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Kolumne EierDas Patriarchat in Reinform

Sie ist männerbündisch, mafiös und wie eine Burschenschaft – die katholische Kirche. Jetzt muss der Laden mal aufgeräumt werden.

Endlich ist die katholische Kirche mal ein kleines bisschen fucked Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

S ie ist so männerbündisch wie Ballsportvereine und Männersingkreise in dem Sinne, dass niemand auch nur auf den Gedanken käme, andere Geschlechter aufzunehmen. Sie ist so mafiös wie die klischeetriefenden „Pate“-Filme, weil sie zu bedingungslosem Schweigen im Sinne der größeren Sache animiert; und sie ist wie eine Burschenschaft in der Art, wie sie Initiationsriten und Verschworenheit pflegt. Sie ist Patriarchat in Reinform – und sie ist endlich mal ein kleines bisschen fucked: Die katholische Kirche arbeitet sich durch x-tausend Fälle sexualisierter Gewalt. Was die Glaubwürdigkeit der Organisation wiederherstellen soll, enthüllt zunächst mal ihre Fratzen.

Verstehen Sie mich nicht als Zeloten, ich liebe Weihrauch und Buntglasfenster, gregorianische Gesänge und Rosenkränze, vergoldete Heiligenfigürchen und Himmelbetten, die durch die Stadt getragen werden. Der pompöse, verschwenderische, hyperritualisierte Katholizismus war mir immer lieber als die karge Lobpreispragmatik der anderen Strömungen. Aber politisch ist die katholische Kirche ein Albtraum.

Es ist zwar dasselbe Patriarchat, das auch außerhalb existiert, aber drinnen agiert es ungestört von Mechanismen, die sonst seine üble Wirkung etwas mildern – Demokratie, allgemeine Gleichbehandlungsgesetze, Märkte, Verstand. Die Kirche ist ein Einmachglas für seine übelsten Formen: Frauenverbot bereits im mittleren Management. Feudalismus. Irrationalität. Und das alles gerahmt von einer christlichen Sexualmoral, in der Lust etwas ist, für das man um Vergebung bittet.

Der Laden wird aufgeräumt

Nun hat also der Reformerpapst – der sich auffällig oft bei wichtigen Reizthemen unglücklich ausdrückt – versprochen, den Laden aufzuräumen. Deswegen redet der Vatikan gerade über sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Frauen. Über Studien, die allein in Deutschland von weit über tausend Tätern und gut doppelt so vielen Opfern ausgehen. Pünktlich erscheinen dann auch wieder Bücher über die „homosexuellen Netzwerke“ im Klerus, wie das des Franzosen Frédéric Martel.

Und die Allerverstaubtesten stimmen freudig zu. Homosexualität sei das Problem, nicht die Machtstrukturen, schreibt der deutsche Rentner Walter Brandmüller, der früher als Kardinal gearbeitet hat. Es ist der letzte Versuch, das alte Schattenspiel wiederzubeleben, nachdem sexualisierte Gewalt eine Frage der Sexualität ist und nicht der Gewalt. Das läuft zum Glück heutzutage nicht mehr. Dank #MeToo und dank der Studien, und meinetwegen auch dank Franziskus, fallen wir darauf kein weiteres Mal herein.

Leider hat der Herr Brandmüller aber auch etwas gesagt, womit er recht haben könnte. Der dpa sagte der geistreiche Geistliche im Januar: „Was in der Kirche an Missbrauch passiert ist, ist nichts anderes, als was in der Gesellschaft überhaupt geschieht.“ Das könnte nicht ganz falsch sein. Denn das Patriarchat wirkt ja auch hier draußen. Die Kirche ist bloß sein Meisterstück.

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Peter Weissenburger
Freier Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, queeres Leben, Wissenschaft.
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5 Kommentare

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  • PS: Durch die Straßen getragene Himmelbetten finde ich auch schön. Und meine Gipsmadonna hat oft Rat für mich. Und Jesus, der würde die alle, alle, alle aus den Tempeln jagen!

  • Dank #MeToo und dank der Studien, und meinetwegen auch dank Franziskus, fallen wir darauf kein weiteres Mal herein.

