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Klimaforderungen von KonzernchefVW schlauer als FDP

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Wirtschaft ist klimapolitisch weiter als FDP-Chef Lindner und CDU-Chef Laschet. Ihr Druck aufs Tempo ist für die Koalitionsverhandlungen nötig.

Teil von VW: Skoda-Fabrik in Tschechien Foto: Slavek Ruta/ZUMA/imago

M anche Industriemanager sind in Klimafragen weiter als die bisherige politische Führung Deutschlands – und als Armin Laschet und Christian Lindner. Ausgerechnet Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, dem größten europäischen Autohersteller, hat via Twitter den Ar­chi­tek­t:in­nen der neuen Bundesregierung einen klimapolitischen Forderungskatalog ins Aufgabenheft geschrieben, der es in sich hat. Er will unter anderem eine deutliche Anhebung des CO2-Preises und den Ausstieg aus der Subventionierung fossiler Treibstoffe, also das Autofahren erheblich verteuern. Es ist hilfreich, dass die künftige Bundesregierung auch vonseiten der Industrie unter Druck gerät und der Manager die Forderungen von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen und Umweltverbänden verstärkt.

Der VW-Chef liegt mit seinem Vorstoß völlig richtig. Eine wirksame Klimapolitik ist ohne die rasche Abkehr vom Benzin- und Dieselmotor nicht möglich. Und die wird nur elektrisch schnell umsetzbar sein. Die Diskussion über wasserstoffbetriebene Fahrzeuge oder alternative Kraftstoffe, wie sie gerade von der Union und der FDP immer wieder forciert wird, ist ein billiges Ablenkungsmanöver, um den Umbau der Industrie aufzuhalten. Diese Verschleppung ist nicht nur unter Klimaaspekten grundfalsch. Sie ist auch wirtschaftspolitisch fatal. Die Industrie vor den Anforderungen einer klimafreundlichen Produktion zu schützen, schadet Unternehmen – weil sie zu spät umstellen und dann nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

VW-Chef Diess gehört zu denen, die das begriffen haben. Wirklich konsequent ist er aber nicht, sonst wäre er auch für ein klares Ausstiegsdatum für Verbrennerautos. Doch die will VW außerhalb Europas weiterbauen. Das zeigt, dass die Wolfsburger Klimafreundlichkeit weniger von ökologischer Sorge als vom Sinn fürs Geschäftemachen getrieben ist. Macht nichts: Dass Klimaschutz und Profit kein Gegensatz sind, ist gut. Für die Grünen ist das nicht neu. Union, SPD und FDP müssen sich an diesen Gedanken aber noch gewöhnen. Hoffentlich tun sie das schnell.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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21 Kommentare

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  • @KARLOS:

    Keine Steuern? Wo soll denn das Geld für die Förderung der E-Dienstwagen und der Ladesäuleninfrastruktur herkommen? Neuverschuldung?

    Lindner, hilf!

    Nein, nein. Diese Steuereinnahmen werden schon sein, nur nicht bei den Besserverdienenden. Das Kapital ist ja ein scheues Reh...

  • Passt hervorragend mit dem FDP Programm "Keine Steuern" zusammen.

    Staatseinnahmen über "Verbraucher - Abgaben" einholen.

    Das ist die UNSOZIALSTE Staatsfinanzierung.

    Macht Brot und Brötchen teurer.

    Aber ob die "Winterkorns, Diesse und Quands" dieser Welt mal eben nach New York jetten

    und dort ein 350 Dollar Schimmelsteak essen und

    5 oder 10 Euro "CO2 Flugbenzin" tanken ist Schnurtz.

    Hoffentlich bleibt der Authorin des Artikels noch Geld für die nächste Mieterhöhung.

  • E-Autos sollen die Lösung sein? Na da bin ich aber gelinde gesagt skeptisch.



    Ladeinfrastrukur? Sieht mau aus. Infrastruktur des Stromnetzes? Stellen wir uns mal vor, ab 18 Uhr will jeder sein Auto laden damit er morgens wieder ganz allein in seinem eigenen Auto zur Arbeit fahren kann.



    Von Erdgas redet irgendwie keiner mehr, da favorisiert man lieber Fahrzeuge die Akkus brauchen, deren Herstellung und spätere Entsorgung ein ökologischer Alptraum sind.



    Und das ein Umdenken beim Massenverkehr vielleicht auch angebracht wäre, auch nicht.



    Ich empfehle das Video „Vier Räder sie zu knechten!“ vom ZDF Magazin Royale und Jan Böhmermann.

