piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinNur mit Pimmel! Ups, mein Fehler

Kolumne
von Silke Burmester

Ihre Berichterstattung zum WM-Finale der Frauen haben wichtige Online-Publikationen so gut versteckt, dass die Autorin sie zunächst übersah.

Weltmeisterin: US-Kapitänin Abby Wambach Foto: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Ich schäme mich so. Ich habe echt was verbockt. Und zwar hier. Genau hier. Also nicht hier, auf dieser Seite, aber auf all den Seiten der taz, die schon im Druck sind und nicht mehr zurückgeholt werden können. Und in Süd- und Westdeutschland ausgeliefert werden. Und zwar habe ich mich sehr, also extrem sehr darüber aufgeregt, dass in der Nacht des WM-Finales vor drei Tagen die Internetseiten der wichtig-wichtig Publikationen wie die des Spiegel, des Stern und die der Tagesschau nicht live berichtet haben.

Und ich dachte, toll, ein WM-Finale mit Pimmel wird natürlich im Sekundentakt dargestellt, aber eines ohne Pimmel nicht. Und fand das böse und arrogant und überheblich und ignorant und einen Beleg dafür, wie blöd Männer in Führungspositionen sind. Aber der Sachverhalt ist ein anderer. Spiegel Online hatte einen Liveticker.

Ich habe den bloß nicht gesehen. Angeblich stand der rechts auf der Seite, wo die immer stehen. Wohl aber, weil ich es gewohnt bin, dass auf meinem Smartphönchen oben, im Kopf die Ergebnisse angezeigt werden – was sie nicht wurden – habe ich den vor lauter Ärger nicht gesehen. Und die Tagesschau berichtet nie aus laufenden Spielen. Bei stern.de, die ich in meinem Text auch ankacke, habe ich nun wirklich nichts entdeckt, aber vielleicht hatten die ihre Berichterstattung in der Spalte mit den Frisurentipps und ich habe es deshalb nicht gefunden.

Wie es so meine Art ist, war ich recht deutlich und habe die Verantwortlichen als Kotzbrocken bezeichnet und auch auf die Frauen in Führungspositionen geschimpft, die es zulassen, dass so ein WM-Finale mit Frauen einfach keine Rolle spielt. Dafür möchte ich mich in aller Form und ausdrücklich entschuldigen. Ich hoffe sehr, dass all die Leute in Süd- und Westdeutschland, die die taz mit dem Text kriegen, keine Lust aufs Lesen haben und den Artikel nicht angucken.

Wobei die Ausgabe natürlich Seltenheitswert bekommen und sicherlich als Sammlerstück bald hoch gehandelt wird. Also, wie gesagt, ich bitte um Entschuldigung. Mir ist jetzt etwas übel und ich brauche unbedingt Ablenkung. Wie gut, dass der Übergang aus dem alten Text so prächtig passt, denn da steht: Ich möchte jetzt augenblicklich Erdbeertörtchen und Champagner!

Wo ist eigentlich Gruner & Jahr, wenn man die mal braucht? Da soll es ja jetzt so etwas geben. Falafel wurde von der Karte genommen, nachdem, wie ich den Radionachrichten entnahm, viele MitarbeiterInnen einer Lebensmittelvergiftung anheim fielen. Wahrscheinlich hat die toxische Wirkung der Kantine schon länger auf das Hirn gewirkt, anders ist es nicht vorstellbar, dass als Untertitel für ein neues Heft der Slogan gewählt wurde „Frauenmagazin für die 3. Lebenshälfte“.

Ja, wenn man bei Gruner nicht irgendwann sehr freundlich in Auflösungsverträge und Vorruhestandsregelungen gedrängt wird, kann man da so alt werden, bis man völlig balla balla ist. Dass Totgesagte plötzlich wieder auferstehen, dieses interessante Phänomen lässt sich aktuell sonntags an Günther Jauch beobachten. Kaum hat der das Handtuch in den Talkshow-Ring geworfen, häuft sich die Zahl seiner Zuschauer. Und zwar dergestalt, dass es den ARD-Verantwortlichen die Tränen des Verlassenwerdens in die Augen treiben wird.

Allerdings sind seine Quoten nur so dufte, wenn „Griechenland“ das Thema ist. Man darf fragen, wer länger durchhält, der Pleitestaat oder Günni Jauch, der zum Ende des Jahres bei der ARD seinen Geist aufgibt. Zum Glück haben aber auch andere Sendungen schöne Töchter. Ich bin – wie schon nach der letzten WM – nun wieder sehr verliebt in Abby Wambach und lasse mir heute nachmittag ihr Bild auf den Helm airbrushen. Und damit zurück nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Ich finde ja auch dass die Frauen WM mehr Beachtung verdient als sie bekommt. Und das durchaus auch aus feministischen Gedanken. Aber solch tumber Sexismus ist kein Feminismus und zementiert nur was schon Jahrhunderte in Europa in dieser Hinsicht schiefläuft. Trotz alledem witzig geschrieben wenn auch leider selbst disqualifiziert. So eine Art man könnte sagen süßsaurer Erguss von Frau B. Schönen Tag ;)

  • @Rainer B.

    "Es gibt einfach Wichtigeres als Fußball und Frauen..." Achwas. Was?

