Klimastreik im Norden: Bauern besetzen Hafen in Brake
Landwirte blockieren den größten Futtermittelhafen Deutschlands. Damit protestieren sie gegen klimafeindliche Fleischimporte.
Am Mittwochvormittag rollen in Brake sieben Trecker auf die Zufahrtsstraße zum Hafen, 40 Bäuer*innen und Sympathisant*innen laufen nebenher, sie tragen Transparente mit Aufschriften wie: „Mit fairen Preisen und fairem Handel das Klima retten. Stoppen wir das Mercosur-Abkommen“.
In diesen Tagen dreht sich alles ums Klima. Aus dem einsamen Protest von Greta Thunberg in Stockholm ist eine globale Bewegung geworden. Sie ruft zum weltweiten Streik auf. Am 20. September protestiert „Fridays For Future“ in 400 deutschen Städten, weltweit soll es 2.000 Aktionen in 120 Ländern geben. Gleichzeitig stellt die Bundesregierung die Weichen für eine strengere Klimapolitik.
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Gegen späten Mittag ist der Hafen blockiert. Für mehr als eine Stunde kann kein LKW seine Anhänger leeren, kein Schiff seine Ladung löschen. Mit ihrer Aktion wollen die Vieh- und Milchbäuer*innen auf das geplante Mercosur-Abkommen aufmerksam machen. Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsverbund Mercosur soll unter anderem die Autoproduktion in Europa ankurbeln, dafür hoffen die Mercosur-Staaten auf mehr Agrarexporte nach Europa.
Die Blockade der alternativen und links orientierten Organisationen AbL und BDM soll ein Beitrag zum bundesweiten Klimastreik am kommenden Freitag sein. „Wir kämpfen für eine nachhaltige Landwirtschaft und kritisieren weltweite Lebensmitteltransporte“, sagt Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus Rhanderfehn in Ostfriesland: „Wir unterstützen Fridays for Future.“
Der Seehafen Brake ist der größte Futtermittelhafen in Deutschland. Dort werden vor allem Getreide, Futter- und Düngemittel umgeschlagen, aber auch Holz, Papier, Eisen, Stahl. Im vergangenen Jahr wurden dort 6,28 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Das nennen die Organisationen AbL und BDM „fragwürdig“. Milchbauer Ilchmann hat insbesondere die weltweiten Lebensmitteltransporte im Blick.
Allein die EU importiert jedes Jahr zollfrei rund 250.000 Tonnen Rindfleisch aus den sogenannten Mercosur-Ländern, also Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay. Die Menge soll künftig um etwa 99.000 Tonnen jährlich erhöht werden. Darunter ist auch Rindfleisch aus den USA. Anfang August hatten sich die EU und die USA entsprechend geeinigt, die Rede ist von jährlichen 45.000 Tonnen. „Amerikanisches Rindfleisch ist das beste der Welt“, hatte US-Präsident Donald Trump bei der Vertragsunterzeichnung gesagt.
Rinder auf Matschwiesen
Genau das bezweifeln die Bauernorganisationen. „Wir vermuten, dass keine echte Qualitätskontrolle stattfindet“, sagt Berit Thomsen, außenhandelspolitische Sprecherin der AbL. Wie kann das sein? Die Einfuhr beispielsweise von mit Hormonen behandeltem Fleisch in die EU ist streng verboten. Doch das Verbot kann umgangen werden. Wie Verbraucherzentralen warnen, gelten Hormonverbote ausschließlich für das Futter, das Tiere etwa 100 Tage vor der Schlachtung bekommen. Ansonsten stehen die Tiere, häufig dicht gedrängt, auf zermatschten Wiesen und fressen kein Gras, sondern meist Kraftfutter.
Ohnehin gilt der europäische Rindfleischmarkt als gesättigt, wie Thomsen sagt: „Es gibt viel mehr Fleisch, als gebraucht wird.“ Ähnlich, nur andersherum, verhalte es sich mit dem Export von Milchprodukten. „Gerade in Niedersachsen gibt es jede Menge Mastbetriebe, die mehr Milch produzieren, als der deutsche Markt braucht“, sagt Milchbauer Ilchmann. Diese Überschüsse – Milchpulver, Käse, Babynahrung – würden unter anderem in die Mercosur-Länder verschifft und geflogen. „Das ist weder nachhaltig noch ökonomisch sinnvoll“, so Ilchmann.
Von den weltweiten Im- und Exporten hätten kleine Höfe, so wie Ilchmann einen betreibt, nichts. „Das nutzt nur den großen Handelskonzernen etwas“, sagt Ilchmann: „Weil die mit großen Mengen kleinere Preise produzieren und dann von den Konsumenten verlangen können.“
Schaut man auf die Brandrodungen im Amazonasgebiet, mit denen der Regenwald vernichtet wird für landwirtschaftliche Nutzflächen, unter anderem als Weidegebiete und für den Anbau von Exportsoja, lasse das nur einen Schluss zu. Ilchmann sagt: „Das Abkommen muss verhindert werden.“
Hafenbetreiber bleiben gelassen
Was ist die Alternative? „Lebensmittelsouveränität“, sagt der Bauer aus Ostfriesland. Das heißt, dass jede Region aus sich selbst heraus die Lebensmittel produzieren sollte, die sie benötigt. So blieben weite Transporte aus, für die Lebensmittel sei das ohnehin besser.
Die Betreiberin des Seehafens, die Niedersachsen Ports GmbH, sieht den Protest gelassen. Der habe zu keinen größeren Störungen geführt, erklärte Joachim Birk, Vizesprecher des Unternehmens. Das werde voraussichtlich auf Strafanzeigen verzichten.
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