  • @SCHNURZELPU:

    Vor allem ist er auf die Staatsknete aus.

    Was sollen diese lumpigen Krankenpfleger*innen alles kriegen. Er will auch was abhaben!!1!

  • Mit dem Klimawandel lassen sich z u s ä t z l i c h e Profite machen! Mit einer zusätzlichen Antriebsart, die darauf abzielt die Flottenemissionen in die Nähe der europäischen CO2 Grenzwerte pro PKW zu rechnen, und dem Greenwashing des automobilen Straßenverkehrs dient. Wie schon beim Kat, dem Erdgasauto und dem Bio-Sprit E10 geschehen.



    Oberste Priorität hat für einen Konzernlenker Umsatz und Gewinn, nicht das Klima. Es ist seine Pflicht, im Interesse der Aktionäre zu handeln und zusätzliche Profitquellen und Steuersubventionen zu erschießen (wenn er auf der nächsten Aktionsversammlung wieder gewählt werden will). Gerade der VW Konzern, wie die gesamte Branche, hat mit dem organisiertem Abgasbetrug bereits bewiesen, dass ihm Klima, Umwelt, Gesundheit und Gesetze herzlich wenig interessieren.



    Pampern wir also weiter die Blender und Betrüger mit ihrem geschickten Klimamarketing. Wenn VW nun auch noch zusätzlich Lastenfahrräder mit der Markenbezeichnung "Greta" oder "Thunberg" baut und vertreibt, dann wird der Konzern zum Klimaretter und Fridays for Future bedeutungslos gemacht haben.



    Auf letzteres zielt die E-Mobil-Propaganda ab!

    • @Drabiniok Dieter:

      Sie liegen völlig falsch. Alle Parteien, die regierungsfähig sind, haben sich dem Ziel verschrieben, den Klimaschutz zu stärken und zwar unter Erhalt des Wohlstands in Deutschland. Nur so geht die Bevölkerung mit. Und dazu gehört eben auch die Automobilindustrie und die Zulieferer, die Millionen Deutschen Arbeit und Brot gibt. Auf der Zeitachse werden die Autos elektrifiziert oder neue Antriebe werden erfunden. Die von einer Minderheit von Ideologen angestrebte Abschaffung des Individualverkehr wird niemals kommen. In der ganzen Welt arbeiten die Autofirmen an Innovationen. Es ist auch für unser Steieraufkommen nur zu gut, dass die Deutschen mit dabei sind.

      • @Leo Bronstein:

        Leider ist das ein unrealistischer Traum. Wasch mich, aber mach mich nicht naß. Eat the cake and have it. Klimaschutz mit dem jetzigen Maß an Konsum und motorisiertem Individualverkehr ist leider ein Märchen.

      • @Leo Bronstein:

        Leider haben Sie versäumt mitzuteilen, wo ich falsch liege. Aber vielleicht kommt da noch was, über die Weiter-So Ideologie der Besitzstandswahrer hinaus.



        Würde mich freuen!



        Herzliche Grüße

  • Über 60% der KFZ-Zulassungen sind Dienstwagen. Welche Auswirkungen hat die Subventionierung der Dienstwagen auf die Fahrzeugentwicklung und Fahrzeugnutzung? Den Markt für preisgünstige und umweltfreundliche Leichtfahrzeuge überlassen Deutschlands Autokonzerne vermutlich Asien. Das werden wir so in fünf bis zehn Jahren sehen. 1,5 bis 2,5 Tonner mit Elektroantrieb sind jedenfalls keine umweltfreundliche Mobilität, sondern weiterhin phantasielose Ressourcenschleudern.

    • @Lieblich:

      Der Neuzulassungen bitte - ein Neuwagen hat sehr hohen Wertverlust was diesen für private Nutzer unattraktiv macht.

      Was spricht dagegen? Ich kenne kein Industriegebiet hier im Herz der deutschen Industrie das mit ÖPNV erreichbar wäre - schon gar nicht mit Ausrüstung die viele Dienstwagennutzer benötigen.

  • Seine Haltung ist nachvollziehbar, Milliarden investiert, mehr Marge durch weniger Teile am Auto, leichtere Modellvielfalt... Nur der Deutsche will Schnell fahren und weit... Beides verträgt sich nicht... Also Tempolimit... Seine absicht hat also nix mit umweltschutz zu tun... Wenn bei 160km/h diese e. SUV'S 25-32kw auf 100km fressen. Die Batterien nach acht jahren Schrott, Batterien als Ersatzteile aber nicht lagerfähig sind. (Alterungsprozess ab produktionsabschluss). Ladeinfrastrukturen in Städten für nichtmal 15% des jetzigen Fahrzeugbestand nicht umsetzbar ist... Logo das ich solche Forderungen an die Politik stelle... Denn vom Volk wird diese energiewende nicht mitgetragen... Das wird dann ehr wie ne mischung aus Proebitionsverhalten der 30 und KFZ Optik wie auf Kuba...

