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Katja Suding über Familienpolitik der FDP„Eltern hätten es dann sehr schwer“

Ihre Karriere müssten Frauen selbst hinbekommen, sagt die Liberale Katja Suding. Sie bräuchten mehr Bildung, nicht mehr Rechte.

FDP-wählende Eltern hätten viel zu schultern Foto: dpa
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Frau Suding, ich möchte Sie mit drei potenziellen Wählerinnen bekannt machen: Nummer eins liebäugelt sehr mit der FDP, weil sie extrem leistungsbereit ist und etwas werden möchte. Aber in ihrem Unternehmen kommt sie nicht weiter, weil der Chef immer wieder seine Lieblingsjungs befördert. Was tut die FDP für diese Frau?

Katja Suding: Es ist ja nicht Aufgabe einer Partei, jemandem bei seiner individuellen Karriere zu helfen. Das müssen Frauen wie Männer schon selber hinbekommen. Aufgabe der Politik ist es, für Bildung zu sorgen und dafür, dass es überhaupt gute Arbeitsplätze gibt.

Aber Ihre Konkurrenz bietet da ja durchaus etwas an.

Ja, was denn?

Eine Frauenquote.

Bild: dpa
Im Interview: Katja Suding

Die Politikerin, Jahrgang 1975, ist Fraktionschefin sowie Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl der Hamburger FDP.

Eine Quote greift in die Vertragsfreiheit der Unternehmen ein. Die müssen selbst entscheiden dürfen, wen sie einstellen und befördern.

Das dürfen sie ja auch mit Quote, es gibt ja viele Frauen und Männer. Sie müssen nur ihren Blick weiten, um aus ihren Vorurteilsstrukturen herauszukommen. Denn es wollen ja alle gern Frauen dabeihaben, sie sehen sie nur oft nicht.

Das tun Unternehmen in dem Moment, in dem sie Fachkräfte suchen, von ganz allein. Und das nimmt im Zuge des Fachkräftemangels auch noch weiter zu.

Offenbar nicht. In den Aufsichtsräten brauchte es erst eine Quote. Und auf diesen Ebenen gibt es auch keinen Fachkräftemangel.

Aufsichtsräte und Vorstände sind die Spitze. An der breiten Basis hat sich längst etwas geändert, dazu hat auch die Diskussion um die Quote beigetragen. Der demografische Wandel zwingt uns, die Unternehmenskulturen ändern sich rasant. Warten Sie mal ab, das werden wir beide miterleben.

Wählerin Nummer zwei hat zwei Kinder erzogen und möchte nun von Teilzeit wieder in die Vollzeit zurück. Ihr Unternehmen bietet viele Arbeitszeitmodelle an, aber nur für Reduzierungen. Die Rückkehr auf eine Vollzeitstelle wird ihr verweigert. Was tun Sie für diese Wählerin?

Da gilt das Gleiche. Ich verstehe natürlich die Einzelne, für die das schwierig ist. Wenn ich aber ein Recht auf Vollzeit gesetzlich verankere, werden Unternehmen diese Mütter einfach nicht mehr einstellen.

Aber wenn moderne Väter dasselbe Recht auf Rückkehr in Vollzeit haben, dann kann man ja gar keine Eltern mehr einstellen.

Völlig richtig: Eltern mit kleinen Kindern hätten es dann sehr schwer.

Obwohl es einen Fachkräftemangel und den demografischen Wandel gibt? Sind die Unternehmen dann nicht auch auf junge Eltern angewiesen?

Ja, dann brauche ich aber diese Regelungen sowieso nicht mehr.

Fall drei: Ich bin Mitte 50 und habe 10 Jahre lang für meine drei Kinder ausgesetzt und danach nur noch Teilzeit gearbeitet. Die Rente sieht furchtbar aus. Was tut die FDP für mich?

Mit so etwas will ich mich nicht abfinden. Es soll auch für diese Frau auf dem Arbeitsmarkt noch gute Chancen geben. Deshalb wollen wir ja die Weiterbildung fördern, Digitalisierung und die Wirtschaft.

Wie genau?

