Kardinal Woelkis PR-Strategie: Nicht falsch Zeugnis reden

Peinliche Enthüllungen: Der Kölner Kardinal hat offenbar Missbrauchsopfer und Medien manipuliert. Er sollte nun persönliche Konsequenzen ziehen.

Woelki mit Hirtenstab

Fronleichnam 2022: Woelki mit Hirtenstab bei einer Prozession in der Kölner Innenstadt Foto: Christoph Hardt/imago

Wer bisher noch daran zweifelte, dass Religionshüter keine Wahrheitsverfechter, sondern große Lügner und Demagogen sein können, bekommt das in der Fortsetzung der Woelki-Affäre gerade auf plastische Weise vorgeführt. Zu den bekannten Vorwürfen – umstrittener Umgang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, Machtmissbrauch, Verschwendung von Kirchengeldern, unter anderem für Beratung seiner Öffentlichkeitsdarstellung – kommt nun der Verdacht, Missbrauchsopfer und Medien für seine perfide PR-Strategie instrumentalisiert zu haben.

So ist der Kölner Kardinal offenbar dem Rat einer Kommunikationsagentur gefolgt und hatte nicht nur versucht, den Betroffenenbeirat auf seine Seite zu ziehen, sondern auch einen Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in dessen Berichterstattung zu beeinflussen. Das ist insofern geglückt, dass der Betroffenenbeirat 2020 zunächst Woelkis Argumentation stützte, das damalige Gutachten zu den Missbrauchsfällen im Kölner Erzbistum könne aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden. Später indes distanzierte sich der Betroffenenbeirat davon. Die beiden Beiratssprecher traten zurück.

Und was sagt Woelki dazu? Nichts. Der Kardinal macht das, was sein Erzbistum, der Betroffenenbeirat und die Öffentlichkeit von ihm gewohnt sind: Er entzieht sich der Verantwortung, schiebt sein Versagen anderen zu – und lässt es auch andere verkünden. Sein Vize, Generalvikar Guido Assmann, spricht davon, dass es sich hierbei mitnichten um einen „Skandal“ handle und liefert gleich noch die passende Medienschelte dazu: Da sei wohl was „durchgestochen“ und auch noch „aufgebauscht“ worden.

Nun steht die Medienbranche durch den Skandal um Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gerade in keinem guten Licht da. Aber eine Zeitung dafür zu kritisieren, dass sie schreibt, was passiert ist, anstatt Woelkis Propaganda zu übernehmen, ist peinlich. Und teuer dazu: Die 820.000 Euro für seine PR haben Woelki am Ende nicht genutzt. Er sollte sein Rücktrittsgesuch an den Papst erneuern und gehen.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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