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Klage gegen Kruzifix-Pflicht in BayernKarlsruhe vertrödelt heikles Urteil

Es wäre eine spannende Entscheidung geworden: Ein Lehrer hatte gegen die Kruzifix-Pflicht in Schulen geklagt. Doch das Gericht wartete zu lange.

Umstritten: Kruzifix in einem bayerischen Klassenzimmer. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Bayerische Lehrer können auch künftig in der Regel nicht verlangen, dass ein Kruzifix im Klassenzimmer abgehängt wird. Das Bundesverfassungsgericht ließ die Klage des bayerischen Grundschullehrers Christoph Wolf so lange liegen, bis er altersbedingt aus dem Schuldienst ausschied. Die mit Spannung erwartete Grundsatzentscheidung entfällt also.

Das Kruzifix führt in Bayern immer wieder zu Streit. Traditionell mussten Klassenzimmer in bayerischen Volksschulen (Grund- und Hauptschulen) mit einem Kruzifix ausgestattet sein. Diese Pflicht hat das Bundesverfassungsgericht 1995 beanstandet. Die Religionsfreiheit verbiete es, dass Kinder zum „Lernen unter dem Kreuz“ verpflichtet werden. Das Urteil sorgte damals in Bayern für Aufruhr, mehr als 30.000 Menschen demonstrierten in München, an der Spitze der damalige CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber.

Kurze Zeit später änderte der Landtag das bayerische Unterrichtsgesetz. Renitent ordnete das Parlament für alle Grundschulen an, dass „in jedem Klassenraum ein Kreuz“ anzubringen ist. Allerdings wird das Kreuz vom Gesetz nun als Zeichen der „kulturellen und geschichtlichen Prägung Bayerns“ definiert, also nicht als christliches Symbol. Sicherheitshalber räumte der Landtag den Eltern aber auch ein Widerspruchsrecht ein. In der Praxis machen bisher nur wenige Eltern davon Gebrauch.

Für Lehrer gibt es kein ausdrückliches Widerspruchsrecht. Bisher konnte nur ein Lehrer, Konrad Riggemann aus Pfaffenhofen, für sich das Recht erstreiten, in einem Grundschul-Klassenzimmer ohne Kreuz zu unterrichten. Der Münchener Verwaltungsgerichtshof (VGH) gab seiner Klage Ende 2001 statt, betonte aber, dass es sich um einen „atypischen Einzelfall“ handele.

Riggemann lehnte das Kreuz als Zeichen der „Erlösung durch Hinrichtung“ ab. Für ihn sei das Christentum eine Religion der Liebe und des Lebens. Der Lehrer machte die im Kruzifix symbolisierte „sadistische Gewalt“ auch für Antisemitismus verantwortlich und veröffentlichte dazu das Buch „Kruzifix und Holocaust“.

Der VGH akzeptierte, dass Riggemann nach seinen intensiven theologischen Studien tatsächlich nur „unter unzumutbaren Gewissensnöten“ in einem Klassenzimmer mit Kreuz unterrichten könne. Für andere Grundschullehrer gelte allerdings grundsätzlich die gesetzliche Kruzifix-Pflicht.

Kein Glaubenssymbol?

Christoph Wolf, der als Lehrer an der Grundschule von Neusäß-Westheim bei Augsburg unterrichtete, wollte das nicht akzeptieren. Ohne großen theologischen Überbau erklärte er, dass er aus der Kirche ausgetreten sei und deshalb nicht „unter dem Kreuz“ unterrichten wolle.

Das Verwaltungsgericht Augsburg lehnte seine Klage 2008 jedoch ab, ebenso der Münchener VGH im Jahr 2010. Da Wolf Beamter sei, gälten für ihn höhere Hürden als für Eltern. Er müsse grundsätzlich akzeptieren, dass das Kruzifix in bayerischen Schulen laut Gesetz kein Glaubenssymbol sei.