Mit Bildungssparen zum Beispiel.

Aber diese Frau konnte nichts für ihre Bildung sparen.

Da gäbe es dann ja auch Zuschüsse vom Staat. Damit sie entlastet wird, wollen wir zudem den Soli abschaffen und steuerliche Entlastungen insbesondere für kleine und mittlere Einkommen.

Ah, wie rechnen Sie das?

Die hohen Steuermehreinnahmen lassen das zu. Wenn diese drei Wählerinnen sich für unser Herangehen erwärmen können, können wir es ihnen bald zeigen.

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23 Kommentare

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  • Die FDP ist und bleibt eine Yuppie Schwätzer Partei.

  • Es gibt ein Überangebot an Menschen die für die finanziell attraktive Arbeit, die da ist, unterqualifiziert sind. Gleichzeitig gibt es Unterangebot an Menschen die für die finanziell attraktive Arbeit, die da ist, qualifiziert sind.

     

    Treffend formuliert. Ob das bedingungslose Grundeinkommen die Lösung ist, ist aber fraglich. Da es noch die finanziell UNattraktive Arbeit gibt. Die "muss" ja auch einer machen. Eventuell kann man bei dem Mindestlohn mehr wagen, wobei dieser auch viel stärker an regionale Gegebenheiten anzupassen wäre (EUR 8,78 im Dorf mag ok sein, wenn die Miete 3-4 EUR/qm kostet. In Stuttgart oder München (und auch dort im Umland) kommt man damit aber nicht über die Runden.

  • Gute Frau, gut dass mal andere außer Lindner zu Wort kommen. Sie hat mit allem Recht, was sie sagt. Man sollte aufhören seitens des Staates alles regeln zu wollen, das meiste kriegen die Leute allein besser hin.

     

    Und die wenigen Regeln, die man braucht, sollten dann aber natürlich auch konsequent durchgesetzt werden.

  • Jeder ist seines Glückes Schmid und Glück und Können für alle. Soweit so gut, hab ich kapiert.

     

    Nur wie gehen wir mit den Pechvögeln um, die eben weder Glück noch Bildung und letztlich die gewünschte Leistungsfähigkeit haben?

    • @Tom Farmer:

      Und selbst wenn es keine Pechvögel gäbe und wir alle einen Uniabschluß summa cum laude hätten bräuchten wir immer noch Menschen die den Müll wegbrächten und Alte und Kranke pflegten.

    • @Tom Farmer:

      "Nur wie gehen wir mit den Pechvögeln um, die eben weder Glück noch Bildung und letztlich die gewünschte Leistungsfähigkeit haben?"

       

      Für die ist der Sozialstaat da. Deshalb gibt der Staat ja mit Abstand am meisten Geld für Sozialleistungen aus. Das sind 137 Milliarden Euro, sprich 41% der Steuereinnahmen kommen den Schwachen der Gesellschaft zugute, obwohl diese einen deutlich geringeren Anteil der Bevölkerung ausmachen.

      • @disenchanted:

        hieran kritisiere ich aber die Formulierung: ob sie wirklich den Schwachen zugute kommen oder sich nicht inzwischen ein Helferbereich etabliert hat, der vor allem selbst gut vom Sozialstaat lebt, kann man durchaus in Frage stellen.

         

        Genau deshalb braucht es auch die FDP, die hier mal "durchforstet" und staatliche Ausgaben auf den Prüfstand stellt.

  • demographische wandel, der durch zuwandrung konterkariert wird> sewit jahren ist die bevoelkerung der brd fast konstant bei 80 millionen, obwohl die geburtenrate weit unter den 2,0 pro paar liegt.

     

    die globale massenbildung sorgt dafuer, dass alle qualifukatilnsniveaus beliebig global verfuegbar sind. die intensiervung der arbeit hat ein ungheures lohndumping auf allen mit ausnahme der erwaehnten hoechsten nieveaus hervoegebracht und stress, stress potenzierten stress.

     

    soweit alles sogar ohne frauen extra betrachtung.

