Koalitionsverhandlungen in Thüringen: Erster Dämpfer für Wagenknecht
In Brandenburg hat sich Sahra Wagenknecht bei der Ukraine-Formel durchgesetzt, in Thüringen nicht. Erstmals zeigen sich die Grenzen ihrer Macht.
W ochenlang haben alle auf die CDU in Thüringen und Sachsen geschaut: Gelingt es dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in den Sondierungsgesprächen, den Christdemokraten Zugeständnisse abzupressen, die den Kern ihrer Identität betreffen? Und damit die CDU zu spalten? Zwar weiß man noch nicht, wozu CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer in Sachsen so alles bereit ist, um eine Regierung mit dem BSW zu bilden. Aber nach den Präambeln, die in Thüringen und Brandenburg vorgelegt wurden, ist klar: Während CDU und SPD in Thüringen ihre Werte tapfer verteidigen, ist es die SPD in Brandenburg unter Ministerpräsident Dietmar Woidke, die vor Sahra Wagenknecht einknickt.
Mit der Formulierung, man sehe die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland „kritisch“, stellt sich die SPD gegen den eigenen Kanzler. Und verstärkt damit die Spaltung in der SPD. Natürlich ist es generell problematisch, dass Wagenknecht CDU und SPD dazu zwingen kann, bei Sondierungsgesprächen auf Länderebene über Außenpolitik zu verhandeln – und dass tagelang an Formulierungen gefeilt wird, die mit Landespolitik gar nichts zu tun haben.
Auch muss man kritisieren, dass insbesondere Woidke und Kretschmer durch die Art ihrer Wahlkämpfe mit dazu beigetragen haben, dass das BSW überhaupt in diese Schlüsselposition bei den Regierungsbildungen gekommen ist.
Auch kann man in Zweifel ziehen, ob man einer populistischen Kaderpartei überhaupt in Regierungsverantwortung verhelfen sollte. Aber wenn in Thüringen ansonsten AfD-Rechtsextremist Björn Höcke als Ministerpräsident droht, ist es richtig, eine solche Koalition zumindest zu versuchen.
Kompromisse sind möglich
All das vorausgesetzt, hat Thüringen gezeigt, dass man – auch mithilfe der pragmatischen BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf – einen für alle gesichtswahrenden Kompromiss finden kann. Anders als in Brandenburg wird hier lediglich eine „breite Debatte“ über die Waffenstationierung gefordert; zudem werden Unterschiede in Sachen Westbindung, Ostpolitik und Waffenlieferungen benannt.
Das bleibt deutlich hinter dem zurück, was Wagenknecht wiederholt mit viel öffentlichem Tamtam gefordert hat. Für ihr Vorhaben, als kompromisslose Kämpferin in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, ist das ein Dämpfer. Kein Wunder, dass sie die Einigung in Brandenburg öffentlich lobt und jene in Thüringen deutlich kritisiert. Wagenknecht hat den ersten Machtkampf mit Wolf, die im Land regieren will, verloren. Die Frage, wer hier wen spaltet, ist noch nicht entschieden.
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