Dagegen erhob Wolf Verfassungsbeschwerde. Natürlich sei das Kruzifix weiter ein christliches Glaubenszeichen. Es sei eine „Ausrede“, wenn es vom bayerischen Gesetzgeber nur als geschichtlich-kulturelles Symbol bezeichnet werde. Seine Glaubensfreiheit dürfe auch nicht durch Beamtenrecht eingeschränkt werden. Vielmehr gehöre es zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die staatliche Neutralität zu wahren.

Seit 2010 lag Wolfs Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe. Zunächst war Präsident Andreas Voßkuhle zuständig, ab 2012 dann Peter Müller, der ehemalige CDU-Ministerpräsident des Saarlands, der inzwischen Verfassungsrichter ist. Die Entscheidung hätte spannend werden können, denn im Karlsruher Kruzifix-Beschluss von 1995 heißt es ausdrücklich: „Wie bereits festgestellt, kann das Kreuz nicht seines spezifischen Bezugs auf die Glaubensinhalte des Christentums entkleidet und auf ein allgemeines Zeichen abendländischer Kulturtradition reduziert werden."

Tatsächlich kündigte das Gericht schon für 2014 eine Grundsatzentscheidung des Zweiten Senats an, die dann aber ausblieb. Auch auf der jüngst veröffentlichten Liste der für 2015 geplanten Senatsentscheidungen stand das Verfahren noch.

Umstrittene Verfassungsbeschwerde

Was die Richter aber übersahen (oder gerne in Kauf nahmen): Christoph Wolf ist nicht mehr der Jüngste. Seit Mitte 2013 ist er im Vorruhestand, im kommenden Sommer wird der 64-Jährige endgültig pensioniert. Als nun auch noch sein Anwalt (inzwischen über 80-jährig) seine Zulassung aufgab, nahm Wolf die Verfassungsbeschwerde zurück. Als Pensionär hätte ihm wohl ohnehin das so genannte Rechtsschutzbedürfnis gefehlt.

Wolf, lange aktiv in der Lehrergewerkschaft GEW und Mitglied im Bund für Geistesfreiheit, ist nun frustriert. Für den Rechtsstreit hatte er einiges auf sich genommen, bekam Dutzende anonyme Briefe, wurde im Lehrerkollegium schief angeschaut und die örtliche CSU forderte sogar, ihn an eine andere Schule zu versetzen.

Am Ende hat sich das Verfassungsgericht nicht einmal mit seinen Argumenten befasst. „Ich gehe davon aus, dass die Richter an das Problem nicht rangehen wollten“, sagte er der taz, „nachdem es 1995 so viel Ärger gab.“

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37 Kommentare

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  • Wie hieß es doch?

     

    "Die BRD wird am Hindukusch verteidigt!" Also Taliban bohren und Brunnen erschießen ist ok!

     

    Aber hier dann Katholiban & Co in den Allerwertesten kriechen?

     

    Warum werden die letzteren nicht gebohrt oder erschossen?

  • Bei einer Firma spricht man von Insolvenzverschleppung, wenn sie in einer derartigen Lage ihren Auskunfts- und Handlungspflichten nicht nachkommt. Was haben wir hier - Rechtsverschleppung?

  • Ich finde es begrüßenswert, dass religiöse Symbole im öffentlichen Raum wieder präsenter werden. Das gilt natürlich für Symbole aller Religionen, nicht nur für die christlichen und muslimischen

  • Christoph Wolf sollte die Bundesrepublik Deutschland vor dem EGMR in Straßburg wegen überlanger Verfahrensdauer (Verstoß gegen Art. 6 EMRK) verklagen.