     

    die frauen sind ein ungheuer beqeumer schieberegler yum allgemeinen lohndumping mit der ernaererehe, die nicht mal richtig erwaehnt wird.

     

    da wird froehlich efure die unternehmer in gesamtfamilieneinkommen mit ausbildung und singleeinmommen in haerteste globale konkurrenz gesetzt.

     

    die gewerkschaften lassen ihre vchutzfunktion gegen diese ruinoese lohndumpingskonkurrenz schlicht und einfach wegfallen in grossem masstab - und das seit laengerem.

     

    in diesen extrem gelddomierten gesellschaften um diesen heissen brei de christliche ernaehrehe jahrzehntelang beim thema frauen, arbeitslosengeld, sozialleistungen herumzureden, geschlechteverhaeltnis

    leasst unsren masenmredialen diskurs als geedzu gespenstisch

    erscheinen

  • Ah ja, also wenn es sowieso das Problem der Bürger*innen ist, ob und wie sie in Lohn und Brot kommen, bzw. wie sie beruflich aufsteigen können, dann braucht es auch die FDP nicht. Und Frau Suding nicht verraten möchte, welche Lösung die FDP für Menschen parat hat, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, aber keine Rücklagen bilden konnten, um sich weiterbilden zu können, warum sollte dann jemand mit der FDP die Katze im Sack kaufen?

     

    Wählbar? Nö, bestimmt nicht. Danke Frau Suding für Ihre Wahlhilfe!

  • Hmm, also wenn ich einen Artikel gelesen habe, in dem sich die FDP selbst entzaubert, dann war es dieser. Da hätte sich Frau Suding besser vorbereiten müssen.

  • Was ist denn daran liberal, die Probleme des gesellschaftlichen Wandels den einzelnen Bürgern zu überlassen? Die Bürger organisieren sich im Staat und finanzieren ihn, um gesellschaftlichen Wandel zu gestalten.

    • @KnorkeM:

      Liberalismus ist ja grade die Idee davon das jeder Einzelne maximale Freiheit haben sollte, solange er dabei andere Menschen nicht in ihrer Freiheit einschränkt. Dabei ist Freiheit als das Abhandensein extrerner Zwänge zu verstehen.

      Verklärungen, wie sogenannten "positive Freiheiten" sind daran schuld das viele den Unterschied zwischen Sozialismus und Liberalismus kaum mehr erkennen können.

  • Es gibt halt ein Überangebot an Menschen, bei gleichzeitig sinkender Nachfrage danach. Was das in einer Marktwirtschaft bedeutet, weiß die FDP nur zu gut, wagt es aber nicht auszusprechen.

    • @Mustardman:

      Ganz so ist es nicht. Es gibt ein Überangebot an Menschen die für die finanziell attraktive Arbeit, die da ist, unterqualifiziert sind. Gleichzeitig gibt es Unterangebot an Menschen die für die finanziell attraktive Arbeit, die da ist, qualifiziert sind.

      Das ist auf Dauer tatsächlich das größte Problem und das will nicht nur die FDP nicht ansprechen, dass will keine Partei so recht zum Thema machen. Lieber übt man an der Neuaufführung alter "Kämpfe".

       

      Die Lösung sehe ich da aber auch nicht darin Arbeitnehmer die überflüssig geworden sind weiter zu beschäftigen, da wird es sowas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen geben müssen.

      Man sollte sich allerdings nicht der Illusion hingeben das dann alle Menschen durch Weiterbildung zu mehr Wohlstand kommen werden. Es wird immer mehr Menschen geben die wegen ihrer unzureichenden intellektuellen Kapazität gar keinen Job mehr bekommen werden. Die Anforderungen an Arbeitnehmer sind da in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen.

  • "Mit Bildungssparen zum Beispiel.

     

    Aber diese Frau konnte nichts für ihre Bildung sparen.

     

    Da gäbe es dann ja auch Zuschüsse vom Staat."

     

    Dieses kleine Stück offenbart deutlich, dass sich die FDP und ihre Klientel einfach nicht in die Lage von Menschen versetzen können, die kaum Geld haben. Sie begreifen einfach nicht, dass da wo nichts ist, weder etwas bezuschusst, noch etwas entlastet werden kann.

