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Kein Kampf mehr gegen RassismusFifa auf Trump-Kurs

Bei der Klub-WM in den USA hält sich die Fifa mit den sonst üblichen Kampagnen gegen Diskriminierung zurück. Offenbar scheut man den Konflikt.

Bilder aus einer vergangenen Zeit: Bekenntnis gegen Rassismus bei der WM 2018 in Russland Foto: imago

Es ist noch nicht lange her, da hat sich der Weltfußballverband in einer Art Führungsposition im globalen Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung gesehen. So hat Fifa-Chef Gian­ni Infantino im Mai 2024 „Politiker, Gesetzgeber und Strafverfolgungsbehörden auf der ganzen Welt dazu aufgerufen, die Fifa im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung zu unterstützen, indem sie die Täter strafrechtlich zur Rechenschaft ziehen“. Das ist auf der Website der Fifa selbst nachzulesen. Und des Weiteren erfährt man: „Infantino hielt fest, dass die Fifa den Kampf gegen Rassismus allein nicht gewinnen könne.“

Auch mit zahlreichen Fotos hat der Weltverband stolz seine Kampagnen etwa gegen Rassismus bei den letzten großen Turnieren dokumentiert. Bei der Männer-WM in Katar 2022 und Russland 2018 hat die Fifa Haltung demonstriert über Botschaften an den Anzeigetafeln, Werbebanden oder bei den Teamfotos vor dem Anpfiff. Von der Klub-WM 2022 in Marokko gibt es ebenfalls reichlich Zeugnisse.

Umso erstaunlicher ist es, wie plötzlich dieser Eifer bei der derzeit laufenden Klub-WM in den USA zum Erliegen gekommen ist. Wie „The Athletic“ berichtete, seien zwar auch dieses Mal Kampagnen gegen Rassismus und Diskriminierung vorbereitet worden, doch davon sei bislang weder in den Stadien noch auf den Social-Media-Plattformen etwas zu sehen gewesen.

Auch verzichtete die Fifa bislang beim Turnier in den USA darauf, dem Publikum das 2024 neu eingeführte dreistufige Verfahren zum Anzeigen von rassistischen Vorfällen vorzustellen. Nach diesem können die Spie­le­r:in­nen und Schieds­rich­te­r:in­nen in einem ersten Schritt mit gekreuzten Armen auf einen rassistischen Vorfall im Stadion aufmerksam machen. Im schlimmsten Fall, wenn sich die Anfeindungen fortsetzen, kann das zu einem Spielabbruch führen.

Inflation von Botschaften bei Frauen-WM

Die Vermutung liegt nahe, dass das nachlassende Menschenrechts­engagement der Fifa etwas mit der immer größer werdenden Nähe von Fifa-Chef Infantino zu Trump zu tun hat. Deren Zusammenkünfte in diesem Jahr liegen bereits im zweistelligen Bereich. Im Vorfeld der Männer-WM 2026, die auch in den USA ausgetragen wird, meidet Infantino selbst die kleinste Unstimmigkeit.

Die Fifa ließ eine Anfrage von „The Athletic“, weshalb sie sich bislang bei der Klub-WM mit ihrer Anti-Diskriminerungs-Kampagne zurückhält, unbeantwortet. Dafür betonte man erneut seine „strikte Null-Toleranz-Haltung“ gegen jegliche Diskriminierungen und verwies auf die gerade im Mai vom Fifa-Rat beschlossene Erhöhung von Geldstrafen bei rassistischen Vorfällen. Möglich sind bis zu 5 Millionen Schweizer Franken statt bislang maximal einer Million.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland 2023 streute die Fifa noch inflationär politische Botschaften ins Turnier. Die Teams konnten sich damals zwischen Spielführerinnenbinden mit der Aufschrift „Unite for Inclusion“, „Unite for Indigenous Peoples“, „Unite for Gender Equality“, „Unite for Peace“, „Unite for Education for All“, „Unite for Zero Hunger“ und „Unite for Ending Violence Against Women“ entscheiden. Bei der Männer-WM 2022 in Katar verbot die Fifa zwar die „One Love“-Kapitänsbinde, mit der sich einige europäische Teams gegen Homophobie positionieren wollten, allgemeiner gefasste Anti-Diskriminierungs-Kampagnen begleiteten dennoch das Turnier.

Für die Männer-WM 2026 hat die Fifa übrigens bereits eine Menschenrechtsvereinbarung auch mit den Austragungsorten in den USA abgeschlossen. Darin werden Frauen, Angehörige von religiösen, sexuellen oder ethnischen Minderheiten, Menschen mit Behinderungen oder Immigranten als besonders schutzbedürftig ausgewiesen. Es kann gut sein, dass die Fifa anders als in den vergangenen Jahren diese Information nun am liebsten unter Verschluss gehalten hätte.

Die Kampagnen gegen Rassismus und Diskriminierung in den USA müssen beim Turnier 2026 wohl ganz ohne die Hilfe der Fifa auskommen.

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1 Kommentar

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  • Es ist alles nicht mehr zu fassen. Aber wenn man daran denkt, wie sich alle über die deutsche Nationalmannschaft lustig gemacht haben, als sie ihre Aktionen in Katar vollzog (was ja schon wegen FIFA und Co. schwächer war als wünschenswert), wundert gar nichts mehr.



    Nebenbei gefragt: Wer guckt sich diese traurige Witzveranstaltungen eigentlich an?