piwik no script img

Kaczyńskis Vorwurf an junge PolinnenWut der angeblichen Alkoholikerinnen

Kommentar von Gabriele Lesser

In Polen gebe es zu wenig Kinder, weil Polinnen sich zu oft betrinken, sagt der Chef der Regierungspartei PiS. Gut, dass Frauen dagegen demonstrieren.

Symbol gegen das Abtreibungsverbot in Polen, Proteste in Warschau im Januar 2021 Foto: Attila Husejnow/Zuma Press/imago

I n Polen gebe es zu wenig Kinder, weil junge Polinnen sich zu oft besaufen würden. Und dann sei es mit dem Kinderkriegen ab 25 Jahre eben vorbei. Das meint allen Ernstes Jarosław Kaczyński, Chef der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Im masurischen Elk (Lyck) lachten die für die Wahlkampfveranstaltung sorgfältig ausgewählten PiS-Anhänger:Innen freundlich zustimmend, doch im Internet begann es schon böse zu rumoren.

Der größte Sündenpfuhl, so der 73-Jährige, sei das reiche Warschau. Obwohl die Hauptstadt Polens reicher sei als ganz Deutschland (sic!), würden hier am wenigsten Kinder geboren. Der „Frauenstreik“, die mächtigste Frauenorganisation Polens, rief bereits zur Massendemonstration auf. Aus ganz Polen sollten die „Alkoholikerinnen“ nach Warschau kommen und auf „schwarzen Märschen“ protestieren. Gut so!

Doch dabei darf es nicht bleiben. Wenn die nächste Wahl im Herbst 2023 nicht wieder mit einem Sieg der PiS enden soll, muss die Wut über die immer neue Diskriminierung von Polinnen, LGBT-Angehörigen, Geflüchteten, der deutschen Minderheit, von Richtern, Lehrern, Ärzten und Eltern andauern. Und es muss die Wahrheit auf den Tisch: Warum werden in Polen so wenig Kinder geboren wie in kaum einem anderen EU-Land? Wohl kaum, weil sich die jungen Polinnen ständig „die Kante geben“, wie Kaczyński meint.

Vielmehr ist unter der PiS jede Schwangerschaft zu einem hohen Risiko geworden. Bei Problemen stehen Schwangere und Ärzte sofort mit einem Bein im Gefängnis. Oder die Frauen sterben, weil Ärzte sich an das neue polnische Recht halten: Polinnen müssen auch nicht überlebensfähige Kinder gebären. So wollen es PiS-Politiker wie Kaczyński.

Mit Sozialleistungen wie dem Kindergeld „500+“, einer 13. und 14. Rente köderte die PiS in den letzten beiden Parlamentswahlen die Wähler:Innen. Doch der Preis war exorbitant hoch. Nicht nur Polens Rechtsstaat existiert kaum noch, auch von der einst legendären Freiheit der Polen und Polinnen, ihrem Stolz und ihrer persönlichen Würde ist kaum noch etwas übrig. Höchste Zeit, sich all das zurückzuholen!

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Auslandskorrespondentin Polen
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Je länger diese rechten Geister an der Macht sind, desto abstruser werden die Erklärungen zu ihren Fehlleistungen. Wenn es also keinen Zusammenhang von Zeugungsfähigkeit der Männer zu Alkoholmissbrauch gibt, dann



    na zdrowie! Ich kann auch rumänisch: Prost! dero.dict.cc/?s=prost

  • Wie haltet Ihr das nur aus. Ich drücke Euch die Daumen.

  • Ich ertappe mich immer, das ich die PiS-Partei in meiner eigenen Betonung(Berlin) lese!



    ....auch von der einst legendären Freiheit der Polen und Polinnen, ihrem Stolz und ihrer persönlichen Würde ist kaum noch etwas übrig. Höchste Zeit, sich all das zurückzuholen!..



    Klares Hochdeutsch!

    • @Ringelnatz1:

      Das langgezogene s passt schon.

  • The Security Service (SB) files described Kaczyński as "...being very uncertain about his fate. His appearance is careless. He claimed that he was not interested in material matters, women, e.g. he does not care about having a family in the future. He has a phlegmatic disposition, the appearance of a bookworm."



    Kaczyński lived with his ailing mother until her hospitalization. He owns no computer and is said to have opened his first bank account only in 2009. He has no spouse, partner or children, and he is a practicing Roman Catholic. Being a feline enthusiast, Kaczyński owns a cat.



    en.wikipedia.org/w...4ski#Personal_life

    • @Barbara Falk:

      Ok, und wo sehen Sie den Zusammenhang?

      Katzenliebhaber halten junge Frauen für Alkoholikerinnen, wenn sie keine Kinder kriegen?

      • @rero:

        Bitte ! Der Zusammenhang ist nun wirklich nicht zu übersehen. Da stellt sich jemand, K., nicht dem Leben, sondern lebt als lebenslanges Muttersöhnchen und meint aber, anderen Menschen sagen zu müssen, wie sie zu leben haben. ( Danke Barbara Falk ! )

        • @Konfusius:

          Schöne geballte Vorurteile.

          Wenn ein Mann sich um seine kranke Mutter kümmert, ist er ein Muttersöhnchen?

          Macht eine Frau das, leistet sie wichtige Care-Arbeit?

          Wollen Sie mit Kaczyński in den Wettstreit treten, wer die besseren Vorurteile hat?

          • @rero:

            Wenn Kaczyński sich nicht in unangemessern und abfälliger Weise in die Lebensplanung und Lebensweise seiner Mitmenschen einmischen würde, nicht nur verbal, sondern auch durch frauenfeindliche Gesetze, hätte ich das ganz sicher nicht geschrieben.