piwik no script img

Klimakiller BilligfliegerRyanair hat keine Lust mehr auf CO₂-Kompensation

Die irische Airline ist mehr denn je unterwegs und die umweltschädlichste Fluggesellschaft in Europa. Für Klimaschutz wirbt sie nicht mehr.

Bislang konnten Passagiere einen CO₂-Ausgleich ihres Fluges dazubuchen – die Möglichkeit gibt es nun nicht mehr Foto: Peter Morrison/ap

Dublin taz | Europas größte Fluggesellschaft Ryanair hat heimlich, still und leise den Service zum CO₂-Ausgleich für Fluggäste eingestellt. Bisher konnte man für ein paar Euro einen Teil der durch die Reise verursachten Emissionen kompensieren, wobei die Mittel in Umweltprojekte fließen sollten. Seit der vergangenen Woche geht das nicht mehr.

Auch seinen CO₂-Rechner hat das Unternehmen abgeschafft, ein digitales Tool, das 2021 mit dem Slogan „Ryanair wird grüner“ eingeführt wurde. Dieser Rechner ermittelte die Emissionen pro Passagier auf jeder Ryanair-Strecke und ermöglichte es den Kunden, die Emissionen ihres Fluges nominell vollständig auszugleichen. Das Geld floss dann zum Beispiel in ein Wiederaufforstungsprojekt in der Algarve, in die Verteilung energieeffizienter Kochherde in Uganda und in das Windkraftwerksprojekt von Balikesir in der Türkei. Zur Einstellung des Programms gab die Fluggesellschaft bekannt: „Es gab nur sehr wenig Interesse und eine geringe Resonanz bei den Passagieren.“

Der europäische Flugverkehr verursachte 2024 210,4 Millionen Tonnen CO₂, dabei ist die Klimawirkung dieser Art der Fortbewegung wegen der zusätzlichen Effekte durch Kondensstreifen und den Ausstoß von Stickoxiden drei- bis fünfmal so stark wie die des reinen CO₂-Ausstoßes. Trotzdem plant die europäische Luftfahrtindustrie, ihr Passagieraufkommen bis 2050 zu verdoppeln.

Ryanair beharrt jedoch darauf, dass man sich über die Auswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimawandel keine Sorgen machen müsse, solange man mit Ryanair fliege. Laut Finanzchef Neil Sorahan habe das Unternehmen „sehr aggressive Ziele für den Zeitraum bis 2031“, um den CO₂-Ausstoß pro Passagier und Kilometer zu senken. Er sei schon im vergangenen Jahr pro Passagier und Kilometer von 67 auf 66 Gramm gesunken.

200 Millionen Fluggäste

In Anbetracht des Anstiegs der Passagierzahlen um neun Prozent im letzten Jahr steigen die Treibhausgasemissionen von Ryanair aber zwangsläufig immer weiter. Sorahan verkündete neulich stolz, dass Ryanair 2024 200 Millionen Fluggäste befördert habe – das erste Mal, dass eine europäische Fluggesellschaft diese Zahl erreicht habe. Die Einnahmen des Unternehmens sind auf fast 14 Milliarden Euro, die Aktien um 25 Prozent gestiegen. Ryanair ist zur zweitwertvollsten Fluggesellschaft der Welt hinter Delta geworden.

Gleichzeitig hat Ryanairs Greenwashing absurde Züge angenommen. „In absoluten Zahlen sind die Emissionen zwar gestiegen“, sagte Sorohan. „Aber pro Passagier sind sie gesunken. Ich denke, das ist die wichtigste Zahl.“ Durch einen Wechsel zu Ryanair könnten die Fluggäste ihre Emissionen demnach reduzieren und flugs zu Umweltschützern werden.

Ryanair hat sich wiederholt als die „grünste und sauberste Fluggesellschaft Europas“ bezeichnet. Im April veröffentlichte die europäische Organisation für nachhaltiges Reisen hingegen ihren Bericht über die Emissionen von Fluggesellschaften im Jahr 2023, in dem Ryanair als die umweltschädlichste europäische Fluggesellschaft bezeichnet wird – mit einem Gesamtausstoß von 14,9 Millionen Tonnen CO₂, neun Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Ryanair entfernte daraufhin Symbole wie grüne Blätter von der eigenen Webseite.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Es ist immer eine Sache der Wahl.



