaschine ein.

      Ich denke man kann von hier sozialisierten Erwarten dass Sie Hilfe organisieren können. Ich denke auch Du wirst mir recht geben wenn ich sagen dass die Situation in Erstaufnahmestellen zu mancher Zeit kaum mit denen hier üblichen Lebenstandarts vergleichbar.

      Ich gebe Dir recht der Druck auf milde Gaben und Wohnraum wird größer, daraus lässt sich allerdings nicht auf deine Punkte a und b schließen.

      • @FriedrichH:

        Die Web-Präsenz der H4-Hilfe darf gewiss nicht über den tatsächlichen Stand hinwegtäuschen. Die meiste Hilfe bekommt man in rechtlichen Dingen und Antragstellung. Sicher nicht unwichtig !

        Ein Beispiel aus dem echten H4- Leben:

        Die große der Töchter (13) einer Alleinerziehenden mit H4 ist aus den Kinderzimmermöbeln(Blau,Gelb, Rot und abgenutzt, zweite Hand) heraus gewachsen. Gang zum Jobcenter: Absage einer Übernahme, weil keine Erstausstattung mehr. Die Bezieherin muss für Neues ansparen; Verweis zum Sozialkaufhaus zu Selbstkosten. Dort steht einiges in der Auslage, doch alles reserviert ( Preisklasse 50 -150 €). Der Möbelverkäufer meinte mit einem Seufzer, dass die regionale Flüchtlingsinitiative seit einigen Monaten alles regelmäßig leer kauft, und es gebe dagegen keine Handhabe bzgl. Quote o.ä. Fast alle hiesigen Bedürftigen gehen leer aus.

        Das erzeugt Frust. Ohne dass Flüchtlinge dafür verantwortlich gemacht werden können, werden sie dadurch Ziel von Anfeindungen. Es ist eine Art selektive Wahrnehmung von Not in Armut entstanden, die Sprengstoff in sich birgt. @Hanne kann ich da nur voll beipflichten.

    • @Hanne:

      nun, wenn das so stimmt, wie Sie schreiben, dann könnte ich Parallelen sehen zur "Umgarnung" der DDR-Flüchtlinge ib den 50ern. Aus politischem Kalkül, nicht aus purer Menschlichkeit.

       

      Wir kamen Mitte der 50er aus der DDR. Schnell war eine Wohnung da und eine Arbeit. Für meinen Vater, ehem. Ost-CDU-Mitglied - jetzt wieder in der CDU. Diesmal, blöd, war sie aber Staatspartei...

       

      Unsere "einheimischen" Nachbarn eines westfälischen Flüchtlingslagers, einfache Leute vom Land: "Euch stecken sie es in den A... - wir haben es auch nicht so dicke. Die Neid-Chose klappte.

       

      Die kleinen Bauernkinder riefen über den Lagerzaun: "Bisse Flüch'lingk, watt willze eibentlich hier, geh dahin zurück wo'ße hergekommen biß!"

      • @Gion :

        Ich habe wie gesagt nichts gegen die Hilfe für Flüchtlinge - im Gegenteil. Auch bin ich nicht der Meinung, dass sie wieder dorthin zurück gehen sollen, wo sie herkamen. (Nur um das nochmal klar zu stellen)

         

        Ich möchte wirklich nur darauf hinweisen, dass die jetzige Situation - die selektive Wahrnehmung - "Sprengstoff" in sich birgt (wie ANAMOLIE gut formulierte). Die Parallelen zu den DDR-Flüchtlingen sind interessant, wobei ich den Unterschied sehe, dass die heutige Flüchtlinge ja eher auch von ehrenamtlichen Privatmenschen "umgarnt" werden und weniger von der Politik. Die Politik, insbesondere Frau Nahles als Ministerin, scheint wirklich nicht sehr viel vom heutigen Arbeitsmarkt und den Lebensverhältnissen vieler Menschen, die hier schon länger in relativer Armut leben und oft auch gesundheitlich eingeschränkt sind, zu wissen.

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Es ist natürlich leicht, die AfD, die sich immer wieder in kleineren und auch größeren Skandale verheddert und für den profunden intellektuellen Demokraten oft zu unappetitlich daherkommt, als rassistisch, rechtsradikal, zumindest aber rechtspopulistisch und damit unwählbar zu charakterisieren.Wir sollten dabei aber nicht vergessen, die wirklichen Gefährder unserer demokratischen und sozialen Ordnung zu entlarven. Denn diese kommen weit überwiegend aus dem politischen und wirtschaftlichen Establishment, an dem die AfD zumindest bis dato kaum einen Anteil hat.

    • @33324 (Profil gelöscht):

      Gerade die AfD mit ihrem ultrakonservativ-neoliberalen Programm stellt die Essenz dessen dar, was die Etablierten in den letzten 25 Jahren verbockt haben.

    • @33324 (Profil gelöscht):

      (...) Wir sollten dabei aber nicht vergessen, die wirklichen Gefährder unserer demokratischen und sozialen Ordnung zu entlarven. Denn diese kommen weit überwiegend aus dem politischen und wirtschaftlichen Establishment, (...).

       

      Allerdings. Und diese Gefährder haben nicht selten ein grünes oder rosarotes Parteibuch. Und gehen nicht selten bis zum Erbrechen mit ihrer "einfachen Herkunft" hausieren.

       

      Längst sind sie Hausbesetzer am Wannsee - oder cremen sich auf Sylt mit Öl ein - von lupenreinen Demokraten.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "...führt Andrea Nahles wieder heim – mit dem Plan, Flüchtlinge für einen Euro schuften zu lassen. Um sie an den Arbeitsmarkt „heranzuführen“."

     

    Na, dann fühlt sich Marine Le Pen doch bestätigt:

     

    (http://www.spiegel.de/politik/ausland/front-national-unterstellt-deutschland-interesse-an-arbeitssklaven-a-1051675.html)