    Der Franz hat leider nicht geliefert, was zu erhoffen war. Schwurbelt weiter herum, wie seine eloquenten und rethorisch geschulten Bischöfe. Missbrauch... klingt so wie Alkoholmissbrauch. Ein Glas zu viel am Abend kann schon schädlich sein! Nein, es ist nicht Missbrauch, es sind VERBRECHEN. SCHWERE VERBRECHEN UND VERBRECHER. UND SOLCHE, DIE ES DECKEN.

  • Na Servus

    Petros - Ha no. 'Der Stein bestimmt das Bewußtsein^¡^' Genau Genau. Bau Bau.



    & Däh!



    “…Der pompöse, verschwenderische, hyperritualisierte Katholizismus war mir immer lieber als die karge Lobpreispragmatik der anderen Strömungen. Aber politisch ist die katholische Kirche ein Albtraum.…“

    Tja - Wer‘s braucht - wa. Na. Dann^!^



    Isses ja auch eh egal. Welche doch der -



    Drei Betrüger. Newahr.



    Normal.



    Njorp.

    Anschließe mich Hannibal Corpse.



    Durch Händchenpatschen werden dero Elefanten nun mal nicht über diese -



    Alps of Deasater zu kriegen sein. •

    'Sehn Sie welche^?^ Eben. Ich patsch ja'



    & Liggers:



    EndeGelände

    Na Mahlzeit

    • @Lowandorder:

      Anders gewendet.

      Solange solche selbstverleugnenden Zeloten die Mehrheit - ja die Masse bilden&ausmachen. Newahr.



      Werdense den Laden halt auch nicht -



      Übernehmen. Eben. Normal.

      Aber. Dess. Braucht ja auch niemand.



      Eben. Normal - wa^!^

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Verstehen Sie mich nicht als Zeloten, ich liebe Weihrauch und Buntglasfenster, gregorianische Gesänge und Rosenkränze, vergoldete Heiligenfigürchen und Himmelbetten, die durch die Stadt getragen werden. Der pompöse, verschwenderische, hyperritualisierte Katholizismus war mir immer lieber als die karge Lobpreispragmatik der anderen Strömungen."

    Was haben ästhetische Vorlieben mit religiöser Eiferei zu tun? Wäre denn eine atheistische Kritik Eiferei?



    Ich persönlich habe ja eine starke ästhetische Abneigung gegenüber vorauseilendem Gehorsam. "Ich hab ja nichts gegen den Katholizismus, aber..."? Also ich hab wirklich was gegen den Katholizismus mit seinem Logozentrismus, dem Messianismus, dem ritualisierten Kannibalismus und dem dazugehörigen apokalyptischen Denken! Das liegt nicht an willkürlichen metaphysischen Vorlieben, sondern an dem schädlichen Einfluss, den das Zusammenspiel des Stammelns im Gebet einerseits und des Verbots der unausgelegten Zungenrede andererseits (vgl. die Paulusbriefe) im Kontext des Phonozentrismus auf das Denken hat.



    Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich dieser rituelle Komplex reformieren ließe. Darüber macht dieser Artikel auch keine Vorschläge. Ich sehe es als unterkomplex an, Religionskritik lediglich aus politischen Endforderungen heraus zu stellen. Leider gibt es nicht viele Intellektuelle, die eine dekonstruktive Phonozentrismuskritik mit konkreter religiösen Erfahrung zu verbinden mögen. Aus "kritisch-buddhistischer" Sicht heraus lassen sich die meisten unintendierten Konsequenzen der Gebets- und Mantrapraxis vermeiden, wenn statt dessen ein "Schweigen gegenüber der Unendlichkeit" geübt wird. Nehmen Atemübungen den Platz des Gebets ein, bekommt auch die konkrete Historie den Platz des "(Welt-)Geistes" zugewiesen. Damit wird eine historisch-kritische Position nicht nur religiös legitim, sondern sogar zur Tugend. "Awareness" bzw. Wachheit sind die Werte einer kritischen Emanzipationsbewegung als auch einer kritischen Religiösität.