    Fliege oder fliege ich nicht, traue ich einer wirtschaftsorientierten Demokratie die Lösung der ökologischen Zeitenwende zu oder nicht....das lässt sich fortführen bis zum Sankt Nimmerleinstag.



    Wenn kein gesundes ökologisches Wertekostüm besteht und die "Freiheit" des Marktes als Mantra über allem steht, ist es für den Flugreisenden doch rein marketingtechnisch besser, ihn nicht mit dem Thema der CO2 Kompensation zu "belasten". Wobei wahrscheinlich die Hälfte der Reisenden noch nicht mal weiß, was das ist.

  • Ryanair spinnt, aber auch die gesamte Flugkultur. Ein Verbot muss endlich einheitlich her.

  • 200 Mio Tonnen co2 durch den europäischen Flugverkehr, das ist etwa ein Drittel des co2 ausstoßes von Deutschland über alle Sektoren. Stimmt die Annahme das Flugverkehr etwa 3* klimawirksamer als der reine co2 ausstoßist , ist der europäische Flugverkehr so klimawitksam wie der gesamte co2 Ausstoß von Deutschland.



    Da hilft auch kein Ablasshandel um über die Tatsache hinwegsehen das die Einschränkung des Flugverkehrs ein wesentlicher und einfacher Hebel ist um die Klimaerwärmung abzumildern. Leider scheint dies weder auf individueller noch gesellschaftlicher Ebene gewollt zu sein.



    Es wird geflogen als ob es kein morgen gibt.

  • so ist das eben mit dem Leben als Mensch. Was geht wird auch gemacht. Da alle Fluggesellschaften je nach Streckenprofil gleiche oder ähnliche Flieger kaufen, halte ich es für sinnfrei eine einzelne Fluggesellschaft anzuprangern.



    Genauso sinnfrei ist es, wenn man sich mit dem Kauf von Zertifikaten frei kaufen kann von der verursachten CO2 Belastung.

  • Flugreisen sind mehrmals so klimaschädlich wie Verbrenner-Autos. Dennoch kommt man beim Fliegen mit einem (begrenzten) Aufpreis davon, während Verbrenner-Autos in Zukunft verboten werden. Aus Klimaschutzgründen hätte man es besser andersherum gemacht. Aus sozialen ebenfalls. Nur wären die Entscheidungsträger, die deutlich häufiger fliegen als der Durchschnitt, davon mehr betroffen.



    Interessant, nicht wahr?

    • @Frauke Z:

      Nur gibt es ua. aus physikalischen Gründen (Batteriegewicht) noch keine Lösung für das elektrische Fliegen, abgesehen von Kleinstflugzeugen. Scheint mir ein plausiblerer Grund zu sein als gleich eine Verschwörungsgeschichte anzubringen.

      • @Rumba2025:

        So ist es. Lilium und/oder Volocopter haben es versucht. Sind gescheitert. Trotz irren finanziellem Aufwand.

  • Demnächst bieten sie Stehplätze in den Fliegern an, dann kann man den CO2Ausstoß nochmal halbieren.



    Und da das Gepäck extra bezahlt werden muss, wird es bestimmt auch nicht den Personen zugeordnet, die es aufgegeben haben.

  • Sag ich doch, also ständig sag ich das: Mit Freiwilligkeit ändert sich nix. Weder in der Industrie noch bei deren Kunden. Und selbst der dollste CO2 Einsparer in diesem Land ballert immer noch ein sicher Mehrfaches an CO2 raus, gegenüber dem, was er 'global klimaverträglich' dürfte.



    Die aktuell Life-Style kompatible Klimaschutz-Definition ("aber ich esse doch schon weniger Fleisch") ist komplett absurd. Und wir alle mittendrin, also auch Ryanair!

