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Koalitionsausschuss zu Verkehr und KlimaSo kommt niemand voran

Kommentar von Nikola Endlich

Die ergebnislosen Gespräche der Ampel-Spitzen zeigen, wie zerstritten die Koalition in der Verkehrspolitik ist. Dabei müsste die Regierung dringend handeln.

In der Ampelkoalition streitet die FDP für Autobahnen und Autoverkehr Foto: Matthias Balk/dpa

E s ist kein gutes Zeichen, dass der Koalitionsausschuss zu Verkehr und Klimaschutz am Donnerstagabend nach nur drei Stunden ohne Einigung auseinanderging. Vor dem Treffen im Kanzleramt, bei dem auch Verkehrsminister Volker Wissing dabei war, hatte sein Ministerium noch verkündet, die Sitzung könnte womöglich bis spät in die Nacht dauern. Ergebnisse gäbe es dann – wenn überhaupt – erst am Freitagvormittag.

Nun lassen sich diese sehr kurz zusammenfassen: gar keine. Die Liste der Streitpunkte war aber auch lang. Da gibt es die nicht eingehaltenen Klimaschutzziele des Verkehrsministeriums. Tag für Tag wird tonnenweise mehr CO2 in die Luft geblasen als politisch vereinbart. Da gibt es den Biosprit, der, wenn es nach den Grünen geht, künftig nicht mehr fossilen Kraftstoffen beigemischt werden soll. Wissing lehnt das strikt ab: Das Gemisch senke doch sehr wohl den CO2-Ausstoß von Verbrennern.

Und da gibt es noch das Planungsbeschleunigungsgesetz – das mit Abstand strittigste Thema der Runde am Donnerstag, bei dem es zwischen den Grünen und dem Bundesverkehrsministerium bereits seit Dezember knirscht.

Für viele Grüne ist es ein Sinnbild fehlgeleiteter Klimapolitik, dass Wissing mit dem Gesetzentwurf nicht nur den schnellen Bau von Schienen, sondern auch den neuer Autobahnen durchdrücken will. Der Pkw-Verkehr verursacht den größten Anteil der hunderten Tonnen CO2, die im Mobilitätssektor zu viel anfallen. Da hilft auch die vom Verkehrsminister angepriesene Antriebswende nicht, die viel zu schleppend vorankommt.

Dass FDP und Grüne vor dem Koalitionsausschuss im Kanzleramt die Liste ihrer Forderungen an den jeweiligen Koalitionspartner noch einmal verlängert haben, hilft bei der Suche nach einer Lösung für diesen Streit allerdings wenig. Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen etwa brachte ihren Entwurf zur Abkehr von Biosprit aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen erst am vergangenen Freitag auf den Weg. Die FDP wiederum bekräftigte nur wenige Stunden vor dem Treffen erneut ihre Forderung nach Atomstrom, den man doch für emissionsfreie Elektroautos brauche.

Beide kratzten damit ein weiteres Mal merklich an den Grundüberzeugungen des jeweiligen Gegenübers: der technikgläubigen FDP auf der einen und der alten Anti-AKW-Partei, den Grünen, auf der anderen Seite. Schade eigentlich. Beim Klimaschutz im Verkehr kommt so niemand voran. Dabei gibt es sogar einen Punkt, in dem sich mittlerweile alle einig sind: dass mehr Geld in die Schiene gesteckt werden muss – und das auch tatsächlich helfen würde, effektiv CO2 einzusparen.

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15 Kommentare

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  • Viele haben es doch miterlebt, was passiert, wenn die Autobahn - Avus gesperrt ist.



    Stau in den Bezirken ohne Ende.



    Das Bild suggeriert, dass Autobahn gleich Stau bedeutet. Das stimmt so natürlich nicht! Eher das Gegenteil.

    Dass es nach über 40 Jahren immer noch keine intelligenten Ampeln gibt, ist ein Skandal.

