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Kampf gegen IslamistenAngriff auf Bamako erschüttert Mali

Islamistische Bewaffnete attackierten vorige Woche Malis Hauptstadt Bamako. Das löst Zweifel an der Stärke der Militärherrscher aus.

Dienstagmorgen, 17. September 2024: ein militärisches Ausbildungslager in der Hauptstadt Bamako wurde angegriffen Foto: ap

Berlin taz | Seit Beginn der Kriege mit islamistischen Terrororganisationen in der Sahelzone hat es noch nie einen so großen Angriff auf eine Hauptstadt gegeben. Koordiniert und zielstrebig attackierten Bewaffnete am frühen Morgen des 17. September den internationalen Flughafen von Malis Hauptstadt Bamako und die zehn Kilometer entfernte Gendarmerieschule im Stadtviertel Faladié. Stundenlang wurde geschossen, auch mit schweren Waffen, ganze Stadtviertel waren offenbar umkämpft.

Nach einigen Stunden erklärte Malis Armee, die das Land seit 2020 regiert, die Lage sei wieder „unter Kontrolle“. Am Abend bekannte sich die islamistische JNIM (Gruppe zur Unterstützung des Islams und der Muslime), die zum Netzwerk al-Qaida gehört und in Mali, Niger und Burkina Faso aktiv ist, zu einer „Spezialoperation“, die der Armee „enorme menschliche und materielle Verluste“ zugefügt habe.

Offiziell bestätigten die Behörden nur „einige“ Tote. Inoffiziell ist jetzt nach Medienberichten von mindestens 77 Toten die Rede, wenn nicht über 100, sowie Hunderte Verletzte. Die Beisetzungen der Soldaten erfolgten am vergangenen Wochenende unter Ausschluss der Öffentlichkeit – pünktlich zu Malis 64. Unabhängigkeitstag am vergangenen Sonntag.

Erst eine Woche vorher hatte sich Malis Militärherrscher Assimi Goita bei einem Auftritt zum Jahrestag der Gründung der antiwestlichen Staatengemeinschaft AES (Allianz der Sahelstaaten) durch die Militärregierungen in Mali, Burkina Faso und Niger gebrüstet, er sei dabei, den „Krieg gegen den Terror“ zu gewinnen. „Dank unserer strategischen Allianz haben unsere Sicherheitskräfte wichtige Siege auf dem Feld erzielt und die bewaffneten Terrorgruppen erheblich geschwächt“, hatte er gesagt.

Am Unabhängigkeitstag eine Woche später musste er dann andere Töne anschlagen: „Wir werden diese bewaffneten Gruppen Tag und Nacht jagen, bis unser Land vollständig von dieser Bedrohung befreit ist“, sagte er vor den versammelten Würdenträgern. Den Terrorangriff fünf Tage vorher nannte er eine „Verzweiflungstat“.

Alles wird in einen Topf geworfen

Wer jetzt verzweifelt ist, bleibt dahingestellt. Die Militärputschisten, die Mali, Burkina Faso und Niger regieren, haben sich alle mit Unterstützung Russlands einer rein militärischen Strategie gegen islamistische Untergrundgruppen verschrieben, nirgends mit durchschlagendem Erfolg.

Ende Juli verübten Tuareg-Rebellen, die im Norden Malis für die Einhaltung der von der Militärregierung aufgekündigten Friedensabkommen zur Gewährung von Autonomie kämpfen, im Ort Tinzaouaten nahe der Grenze zu Algerien ein regelrechtes Massaker an Regierungssoldaten und russischen Wagner-Kämpfern. Eine Woche später trafen sie sich just in Tinzaouaten mit Rebellen aus Niger, die dort für die Rückkehr zur Demokratie kämpfen, und vereinbarten eine verstärkte Zusammenarbeit. Die Militärherrscher in Mali und Niger werfen all dies mit islamistischem Terror in einen Topf.

Die Islamisten sind eben nicht die einzigen bewaffneten Gegner der Militärregime – ein Umstand, den die Regierung in Bamako immer wieder ignoriert. Die jüngsten Sicherheitsmaßnahmen zielen auf gezielte Verfolgung verdächtiger Bevölkerungsgruppen: Es wurden zahlreiche Männer der Peul-Ethnie verhaftet, aus der wichtige islamistische Führer stammen, und sieben Viehmärkte der Hauptstadt wurden „aus Gründen der öffentlichen Ordnung“ geschlossen – der Viehhandel ist fest in Peul-Hand. Das macht es wiederum den Islamisten leicht, auf dem Rücken anderer Unzufriedener ihr Operationsgebiet auszuweiten.

Am Montag beriet Militärherrscher Goita mit Malis Generälen über mögliche Strategieänderungen im Kampf gegen den Terror. Man haben „eine erschöpfende Prüfung der Sicherheitsdispositive vorgenommen, die Bedrohung neu bewertet und zusätzliche Orientierungen gegeben“, hieß es hinterher in einer offiziellen Erklärung. Details wurden nicht genannt.

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1 Kommentar

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  • Irgendwann werden die Russen ihre Statthalter auswechseln, aber Frieden ist sicher nicht das Ziel.