  • ich will jetzt keine lanze für ryanair oder fürs fliegen im allgemeinen brechen - aber es gibt einfach für mittel- und langstrecken keine alternativen, ausser zuhause bleiben. schade, dass sich auf dem feld der nachhaltigen antriebe sehr wenig tut.



    was beim flugbashing immer angeführt wird - CO2 - wird beim autoverkehr schnell vergessen. der private autoverkehr hat sehr wohl alternativen, wird dafür aber überhaupt nicht gebasht. autofahren gehört in deutschland einfach dazu, egal ob auf dem land oder in der stadt. wieviel CO2 man hier einsparen könnte - das stellt das fliegen in den schatten. nichts wird von der politik getan, um alternative mobilität zu fördern, in den städten den radverkehr - zero ambitionen. gegenteil!! radverkehr wird in manchen kommunen gebasht, verhindert, abgewürgt. auf allen ebenen. alle entscheider sind autofahrer. wir kommen aus diesem teufelskreis scheinbar nie mehr raus. all cars are bastards

    • @the real günni:

      Doch, diese Alternativen gibt es. Segelschiffe oder Schiffe mit Flettner-Rotor.



      Dauert halt zwei Wochen, bis der Ozean überquert wurde, aber wenn der Europäer meint, mit seinem Urlaub die dortige Bevölkerung zu stressen oder gar imperialistisch auszubeuten (Kunde ist König, sehr her ich bin weiß, ich kann es mir leisten und ihr nicht), der kann ruhig einige Wochen drauf packen.

    • @the real günni:

      "all cars are bastards"

      Ok, auch eine Massage!



      Kann ich auch, isch habe gar keine Fahrrad und Öffis sind mir zu gefährlich und schmuddelig.

      Da liebe ich meine Autos, das Motorrad oder natürlich auch das Quad, für just for fun!

      • @AuchNeMeinung:

        Fahrrad und Öffis sind mir zu gefährlich und schmuddelig - 100% zustimmung

    • @the real günni:

      Ryanair fliegt keine Langstrecken. Ihr Geschäftsmodell beruht darauf, dass sie ausschließlich B737 fliegen.



      Klare Prozesse, Rating der Piloten für alle Flieger. Dadurch sind sie flexibler. Sie werden von Flugplätzen subventioniert, da diese die Anforderungen von Ryanair erfüllen müssen, um eine zugesicherte Anzahl von Passagieren "abzocken" zu können.



      Sie zahlen weniger Gebühren als andere Airlines. Werden die Gebühren erhöht, verschwindet Ryanair dort, und findet einen neuen Flughafen.



      O'Leary ist wahrscheinlich einer der cleversten, skrupellosesten, menschenfeindlichsten Kapitalisten.



      Dagegen ist Musk ein Philanthrop

    • @the real günni:

      Ich stimme zu das beim Autoverkehr viel eingespart werden kann, aternativen prüfen etc.. Allerdings gilt das auch beim Fliegen. Es gibt kein Recht auf billigvielfliegerei zum Wochenende und viele Strecken sind zu Not oder Vergnügen auch anderweitig bewältigbar.



      Stimmt die Annahme des Artikels das Co2 Ausstoß beim Fliegen ~3 × klimawirksamer ist als co2 Ausstoß am Boden, ist die klimawirksamkeit vom zivilen Luftverkehr in Europa etwa gleich hoch wie die des gesamten zivilen PKW Verkehrs. Bei co2 ausstoss pro personenkilpmeter schneidet Flugverkehr denkbar schlecht ab. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll den Flugverkehr mehr einzuschränken auch die Bewohner der beliebten europäischen Metropolen werden dafür dankbar sein.



      www.europarl.europ...-fakten-infografik

      Interessanter link zu Darstellung des co2 ausstoßes nach Verkehrsmittel und Personenkilometer:



      www.dpg-physik.de/...sionen-beim-reisen

      • @niko:

        ja aber auch hier, beim europäischen verkehr, wäre die bahn für viele strecken eine gute alternative. wäre, weil auch hier in zentral gelegenen deutschland alles dafür getan wurde, dass die bahn nicht gefördert wurde. der brennertunner wird fertig sein, und in bayern überlegt man immer noch, wie denn dann mal die strecken verlaufen könnten. alles dukomentiert. peinlich und desaströs, stört hier im lande nur niemanden. weil man hat ja sein auto.

  • Zu keinem Zeitpunkt haben mehr als 3% der Ryanairfluggäste die Möglichkeit zur CO2 Kompensation überhaupt aktiv genutzt. Die Marketing und Verwaltungskosten überstiegen hier wahrscheinlich deutlich die Einnahmen und da inzwischen auch keine PR-Punkte bei dem Thema mehr drin sind, ziehen die Unternehmen die Angebote jetzt eben wieder zurück.