  • Das Verrückte ist ja auch, dass ein generelles, niedriges Tempolimit für WENIGER Staus und somit MEHR Fahrzeugen auf der Bahn führen würde, das sieht man in Ländern, die es haben.

    Somit wären viele Autobahnbauten gar nicht notwendig.

    Stattdessen muss man Milliarden in die Sanierung stecken!!!

  • Warum kann man nicht das eine tun ohne das andere zu lassen?

    Geht es nicht nur um die Infrastruktur und die Planung welche Autobahn und welche Schienstrecke erfolgt gesondert?

    Gibt es nicht eine strenge Wirtschaftlichkeitsrechnung für alle staatl Investitionen?

    Das war übrigens der Hebel mit dem grüne Gegner den Bahnstreckenneubau nach Ulm aushebeln wollten.

    Das ist 20 Jahre her, aber die Systematik ist noch gleich.

  • @PFANNI

    Sie sind sooo 1970er.

    Nein: mehr Strassen => mehr Autos und demnach mehr CO2.

    Besser, in Alternativen zu investieren. Dort, wo es Alternativen gibt, Individualverkehr erschweren und verteuern.

  • "der technikgläubigen FDP auf der einen und der alten Anti-AKW-Partei, den Grünen, auf der anderen Seite."



    Atomkraft ist recht alt und damit ist nicht nur die Anti-AKW-Partei Die Grünen alt sondern auch die AKW-Befürworter-Partei FDP. Letztere ist auch nicht wirklich fortschrittlich. Wind- und insbesondere Solarkraft haben eine enorme Entwicklung in den letzten Jahrzehnt(en) hinter sich. Sie sind wesentlich günstiger und effizienter geworden. Fortschrittgläubig wäre es, auf diese erneuerbaren Energien zu setzen. Zumal sie nicht die Gefahren der Atomkraft mit sich bringen. Das machte also die Grünen auf gewisse Art und Weise frotschrittgläubig. Mit dem Festhalten an Atomkraft zeigt die FDP hingegen, dass sie rückschirttlich ist und dass sie am Status Quo festhalten will. Der jetzige Wohlstandslevel, die damit eingergehene Produktion, der Transport und der Konsum bedeutet nicht nur Befeuerung der Klimakrise sondern auch Befeuerung des Massenaussterbens der Tiere und damit die Zersstörung der Lebensgrundlagen des Menschen. Mensch könnte also sagen, die FDP ist nicht an einem Voranschreiten der Menschheit gelegen sondern an deren Vernichtung. Die Grünen gehen teils auch in diese Richtung. Sie versuchen das nur mit "Green"-Labels hübsch zu verpacken. Denn an die Wurzeln der Zerstörung, an Wachstum, wollen auch sie nicht heran. Es reicht längst nicht mehr bspw. bloß Verbrennerautos gegen E-Autos und "konventionelle"-Tierprodukte gegen eine "Bio"-Version auszutauschen. Leider wird es versäumt, die Notwendigkeit für eine radikale Umkehr von Produktion und Konsum zu vermitteln und infolge dann umzusetzen. So braucht es bspw. nicht nur eine Umstellung auf ökologischen Lanbau sondern auch eine massive Reduzierung der TIerproduktion und nicht nur den Ausbau von ÖPNV und Bahn sondern auch eine massive Reduzierung der Autos, sowie Senkung der Industrie und damit auch des Transports. Kreislaufwirtschaft.

  • Es gibt m. E. zwei Fälle, in denen der Neubau von Autobahnen den CO2 -Ausstoß verringern kann:



    1. Entlastung von Straßen (-abschnitten), die regelmäßig von Staus betroffen sind.



    2. Abkürzung eines häufig befahrenen Weges zwischen A und B.



    In beiden Fällen wird die Fahrzeit und damit der CO2 -Ausstoß verringert. Ich habe noch nicht gehört, dass diese Argumente in der Diskussion eine Rolle spielen. Gibt es dafür einen Grund?

    • @Pfanni:

      Korrekt!



