Koalitionsverhandlungen in Berlin: Erste Hinweise auf einen Senat
Am Donnerstag ist Auftakt der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD. Noch-Bausenator Andreas Geisel muss die Leitung der Arbeitsgruppe Bauen abgeben.
Babylon liegt an diesem Donnerstag in Schöneberg. Um 10 Uhr stellen sich die Verhandler von CDU und SPD den Fotografen. Dann geht es rein in den Euref-Campus zur ersten Runde der Koalitionsverhandlungen. Eine Koalition „auf Augenhöhe“ nennt das Wahlverliererin Franziska Giffey (SPD). Der grüne Fraktionsvorsitzende Werner Graf sprach am Dienstag dagegen von einer „babylonischen Gefangenschaft“, in die sich die SPD begebe. Auf einem kleinen Parteitag der Grünen forderte er die Basis der SPD auf, beim geplanten Mitgliederentscheid mit Nein zu stimmen.
Grafs Appell kommt zur richtigen Zeit. Nach den Voten der SPD-Kreisverbände in Neukölln und Steglitz-Zehlendorf stehen auch im Kreisverband Mitte die Zeichen auf Nein zur Koalition mit der CDU. Auch die Tatsache, dass das Ergebnis des für den 21. April angesetzten Mitgliederentscheids der SPD nicht von einem Landesparteitag bestätigt werden soll, sehen viele Genossinnen und Genossen kritisch. Der Entschluss, nur auf die Basis zu setzen, war am Montag auf der Sitzung des Landesvorstands getroffen worden. „Die Auszählung erfolgt am 23. April 2023, das Ergebnis wird unmittelbar nach der Auszählung bekannt gegeben“, heißt es in einer Pressemitteilung. Auf Nachfrage bestätigte SPD-Sprecher Ralf Höschele, dass es erst vor den Sommerferien einen Landesparteitag geben soll.
Auf seiner Sitzung hat der Landesvorstand auch die Liste derer bekannt gegeben, die in der sogenannten Dachgruppe und in 13 Arbeitsgruppen mit der CDU verhandeln sollen. Noch-Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse etwa fehlt völlig. Noch-Bausenator Andreas Geisel musste die Leitung der AG Bauen an die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe abgeben. Ein Hinweis darauf, dass beide im künftigen Senat nicht mehr vertreten sein dürften.
Lange war auch darüber diskutiert worden, welchen Posten Franziska Giffey übernehmen könnte. Im Gespräch war unter anderem ein Superressort, in dem die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr wieder zusammengelegt sein könnten. Das aber scheint nun vom Tisch zu sein. Bereits in einem Interview am 2. März sagte Giffey dem Tagesspiegel: „Aus meiner Sicht wäre es nicht sinnvoll, alle Ressortzuschnitte komplett zu verändern. Ein Neuzuschnitt bedeutet viel Zeitverlust für die eigentliche Arbeit.“
Anfang der Woche meldete die Morgenpost, dass es bei den bisherigen Ressortzuschnitten bleibe. „Wenn es bislang kein Superressort gegeben hat, wird es auch künftig keines geben“, wurde ein Informant aus der CDU-Landesspitze zitiert.
Ob nun „babylonische Gefangenschaft“ oder „Augenhöhe“ wird sich schon bei den Verhandlungen zeigen. Immerhin soll die SPD, wie auch die CDU, fünf Ressorts bekommen. Und das bei einer Differenz von zehn Prozent der Wählerstimmen.
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