     

    "Die meisten Männer haben das mit Abschluss der Pubertät auch kapiert.." Wirklich?

     

    Für viele Männer ist Pubertät doch die zweite Lebenshälfte - und die dritte findet erst nach dem Abpfiff statt.

    • @lichtgestalt:

      Ja! Und weil das offensichtlich alles ganz anders ist, hatte ich insgeheim gehofft, man könnte die Ironie in meinen Zeilen auch sofort erkennen.

      "Vertan, vertan - sprach der Hahn, als er von der Ente kam."

  • Der Medienmarkt ist halt - teilweise - demokratisch aufgestellt. Üppige Live-Berichterstattung gibt es daher von Veranstaltungen, die wirklich viele Medienkonsumenten interessieren. Es ist bedauerlich, wenn eine Medienschaffende nicht die Demut aufbringt, diesen Einfluss der Zuschauerentscheidung zu akzeptieren, und die Schuld für fehlende Gleichstellung in der Medienaufmerksamkeit einzig bei den Anbietern ablädt.

     

    Im Übrigen kommt es sicher nicht auf den Pimmel an, wenn das Zuschauerinteresse in so überwiegendem Maße dem Männerfußball zufliegt. Ich würde die Gründe eher bei den tertiären als den primären Geschlechtsmerkmalen vermuten: Größerer Muskelanteil, mehr Schnellkraft und Ausdauer sowie der höhere Testosteronspiegel bei männlichen Fußballern ermöglichen einfach auch eine attraktivere Spielgestaltung:

     

    Erstens geht Alles schneller. Das mag überforderte Laien eher stören, aber unser geliebtes Vaterlandd besteht bekanntlich ausschließlich aus potenziellen Nationaltrainern.

     

    Zweitens sieht man mehr funktionierende Spielzüge. Ein Schweinsteiger braucht sich einfach nicht so anzustrengen, um einen 35-Meter-Pass zu schlagen wie z. B. eine Leupolz und kann sich mehr auf die Präzision und die Positionen von Mitspieler und Gegner konzentrieren.

     

    Drittens ist der Pool an talentierten Spielern mit Y-Chromosom, die sich gegenseitig zur Verbesserung animieren, ungleich größer, weil Jungs in der Pubertät und darüber hinaus hormonell bedingt den körperlichen Wettkampf suchen und deshalb tendenziell mehr am Sport ihrer Kindheit festhalten (ich will nicht leugnen, dass auch Damenfußballmannschaften zuweilen den Eindruck erwecken, im Vergleich zur sonstigen Weiblichkeit stark überdurchschnittlich mit Testosteron versorgt zu sein, aber der - gar nicht so - Kleine Unterschied bleibt.

     

    Profifußball ist halt ein Spektakel, und die Aufmerksamkeit richtet sich ganz natrülich eher dahin, wo er "spektakulärer" zelebriert wird.

  • Na bitte - geht doch!

     

    Vom sekundären zum primären

    Geschlechtsmerkmal -

    Nur ein tick.

  • Ich hab' keineswegs etwas dagegen, wenn sich jemand aufregt. Noch nicht mal dann, wenn es gegenstands- oder grundlos ist. Soll doch jeder und jede sich nach Lust und Laune empören. Das soziale Umfeld oder die Leserschaft oder sonstwas werden nach dem zweiten oder dritten Mal schon wissen, was sie davon zu halten haben.

     

    Aber bei manchen Sachen....

     

    Es ist völlig ok, wenn man sich nicht für Fußball interessiert (warum auch?) oder nur für Frauenfußball nicht oder nur für eine WM nicht oder nur für ein Spiel davon tief in der Nacht nicht. Tausende guter Gründe für Mißachtung.

     

    Aber! Live-Ticker auf albernen Webseiten von albernen Holz-Medien? Und Aufregen über ein Fehlen dieser radikal unangemessenen Darstellungen von Wettkampfspielen - wenn man es (das Spiel) durchaus auch angemessen live, in Farbe und mit Ton sogar über das Drecks-Netz gestreamt sehen kann?????

     

    Was soll denn sowas? Was sagt das über Kriegsberichterstatter an der Medienfront aus?

  • Falafel bestehen doch nur aus Bohnen oder Kichererbsen, was kann man da in der Küche schon falsch machen?

     

    Wahrscheinlich war das ein terroristischer Anschlag aus dem Springer-Verlag.

  • diese dummen Zuschauer wollen den Frauenfußball nicht schauen ... pfui - da muss ein Gesetz her und zwar schnell!

     

    Was ich etwas seltsam finde: ca. 50% der Bevölkerung ist doch "ohne Pimmel" - das müsste doch eine gewaltige ZuschauerInnen-Quote geben ... naja, scheinbar ist denen der Fußball "mit Pimmel" auch lieber ... verrückt oder?

  • Es gibt einfach Wichtigeres als Fußball und Frauen. Die meisten Männer haben das mit Abschluss der Pubertät auch kapiert - und die ist bekanntlich schon weit vor der 3. Lebenhälfte.

  • „Frauenmagazin für die 3. Lebenshälfte“. echt ? Vermtulich ein Blatt zum Lesen im Jenseits ... weiss man schon wie das vermarktet werden soll?

    • @Christophe THOMAS:

      Ja, gewinnbringend durch Lohndumping.

  • Wunderbar. Danke!