  • Es ist toll, wie man sich im Leserforum der taz seit Jahrzehnten mit Bayern und seiner - man könnte oft meinen - reaktionären Politik auseinandersetzt. Ich erlaube mir hier anzumerken, dass in Bayern, wo auch ich lebe, bei Weitem nicht alle auf der Linie der "staatstragenden Partei" sind. Die beiden größten Städte, München und Nürnberg, sind gar von SPD-OBs geführt. Doch an Bayern, das gerade von Leuten von außen allzu häufig mit CSU gleichgesetzt wird, reibt man sich eben gerne. Ich frage mich nur, warum Bayern von allen Bundesländern den größten Zuzug hat, wenn hier alles so schrecklich intolerant sein soll. Das zeigen auch die Anteile an Migranten in Nürnberg mit 37 % und München mit 34 %. In Berlin sind es dagegen gerade mal 22 % und in Hamburg 26 %. How comes ?

  • Der Papst ist da ja schon viel weiter. Während einige Verfassungsrichter offenbar die Hosen gestrichen voll haben, wenn es um Kreuze in bayrischen Schulen geht, hat er kurzerhand sämtliche Mafiosi exkommuniziert. Nur so kann's gehen, wenn man es denn wirklich ernst meint mit dem Glauben und der Religionsfreiheit.

    Für die zahlreichen Freunde des sinnlosen Kompromisses plädiere ich schon mal auf Knoblauchkränze über bayrischen Schultüren.

  • Naja, wenn es irgendjemanden gibt, der nicht nur beamteter Lehrer, sondern das auch noch in Bayern gibt, und sich daran stört, kann der ja neu anfangen.

     

    Ich bezweifle allerdings, dass es jemanden gibt, der die Negativbezeichnung "Lehrer" noch durch seine Tätigkeit in Bayern herabsetzen will, der sich diese Mühe machen würde.

  • Schon blöd, wenn Verfassungsrichter zu feige sind, die Verfassung zu schützen.

  • Wenn ich die Rechtslage richtig verstanden habe, muss das Kruzifix im Klassenzimmer abgenommen werden, wenn der Lehrer dies verlangen.

     

    Was aber ist, wenn der Lehrer verlangt, dass das islamische Kopftuch im Klassenzimmer abgenommen wird? Beide religiösen Symbole könnten doch das „Seelenheil“ des Lehrers und atheistisch erzogener Schüler beeinträchtigen?

     

    Und noch was: Genau die Leute, die seinerzeit vehement ein „Kruzifix-Verbot gefordert hatten, begrüßen jetzt überschwänglich die vor ein paar Wochen gerichtlich ergangene „Kopftucherlaubnis“!

     

    Man muss sich schon gut in juristischen Winkelzügen auskennen, um das unter einen Hut zu bringen!

    • @Pfanni:

      Hier besteht folgender Unterschied:

       

      Wenn die Schule aktiv Werbung für das Christentum macht (durch die ständige Überpräsenz von Kreuzen), verletzt sie ihre Neutralitätspflicht.

       

      Wenn Schüler/Lehrer hingegen ein Kreuz/Kopftuch/Kippa/Turban/whatever tragen, üben sie damit ihre Religionsfreiheit aus.

       

      Schule = öffentliche Institution

       

      Lehrer/Schüler = Personen

      • @pippilotta_viktualia:

        Das ist schlau -

         

        aber etwas komplizierter ist dieser

        Gehobene Dreisatz de jus -

        denn doch - wie Karlsruhe

        auch gut weiß ~> Schulfrieden;)

        Finde den Fehler!

        • @Lowandorder:

          "wändewürde und hausfrieden"

          vortrag von law&order

          zum wänderecht der schulklowand

          demnächst hier, in dieser postille.

  • Warum denn nicht mehrere Symbole aufhängen, je nach Schülerstand? Wenn es mehrere Religionen in der Klasse gibt sollen auch mehrere religiöse Symbole an die Wand - oder eben gar keins. Das lässt sich sogar mit einem Symbol für Atheisten kombinieren.

    Jeder kriegt eins und a Ruah is'!

