Klinikkonzern gegen Gewerkschafterin: Vivantes nimmt Abmahnung zurück
Silvia Habekost wurde nach Aussagen in einem taz-Artikel von ihrem Arbeitgeber Vivantes abgemahnt. Nun macht die Klinikleitung einen Rückzieher.
„Es ist gut, dass Vivantes eingesehen hat, dass die Meinungsfreiheit auch für mich und meine Kolleg*innen gilt“, sagte Habekost. Ärgerlich hingegen sei, dass sie ihren Arbeitgeber erst verklagen musste. Auch die stellvertretende Gesundheitsleiterin bei Verdi Berlin-Brandenburg, Gisela Neunhöffer, kritisierte den Konzern: “Die Geschäftsführung von Vivantes sollte ihre Energie lieber in die Umsetzung der Tarifverträge stecken, als in den Versuch, Kolleg*innen einzuschüchtern, die den Finger in die Wunde legen.“
Ende 2021 hatten Beschäftigte der landeseigenen Krankenhauskonzerne Charité und Vivantes für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt und damit weite Teile des Berliner Klinikbetriebs lahmgelegt. Daraufhin konnte Verdi bei Vivantes einen Tarifvertrag Entlastung (TV-E) durchsetzen, demzufolge das Personal Unterbesetzungen mit freien Tagen ausgleichen kann.
Kritik an Vivantes
In dem fraglichen taz-Artikel von 2022 kritisierte Habekost, Vivantes würde den neu ausgehandelten Tarifvertrag unterlaufen, indem sie “jede Lücke“ ausnutzten. Arbeiter:innen müssten für Dinge streiken, die sie eigentlich längst erkämpft hatten. Die Anästhesie-Pflegerin sprach auch von einem System der Schichterfassung, bei dem etwa Übergaben aus der erfassten Zeit herausfielen, und von Klinikbeschäftigen, die nicht alle einen Lohnzuschlag bekämen, wenn sie in freien Tagen einspringen.
Im August 2022 folgte daraufhin die Abmahnung. Vivantes warf Habekost nach taz-Informationen vor, in besagtem Artikel angeblich unwahre Aussagen über den Klinikkonzern gemacht und damit den Ruf des Unternehmens geschädigt zu haben. Vivantes äußerte sich auf Nachfrage der taz bis Redaktionsschluss nicht zur Rücknahme der Abmahnung.
Im vergangenen Jahr erhielt Habekost viel Unterstützung von Kolleg:innen, berichtet sie der taz. Enttäuscht ist sie dagegen von der Politik, von der sie sich eine Einflussnahme auf den Klinikkonzern in Landeshand gewünscht hätte. “Wenn die Politik Vivantes so etwas machen lässt, dann ist es deren Willen“, sagte Habekost. “Das ist schon ein Trauerspiel“.
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