     

    Man könnte die Aussagen, der FDP auch mit einem Spruch charakterisieren, der Marie Antionette zugeschrieben wird:

     

    "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen."

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Korrekt.

       

      Aber wer die Biografien von Lindner, Beer, Kubicki, Strack-Zimmermann, Buschmann und Suding ansieht - alle mit Abitur, Studium, Karriere - weiss, dass ihnen die Nähe zu Menschen mit wenig Geld schlicht fehlt!

  • HiHiHi: dann "können wir es ihnen bald zeigen." So, so FDP. Alles wird gut mit mehr neoliberaler Marktwirtschaft. Auch würde mich mal interessieren, wieso die gute Frau meint, Digitalisierung würde Arbeitsplätze schaffen für Frauen, die ins Berufsleben zurückkehren wollen. Praktisch sieht es doch eher so aus, dass durch fortschreitende Digitalisierung auch immer mehr qualifizierte Arbeitsplätze verloren gehen. Vielleicht sieht sie es ja auf ihre Art als "Chance" an, wenn durch Digitalisierung qualifizierte Arbeit ersetzt wird und von schlecht bezahlten Zeitarbeitskräften geleistet werden kann.

    • @Ute Krakowski:

      Zumindest kann die Frau (oder auch mancher Mann) durch die Digitalisierung viel mehr von zu Hause aus arbeiten.

      • @Dr. McSchreck:

        Ich glaub eher, Sie wissen nicht, was diese "Digitalisierung" eigentlich wirklich bedeutet. Es bedeutet nämlich z. B. auch, dass internationale Konzerne ihre gesamte Buchhaltungsabteilung feuern und alle Rechnungen und Belege irgendwo (z.B. in Deutschland) in einer ollen Klitsche einscannen lassen. Die buchhalterische Erfassung wird dann von billigen, wenig qualifizierten Lohnsklaven erledigt. (nur als Beispiel) Das ganze ist nämlich auch Basis für prekäre Beschäftigung, von der besonders Frauen mit "gebrochenen Lebensläufen" betroffen sind.

        • @Ute Krakowski:

          Digitalisierung heißt in der Tat _auch_ das Jobs. die Maschinen effektiver und günstiger als Menschen erledigen können, dann auch von Maschinen übernommen werden. Berufe die besonders strikten Prozessen folgen werden davon am ehesten betroffen sein, weil diese sich am besten automatisieren lassen. Buchhalter sind da in der Tat ein gutes Beispiel.

           

          Nun ärgern Sie sich hier erstmal nur. Kann ich verstehen aber eine Lösung bieten Sie nicht an und mir fällt ehrlich gesagt unter den gegebenen Umständen auch keine ein. Gegen Digitalisierung sein halte ich aber für eine Position die inetwa so fruchtvoll ist wie gegen die Dichte von Steinen oder die Erdanziehungskraft zu sein. Allein schon wegen des internationalen Wettbewerbes ist es unrealistisch da auszusteigen. Also: was wollen Sie?

          • @disenchanted:

            Ja, ich sehe, dass Sie nicht unbedingt im Arbeitsprozess stecken. Was Sie da äußern, ist sowas wie ein alter Traum der Menschheit. In Wirklichkeit bringt die Digitalisierung Arbeitsplätze, die an Stupidität der guten alten Fließbandarbeit in nichts nachstehen.

        • @Ute Krakowski:

          Nicht ganz: Es braucht nicht mal mehr billige Lohnsklaven, technisch ist es schon jetzt umsetzbar, wenn auch noch fehleranfällig, den kompletten Prozess ohne jedes menschliche Einwirken zu gestalten.

           

          Eines von vielen Beispielen schon bald nicht mehr existenter Berufsbilder, und zwar global.

           

          Und Buchhalter gibt es (noch) eine ganze Menge.

          • @vernunftbegabt:

            Stimmt, die Lohnsklaven sind auch nur dafür da, Fehler zu erkennen und zu verbessern. Ein wunderbar stupider Job zudem.