    • @Peter Sanderone:

      Neeee.. wenn es überhaupt eine symbolische Kulturfigur gibt, die die boarischen Werte von operettenliebende schwulen Kosmopolitlinken bis zu lokalpatriotischen Rechtsaußen vereint, dann den Kini. Ludwig II.-Büsten statt Kreuze in alle Klassenzimmer, presto!

    • @Peter Sanderone:

      endlich mal einer, der die chose kreativ angeht.

      eine projektwoche "symbole unserer welt" und die schulzimmerwand ist nicht wiederzuerkennen!

  • Frau Christine Rölke-Sommer schrieb als Kommentar:

    die frage sollten Sie zuallererst an den bayerischen Gesetzgeber richten, der das Kreuz kurzerhand vom religiösen zum kulturellen Symbol um gebacken hat.

    Antwort: Die Bayern sind halt clever

     

    Sonstiges zu clever:

    Der gestrige Film "Nackt unter Wölfen", da war der Lagerleiter nach der Lagerauflösung auch clever, Er hat sich die Haare abrasiert und Lagerkleidung angezogen....war das eventuell auch ein Bayer.

    Noch sonstiger es:

    Die Begriffe: Ski Heil. Berg Heil, Petri Heil und Heil H....., kam sicher nicht aus Hamburg

    • @schratzl:

      ...auf dieser Welt gibt es viele Dinge, die nicht aus HAMBURG kommen ; )

  • "Allerdings wird das Kreuz vom Gesetz nun als Zeichen der 'kulturellen und geschichtlichen Prägung Bayerns' definiert, also nicht als christliches Symbol."

     

    "Natürlich sei das Kruzifix weiter ein christliches Glaubenszeichen. Es sei eine „Ausrede“, wenn es vom bayerischen Gesetzgeber nur als geschichtlich-kulturelles Symbol bezeichnet werde."

     

    Geht es jetzt um Kreuze oder um Kruzifixe? Dass ist nicht das Gleiche.

  • Kreuz und Kopftuch weg aus den Schulen. Religion ist Privatvergnügen.

  • Naja, nach dem Kopftuchurteil wäre ein Kruzifixverbot auch reichlich schwer zu begründen gewesen.

  • Ich finde es begrüßenswert, dass religiöse Symbole im öffentlichen Raum wieder präsenter werden. Das gilt natürlich für Symbole aller Religionen, nicht nur für die christlichen und muslimischen

  • Die Verfassungsrichter sind nicht unabhängig. Hier knobeln die Parteien aus wer ihnen in den Kram passt.

     

    Die einzig möglichen Täter dürfen sich also selbst die Richter einsetzen, die ihre (Un)Rechtsstaats- und (Diktatur)Demokratie-Vorstellungen teilen.

     

    Als ich ein Kind war lebte ich in den Trümmerfeldern des 2. Weltkrieges.

    Heute lebe ich in Trümmern der Hoffnung auf Freiheit und Gleichheit... .

     

    Die Unanständigen sind immer stärker als die Anständigen. Während der Anständige noch zögert wird er vom Unanständigen schon erschlagen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Feiglinge in roten Roben.

  • Bei jungen Kopftuch wünschenden Lehrerinnen sind sie fixer...

  • Solange dem Gesetzgeber der Mut fehlt, die "hinkende Trennung" (so scheint das wirklich zu heißen) von Staat und Religion in eine "glasklare" zu verwandeln, werden wir wohl Kruzifixe genauso wie Kopftücher in Schulen ertragen müssen.

    • @jhwh:

      Nur keine Angst, das wird schon noch. Wir dürfen uns bloß nicht zuvor die Köpfe einschlagen im Streit darüber, ob unser "Mut" nicht doch vielleicht eher ein Leichtsinn ist.

  • Die Entscheidungen und Handlungsweisen des BVerfG werden immer weniger verständlich. Gibt´s denn beim staatlichen Neutralitätsgebot tatsächlich so viel Interpretationsspielraum?

