Kolumne Der rechte Rand: Neurechte werben um Arbeiter*innen
Gewerkschaftsgründungen, Kampagnen, Konferenzen und linke Rhetorik: Wie die AfD versucht, Arbeiter*innen zu ködern.
D ie rechte Konkurrenz ist da. Am Hamburger Flughafen gründete das AfD-Mitglied Robert Buck die „Dienstleistungsgewerkschaft Luft, Verkehr, Sicherheit“ (DGLVS) kurz vor den Betriebsratswahlen. Auf ihrer Webseite wird die neue Gewerkschaft deutlich. Der Antrag der Linken im Bundestag, Betriebsratswahlen zu erleichtern, sei keine „Verbesserung“, sondern „vielmehr Ausdruck antikapitalistischen Klassenkampfes“.
Seit dem 27. Februar besteht die DGLVS um den Vorsitzenden Sascha Walter. „Sie wendet sich vor allem an Mitarbeiter an Flughäfen, steht aber auch anderen offen“, schreibt die Gewerkschaft und erklärt, dass sie insbesondere „das Sicherheitsgewerbe im Blick“ habe.
Ihre Forderungen richten sich gegen den Mindestlohn, der nicht reichen würde und oft erst gar nicht gezahlt werde – und gegen die anderen Gewerkschaften. Man wolle „echte Dienstleistungen“, Kollegen sollten „was für ihr Geld“ bekommen. Die „Monopolgewerkschaft ver.di!“ würde versagen. Die Gewerkschaften schielten bloß nach ihren eigenen Interessen, die „Kollegen“ würden sie „teilweise im Regen stehen“ lassen, heißt es auf der Webseite.
Die Gründung reiht sich in die bundesweite Kampagne des neu-rechten Netzwerk „Ein Prozent“ zu den laufenden Betriebsratswahlen ein. Erstmals versucht sich die Neue Rechte vom „Institut für Staatspolitik“ über das Compact – Magazin für Souveränität bis zur AfD gezielt in Betrieben und Unternehmen fest zu verankern. Den Auftakt für die Kampagne bildete die Konferenz „Opposition heißt Widerstand“ von Compact in Leipzig.
Dort brach am 25. November der thüringische AfD-Landtagsfraktionschef Björn Höcke mit der bisher in seiner Partei vorherrschenden neoliberalen Wirtschaftslinie. Mit linker Rhetorik und Zitathappen von Lenin und Mao beklagte er die Vergötzung des Kapitals und betonte, dass die „neoliberalen Gedankenmodelle“ blind für die „sozialen Folgen“ seien. Die Linke hätte längst die „kleinen Leute“ verraten, sagte Höcke. Die AfD würde nun die sozialen Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung verteidigen.
Die Hinwendung zu den Betrieben ist für den Wirtschaftssoziologen Klaus Dörre keine Überraschung. Schon lange gebe es ein „ernstzunehmendes rechtspopulistisches Potenzial unter Gewerkschaftsmitgliedern“, sagt der Professor an der Uni Jena. Bei der Bundestagswahl wählten rund 15 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer die AfD – insgesamt kam die Partei auf 12,6 Prozent. In Bremen ist laut Compact eine weitere Kandidatur geplant. Der Betrieb wird jedoch nicht benannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“