Kampagne gegen Mietendeckel: Immobilienlobby macht mobil
Wie vertrauliche Unterlagen zeigen, plant die Immobilienbranche eine Großkampagne gegen den Mietendeckel.
Ziel der Kampagne sei es, „ein positives Image der Wohnungswirtschaft zu kommunizieren“. Kosten werde diese Maßnahme rund 1,6 Millionen Euro, weshalb Mitgliedsunternehmen aufgerufen seien, 30 Cent pro Wohneinheit, die sie besitzen, zu spenden. Der GdW hat 15 regionale Mitgliedsverbände, denen insgesamt rund 3.000 Unternehmen angehören, die wiederum etwa sechs Millionen Wohnungen besitzen – fast ein Drittel des deutschen Mietwohnungsbestands. In Berlin sind über den Verband Berliner und Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) auch die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Mitglied im Bundesverband GdW.
Die geplante Kampagne wird den Mitgliedsunternehmen in einem im Brief verlinkten Video gezeigt. Nach einleitenden Worten des GdW-Präsidenten Axel Gedaschko, bis 2010 CDU-Wirtschaftssenator in Hamburg, werden die von einer Agentur entwickelten Kampagnenbausteine vorgestellt. Hauptclaim solle der Spruch #denkenstattdeckeln werden, inhaltlich zielt die Kampagne vor allem auf das Argument, der Mietendeckel schaffe keine neuen Wohnungen.
In der Kampagne solle auch sogenanntes Social Media Targeting eingesetzt werden, also die gezielte Ansprache von bestimmten Gruppen mithilfe von soziodemografischen Daten und Standortinformationen der Nutzer:innen. „Über Social Media Trageting wollen wir speziell die Städter erreichen, die den Deckel gerade feiern, aus purer Unwissenheit“, heißt es etwa in der Kampagnenvorstellung.
Auch Landeseigene sind Mitglied im GdW
Vor allem aber solle Social Media Targeting eingesetzt werden, um gezielt Politiker:innen zu erreichen, etwa über eine „handverlesene Identifikation der Twitter Usernamen“ speziell von Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses oder über die Nutzung von Daten zu Standort und Interessen bei Facebook. Ziel sei, „mit Targeting die Debatte so zu lenken, dass für uns möglichst positive ‚Wellen‘ bei der Politik ankommen“.
Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg nennt die Kampagne ein „echtes Politikum“. Es müsse unbedingt ausgeschlossen werden können, dass sich die landeseigenen Wohnungsunternehmen über den BBU an der Kampagne beteiligten, dafür werde sie eine Anfrage an den Senat einreichen. „Der GdW zeigt damit einmal mehr, dass eine soziale Mietenregulierung mit ihm nicht zu machen ist“, so Gennburg am Montag zur taz. Mitgliedsunternehmen des GdW, die diese einseitige Lobbyarbeit nicht mittragen, müssten sich jetzt von dem Verband distanzieren.
„Unser Ziel ist es, mit unseren Argumenten alle diejenigen zu erreichen, die über wohnungspolitische Fragen diskutieren und an Entscheidungen mitwirken“, sagt die GdW-Sprecherin Katharina Burkardt auf taz-Anfrage. Das gehöre zu „den natürlichen Aufgaben eines Verbandes“. Da der Finanzierungsaufruf gerade erst gestartet sei, könne noch keine Aussage über den Rücklauf gemacht werden, der Start sei aber „vielversprechend.“
„An solchen Kampagnen sehen wir, dass bei den Immobilienspekulanten die Angst umgeht“, sagt Michael Prütz, Berliner Mietenaktivist und Sprecher des Volksbegehrens zur Enteignung großer Immobilienunternehmen. „Für uns ist das eine Ermutigung, dass wir genau auf dem richtigen Weg sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung