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Kolumne Der rote FadenWenn das Kennedy wüsste

Johanna Roth
Kolumne
von Johanna Roth

Den Kalten Krieg haben wir überlebt, aber den Diesel überleben wir nicht. Und was machen eigentlich die Grünen? Der Wochenrückblick.

„Es gab keine Russen in unserem Wahlkampfteam.“ Donald Trump, 2017 Foto: reuters

Lassen Sie uns noch einmal überlegen, wie wir zur Sowjetunion stehen“, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten. Sie kennen ihn, jeder kennt heutzutage seinen Namen. Prominent wie kein Zweiter, polarisierend auch, von der Popkultur inzwischen durch jeden nur erdenklichen Wolf gedreht. Natürlich wissen Sie als gut informierte Zeitungsleser*innen sofort, worum und um wen es geht.

Ätsch! FAKE NEWS! Sad!!! Es geht ausnahmsweise hier nicht um Donald Trump – sondern um John F. Kennedy. Der sprach diesen Satz 1963 in einer Rede an der American University in Washington, die aus diversen Gründen in die Geschichte eingegangen ist. Vor allem deshalb, weil ihr Taten folgten, was in der Politik ja eher selten vorkommt.

Eine davon jährt sich jetzt: Am 5. August 1963 trafen sich die Außenminister der USA, von Großbritannien und der Sowjetunion im Kreml. Sie unterzeichneten ein Papier mit dem schönen Titel „Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser“. Man darf auch „Moskauer Atomteststoppabkommen“ sagen, wichtig ist: So begann die nukleare Abrüstung – und so endete später, wenngleich mit einigem Geschlinger, der Kalte Krieg.

Warum ich Ihnen den ganzen alten Tand erzähle, wenn Sie doch eigentlich nur wissen wollen, wer diese Woche wieder Blödsinn gemacht hat, den Sie in den seriöseren Texten dieser Zeitung nicht zu lesen kriegen? Keine Sorge, jetzt kommt’s! Hier ein ebenfalls denkwürdiger Satz: „Es gab keine Russen in unserem Wahlkampfteam.“ Donald Trump, 2017.

Trumps Telefonterror

Ganz so ernst hatte Kennedy das bestimmt nicht gemeint. Er brach damals ein bis dato für sakrosankt gehaltenes Tabu mit dem öffentlich geäußerten Vorschlag, doch irgendwann mal Frieden zu machen mit dem Evil Empire. (Dass dieser Begriff von Ronald Reagan aus dem Jahr 1983 stammt, zeigt, dass sich jenes Tabu doch recht hartnäckig hielt, aber sei’s drum.)

Wenn Kennedy wüsste, dass ein einer seiner Nachfolger es gut fünfzig Jahre später so übertreiben würde mit der Annäherung – er rotierte wohl heftiger im Grabe als ein russischer Torpedo.

Wir dagegen sollten vermutlich einfach die Möglichkeit ins Auge fassen, dass Trumps Präsidentschaft das Ergebnis einer Verschwörung ist, die zum Ziel hat, alle Leitartikler*innen dieser Welt auf die Zinne zu treiben, weil niemandem etwas Originelles mehr einfällt.

Andererseits ist das immer noch besser als das Originelle, das dem Original einfällt. Trumps neuestes Hobby: Telefonterror. „Blöd“, „widerlich“ (über die australische Flüchtlingspolitik) und: „Ich bin die wichtigste Person der Welt“ (über den amerikanischen Präsidenten) durfte sich unter anderem der australische Premier anhören.

Bestechende Logik

Aber genug von gestern und draußen. Hierzulande herrschte in dieser Woche blanke Panik. Verseuchte Eier, verseuchte Luft – Atomwaffen total harmlos dagegen. Den Kalten Krieg haben wir überlebt, aber den Diesel überleben wir nicht. Wo sind eigentlich die Grünen? Jetzt wären sie einerseits gut zu gebrauchen, schließlich geht es ans große Verbieten – und könnten andererseits tüchtig abräumen, rein wahlkampftechnisch.

Stattdessen macht nur eine von ihnen Schlagzeilen: Die niedersächsische Abgeordnete Elke Twesten wechselt zur CDU. Ihre Logik ist bestechend: „Ich bin seit Langem eine Anhängerin von Schwarz-Grün.“ Vielleicht liegt es an der frischen Landluft, aber: Wenn jetzt alle, die Schwarz-Grün wollen, von Grün zu Schwarz wechseln, dürfte eine saubere Umwelt bald die geringste Sorge der Grünen sein.

Nun zu den Abkündigungen. Held der Woche: Der französische Adlige Henri de Laborde de Monpezat wäre gern König von Dänemark geworden. Er wurde aber nur Prinzgemahl Henrik. Wegen dieser Schmach gab er nun bekannt, später nicht neben seiner (noch lebhaft vor sich hin rauchenden) Königin Margrethe begraben werden zu wollen.

Die Chefsprecherin des Königshauses (!) erklärte, Henrik sehe sich gegenüber seiner Frau nicht als gleichwertig an – auch nicht nach dem Tod. Ehrliches Kompliment, Euer Hoheit, für diesen Kampf um Gleichstellung – schließlich liest man von den Männern im europäischen Hochadel meist nur als freundliche Trottel ohne Thron und Manieren. Auch nicht fair.

Außerdem wird durch diesen hübschen Ehekrieg mit „… bis dass der Tod euch scheidet“ endlich mal eine Kirchenfloskel ihrer Überflüssigkeit beraubt. Ab jetzt heißt es also wieder beten. Wenigstens muss man dazu nicht aus dem Auto steigen. In Florida gibt es schon seit 1953 die „Daytona Beach Drive-in Christian Church“. Und das Beste: Mit Diesel darf man auch noch rein. Gesegnetes Wochenende!

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Johanna Roth
taz-Autorin
ist freie Korrespondentin in den USA und war bis Anfang 2020 taz-Redakteurin im Ressort Meinung+Diskussion. Davor: Deutsche Journalistenschule, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag, Literatur- und Politikstudium in Bamberg, Paris und Berlin, längerer Aufenthalt in Istanbul.
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1 Kommentar

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  • Na Servus.

     

    Mit Torpedos auf der Platte -

    Locken drehn - Kann gehn.

    Jau. Much all - Weesen.

    Nu. Hier - Zu - Lesen.