  • Die FDP hat eigentlich das cleverste Klimaprogramm - CO2 Bepreisen und verteuern. Mehr muss man nicht machen, alles andere regelt der Markt.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Wombat:

      Nur dass die Regelstrecke sehr groß ist und der Markt damit erst in 10 Jahren reagieren könnte und unterdes einige Marktteilnehmer entweder Hungers sterben oder aber den Markt in Brand setzen.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Es ist eine politische Entscheidung wie lang die Regelstrecke ist.

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Wombat:

          Quark. Eine Energieversorgung bauen sie nicht Mal eben in drei Jahren um. Die Produktion auf erneuerbare umzustellen dürfte mehr als zehn Jahre dauern.



          Die Realität passt in kein Excel-Sheet

  • Noch 'ne Korrektur:

    "Eine wirksame Klimapolitik ist ohne die rasche Abkehr vom B̶e̶n̶z̶i̶n̶-̶ ̶u̶n̶d̶ ̶D̶i̶e̶s̶e̶l̶m̶o̶t̶o̶r̶ AUTO nicht möglich."

  • "Dass Klimaschutz und Profit kein Gegensatz sind, ist..."

    ...oft nur ein Märchen, aber ganz bestimmt, wenn die Automobilindustrie involviert ist.

    Hoffentlich kapieren das noch ein paar Menschen, bevor es zu spät ist.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Alles richtig, nur der Herr Diess macht das nicht des Klimas wegen. Sondern weil VW voll auf Elektrisch gesetzt hat und die Konkurrenz schädigen will.

  • "Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihm"



    (Sunzi, ca. 500 v. Chr.)

  • Das Kleingedruckte bei denen: Staatsknete für (elektro-) Dienstautos; Staatsknete für Ladeinfrastruktur; Carsharing (im Gegensatz zu Öffis?); "Fairer Zugang" zu Daten aus Autos; 5G [1] wegen autonomen Fahrens.

    Nee, danke. Steuergelder, um die Stadt noch mehr mit Blech zuzumüllen?

    Der Vergleich mit Laschet und Lindner ist ein wenig unfair. Gegen die Combo performt sogar mein Meerschweinchen [2] blendend.

    [1] Nix gegen 5G, aber wozu braucht nochmal ein autonomes Fahrzeug überall Breitband, und bleibt es dann stehen, wenn's offline ist? Ach kommen Sie, Herr Diess.



    [2] Nein, ich habe keins. Aber tun wir mal so.

    • @tomás zerolo:

      Die Forderung nach subventionierter Infrastruktur ist mal wieder typisch für die Autoindustrie und die sogenannten Wirtschaftsliberalen, die immer vom Markt reden, aber im Ernstfall wesentliche Investitionen gern komplett staatlich finanziert haben wollen. Weder die Industrie noch die Autofahrer kommen für Straßen, umweltgerechte und weitere Infrastruktur auf. Wie auch dass die EEG-Umlage beim Strom vor allem von Haushalten bezahlt wird, aber nicht von der Industrie.

      Und die Realität ist wohl, auch die Autofahrer sind nicht bereit, beim Elektroauto für die Infrastruktur zu zahlen, die ihr Hobby so kostet. Nicht markffähig, würden die Wirtschaftsradikalen von der FDP bei



      anderen Dingen wie mehr und besser bezahltes Personal für Krankenhäuser, Kitas und Schulen sagen. Vielleicht sollte man dem mal ins Auge sehen, dass privat finanzierte Privatautos auch nicht marktfähig sind, schon wegen der Kosten der Stellplätze in der Stadt, die ja auch wieder die Öffentlichkeit zahlt. Wenn das der Markt regeln kann, warum hat es eine Abwrackprämie gebraucht? Wo bleiben eigentlich Eigenverantwortung und Verursacherprinzip?

      Und das ist nicht mal neu: Der Aufsteig der Autos in den 1950zigern wäre nicht möglich gewesen ohne den anfangs militärisch-strategisch motivierten Autobahnbau und eine umfassende Zurichtung der im Krieg großteils zerstörten Städte auf die Interessen der Autoindustrie.