    • @Rotbarsch:

      die frage sollten Sie zuallererst an den bayerischen gesetzgeber richten, der das kreuz kurzerhand vom religiösen zum kulturellen symbol umgebacken hat.

      • @christine rölke-sommer:

        na sehen Sie, was Frau Ludin mit ihrem Kopftuch recht ist, ist dem bayerischen Gestzgeber mit dem Kruzifix billig.

         

        Es wird zum kulturellen oder Symbol oder zum Ausdruck der weiblichen Unabhängigkeit umgebacken.

        • @Faulpelz:

          hauptsache, die gran' ol' schachtel backt's nicht zum por-no um, wa.

      • @christine rölke-sommer:

        Was heißt hier "umgebacken"? Ist Religion nicht immer eine kulturelle Leistung? Ich meine: Was soll sie sonst sein? Biologisches Geschehen? So was wie ein Naturgesetz?

         

        Die Christen haben ein römisches Machtsymbol und Folterinstrument zum Hoffnungssymbol umgedeutet. Das ne kulturelle Leistung finde ich. Was ähnliches passiert gerade mit dem Stoff, den sich Musliminnen nicht von der Mehrheitsmeinung (nur) zum Symbol der Unterdrückung machen lassen wollen. Das spannende daran ist, dass hier gleiches Recht für alle gelten muss. Zumindest in der Theorie.

         

        Mag sein, dass man "das Kreuz nicht seines spezifischen Bezugs auf die Glaubensinhalte des Christentums entkleide[n]" kann. Das kann man mit dem Kopftuch auch nicht tun. Genau das macht ja grad die Spannung aus. Und es bedeutet auch noch lange nicht, dass es nicht möglich ist, auf "allgemeine[] Zeichen abendländischer Kulturtradition" allergisch zu reagieren. Ich zum Beispiel tue das, wenn auch nicht so ganz freiwillig. (Man sucht sich seine Allergie nicht aus.) Weswegen es für mich durchaus ne gute Frage ist, ob es nicht tatsächlich "zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn" gehören müsste, "die staatliche Neutralität zu wahren", und zwar in alle Richtungen.

         

        Wobei: Noch besser wäre wohl die Frage, ob die besagte Fürsorgepflicht selbst noch zeitgemäß ist. Womöglich sollte jeder Lehrer selber wissen, was er/sie noch ertragen kann und was schon nicht mehr. Ein Kruzifix kann man für 45 Minuten ab- und nachher wieder aufhängen oder umgekehrt. Das tut dem Ding nicht weh. Und wenn es nur Kultur ist, ärgert man damit auch keinen Gott. Der Lehrerin mit Kopftuch aber kann gut eine zweite oder dritte folgen, die keins trägt. Kinder kämen damit klar. Die Welt von Kindern ist eh ziemlich bunt und wunderlich. Nur mit den Eltern gäbe es Probleme. Die sind in machen Fällen echt verkrampft.

        • @mowgli:

          umgebacken heißt: ein und denselben teig von einer form in eine andere verfüllt.

          was auch als herrschaftliche ne kulturelle leistung ist.

        • @mowgli:

          ich bin aus der Kirche längst ausgetreten und gehöre keiner Religion an. Das stimmt schon mit der Neutralität des Staates. Anderseits: je mehr man sich drüber aufregt umso mehr bewirkt es Gegenreaktionen, meine Erfahrung - auch eine Reaktion aus den Interventionen in der islamischem Welt. Aus einem Bedrohungsgefühl heraus => Solidarisierung. Wenn ich keinen Bezug dazu habe muss ich mich über ein Kreuz ja nicht aufregen, auch nicht über ein Kopftuch. Ich muss mich nicht mit Bibelkreis umgeben, auch nicht mit islamischen Fundamentalisten. Die Ideologie es auszutreiben hatten wir doch schon mal - Kommunismus. Auch Bismarck führte seinen Kulturkampf. Ergebnis: Solidarisierung u. Verstärkung des Problems. Genauso wie es ideologisch ist, eine religiös fundamentale Welt zu schaffen ist es umgekehrt ideologisch.

