Kindergrundsicherung im Ausschuss: Zu wenig Geld und zu wenig Zeit

Sozialverbände und Kommunen kritisieren den Entwurf zur Kindergrundsicherung. Er habe wenig Effekt, aber verursache bürokratischen Aufwand.

Ein Kind sitzt im Einkaufswagen, lacht und wird von zwei Freund:innen angeschoben

Für ein bisschen mehr Unbeschwertheit: Kinder müssen unterstützt werden Foto: Jerome Gorin/Deepol/plainpicture

BERLIN taz | Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung ist unzureichend und muss nachjustiert werden. Darin waren sich am Montag die Sachverständigen aus Sozialverbänden und Kommunalvertretungen in der Anhörung zur Einführung einer Kindergrundsicherung im Familienausschuss einig. Zwar begrüßen die Verbände grundsätzlich das Vorhaben, doch auf Kritik stößt vor allem die Höhe der Leistung.

Die Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein, als eine Verwaltungsänderung, sagt Andreas Ast vom Paritätischen Gesamtverband. Denn sie bündele zwar Leistungen, die Höhe selbst bleibe aber unverändert. „Arme Kinder bleiben arm“, sagt Ast. Das Existenzminimum müsse erhöht werden, fordern daher der Sozialverband VdK, der Paritätische und die Arbeiterwohlfahrt.

Auf Widerstand stößt vor allem der FDP-Vorstoß, Erwerbsanreize setzen zu müssen. Dies sollte nicht über die Kinder geschehen, sondern auf dem Arbeitsmarkt, sagt Alexander Nöhring von der Arbeiterwohlfahrt. Eine Kindergrundsicherung brauche eine gute finanzielle Ausstattung, fordert VdK-Chefin Verena Bentele und setzt auf die Bereinigungssitzung zum Haushalt.

Zudem sei es wichtig sicherzustellen, dass die berechtigten Personen sich künftig wirklich nur an eine Stelle wenden müssten. AWO-Vertreter Alexander Nöhring nannte es „fatal“, dass Kinder von Asylbewerberinnen und -bewerbern keine Kindergrundsicherung bekommen sollen.

Höher bürokratischer Aufwand

Neben den Finanzen kritisieren die Kom­mu­nal­ver­tre­te­r*in­nen vor allem den hohen bürokratischen Aufwand, die Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen. Auch der Zeitplan steht auf der Kippe.

Für die Bundesagentur für Arbeit sei die Umsetzung der Kindergrundsicherung zum geplanten Einführungstermin am 1. Januar 2025 „nicht realisierbar“, so Vanessa Ahuja. „Wir können die Aufgabe stemmen, brauchen aber Zeit“, sagt sie. Stattdessen plädiert Ahuja für eine schrittweise Einführung ab dem 1. Juli 2025. Das habe vor allem mit der IT-Infrastruktur, dem Personalaufbau und nötigen Schulungen zu tun. Ahuja zufolge sind für die Umsetzung mehr als 5.300 zusätzliche Vollzeitstellen nötig.

Eigentlich sollte das Gesetzesvorhaben Bürokratie abbauen, indem es bisherige Leistungen wie das Kindergeld, das Bürgergeld für Kinder, den Kinderzuschlag für gering verdienende Eltern und teilweise auch Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket unter dem Oberbegriff der „Kindergrundsicherung“ zusammenfasst. In der Umsetzung soll eine neu einzurichtende „Familienservicestelle“ bei der Bundesagentur für Arbeit dieseauszahlen.

Kommunale Mehrbelastung

Doch stattdessen klagen die drei kommunalen Spitzenverbände – der Städtetag, der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund eine Mehrbelastung an. Von wirklicher Vereinfachung und Entbürokratisierung könne keine Rede sein, klagt Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.

Mit der neuen Familienservicestelle käme es zu Doppel- und Parallelstrukturen und einer deutlichen Verschlechterung der flächendeckenden Erreichbarkeit und Beratung, kritisiert der Deutsche Landkreistag in einer Stellungnahme.

Vergangenen Donnerstag hat der Bundestag mit der Beratung über den Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung begonnen. Der Entwurf ist ein Kompromiss, um den Familienministerin Lisa Paus (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) monatelang gerungen haben. Bis Mitte Dezember soll der Bundestag das Gesetz beschließen. Anfang Februar soll das Gesetz durch den Bundesrat.

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