      Kaufprämien auf 0 zurückfahren wäre eine zusätzliche Maßnahme.



      Jeder Fußgänger, jeder Radfahrer bezahlt den schicken Elektro-SUV.

      Bei den Industriesubventionen ist das ähnlich schlimm. Das Land - also wir Steuerzahler - zahlen oft viele Mio, damit ein Unternehmen hierzulande produziert. Bei Tesla war das wohl anders.



      Wir zahlen also für den Standort und die Arbeitsplätze. Ob wir einen bekommen und zu welchen Bedingungen steht auf einem anderen Blatt.



      Das ist völlig idiotisch!

    • @Pfanni:

      Mit diesen Begründungen müsste man Deutschland zu 100% asphaltieren.

      Was sind "regelmässige Staus"?

      Eine Abkürzung ist nicht unbedingt schneller oder ökonomischer, weil dadurch auch mehr Kreuzungspunkte, StopandGo und Regelaufwand entstehen.



      Oder fahren Sie in der Stadt durch die 30er Einbahnstrassen statt aussen rum die grösseren Strassen?

      • @Mitch Miller:

        Meine Antwort auf Ihre Frage: "Was sind "regelmässige Staus"?"



        Wenn Sie die Radio-Verkehrsmeldungen, speziell zu den Berufsverkehrs-Zeiten verfolgen, werden sie feststellen, dass bestimmte Orte ständig genannt werden. Wenn sie dann dazu noch eine Strichliste führen, erhalten Sie eine Hitparade der "regelmäßigen Staus".



        Betreffs: "Kreuzungspunkte, StopandGo und Regelaufwand . . . ": Mir ging es hauptsächlich um Autobahnen. Die haben keine Kreuzungen und keine permanenten "30er Einbahnstraßen". Aber oft StopandGo: Hierzu siehe oben: "Staus".

    • @Pfanni:

      GRUND



      Einen übergeordneten - scheint eine Art Naturgesetz zu sein, wirkt und besteht gänzlich unabhängig von den beim jeweiligen Straße-Bauen jeweils proklamierten Absichten: MEHR STRAßEN = MEHR AUTOVERKEHR. Den Beweis, dass dies in einer realistischerweise zu imaginierenden Zukunft auch anders sein könnte, den hat noch niemand erbracht.

    • 6G
      659554 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Weil sie Unsinn sind.



      de.wikipedia.org/w...duzierte_Nachfrage

      • @659554 (Profil gelöscht):

        Unser Wikip'le is mittlerweile fastsogutwievolkshochschule. Exakt der Link zum Thema. Pflichtlektüre FDP. Und das Foto vom San Franciscoer Freeway-Abriss groß an die Wand. Mancher/m Grünen auch.

  • Technik und FDP. Wer an Technik glaubt, der setzt in Fragen der Mobilität mit Sicherheit nicht auf so etwas komplett Idiotisches wie MIV.

  • Was die FDP da betreibt ist aktive Sabotage.

    Ob Biosprit: es verschwinden mehr Nahrungsmittel in der Herstellung von Biosprit als das, was durch die Blockade der Exporte aus der Ukraine feststeckte.

    Können die nicht mal wieder unter ihren fünf Prozent verschwinden und Ruhe geben? Wir haben wichtiges zu tun!

    Just sayin'

  • FDP-Fraktionsvize Köhler: „Autobahnausbau hat mit den Klimazielen gar nichts zu tun“ Luuuschtig - Schlagzeile von gestern, noch von vor dem terminierten Scheitern. www.rnd.de/politik...EI4DXHDIWQHP4.html Kann mensch sich so dumm stellen, ohne knallrot (oder in diesem Falle: knallgelb) zu werden ? Oder stellen die sich womöglich gar nic... ham dies evtl. tatsächlich ... NICHT BEGRIFFEN ?????



    Die Fortschrittkoalition steht wie der Esel zwischen den zwei Heuhaufen. Wobei der Arsch woanders hinwill als der Kopf.