          In Bayern, da mit den Kreuzen gilt: Leben und leben lassen.

           

          Da wo der Staat wirklich auf Neutralität zu achten hätte tut er es nicht. Konfessionsschulen im Vormarsch. Ein Kreuz an der Wand ist kein Zwang. Ein Kopftuch für andere auch nicht. Aber eine konfessionelle Schule, Kindergärten usw. üben religiösen Zwang auf die Mitarbeiter aus. Das ist zu unterbinden, die kirchliche Trägerschaft wird aber gefördert, aus Kostengründen.

  • Die Entscheidungen und Handlungsweisen des BVerfG werden immer weniger verständlich. Gibt´s denn beim staatlichen Neutralitätsgebot tatsächlich so viel Interpretationsspielraum?

    • @Rotbarsch:

      Verfassungsrichter sind Bürger und haben eine Meinungsfreiheit. Sie unterstehen zwar so was wie einer Dienstaufsicht, sind sonst jedoch recht unabhängig im Hinblick auf ihre Entscheidungen. Wie Abgeordnete sind sie ihrem Gewissen verpflichtet und dabei nur an geltendes Recht gebunden. Sie müssen ihre Meinung allerdings sehr gut begründe, wenn sie Recht setzt. Deswegen war die Presse so gespannt auf dieses Urteil, das nun nicht mehr fallen wird - sofern sich nicht doch noch ein neuer Kläger findet.

       

      Nicht umsonst hat man für den Richterberuf das Wort rector (Leiter, Führer) aus dem Lateinischen entlehnt. In einem Rechtsstaat lassen sich ganz viele Leute von Richtern gerne sagen, wo's langgeht, auch die von der Presse. Das das nun noch ein wenig dauern kann, finde ich gar nicht schlecht. Wir sind ja gerade mitten im Prozess. Ganz vieles ist ganz furchtbar relativ inzwischen. Und Bayern lernt wohl grade von den Musliminnen im Schuldienst siegen. Das Kreuz scheint echt nicht mehr zu sein, was es mal war. Wer weiß, was demnächst noch alles passiert.

       

      Viel interessanter als die Frage nach dem "Interpretationsspielraum" (den gab es immer und der ist normal) ist meiner Ansicht nach die Frage, ob und mit welcher Konsequenz Verfassungsrichter eine Klage, die ihnen nicht schmeckt, einfach so liegen lassen können. In der womöglich nicht ganz falschen Hoffnung, dass sich die Sache bald von selbst erledigt hat. Es gibt ja doch einen Artikel 34 Grundgesetz. Da steht, dass, wenn der Richter seine Pflicht verletzt, der Staat eintritt. Wer wäre das in diesem Fall? Frau Merkel selbst? Der Bundesgauck? Oder das deutsche Volk?

       

      Wenn es das Volk ist, sind wir wieder da, wo wir im zweiten Absatz waren. Der "rector" würde dann die Menschen da hin "führen", wohin sie ohnehin schon trampeln, und zwar gelenkt durch die medialen Treibjagden. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Auch spannend, das.

    • @Rotbarsch:

      Ich fand auch lustig, dass die Deppen den ESM-Vertrag nicht gleich einkassiert haben^^ Die Ironie ist, dass wir aus Politikwissenschaftlicher Sicht echt eine der besten Verfassungsgerichtsbarkeiten der Welt haben (Amtszeit der Richter, Kompetenzen, etc.), aber die amtierenden Verfassungsrichter scheinbar keinen Bock haben diese Macht in offensichtlichen Fällen zu nutzen. Hartz IV Sanktionen sind auch so ein Paradefall :D