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Jurist über Rechte im Justizwesen„Keine Berührungsängste“

In seinem Sachbuch „Rechte Richter“ geht Joachim Wagner der Gefahr durch AfD-Juristen nach. In ihren Grenz­überschreitungen sieht er eine neue Qualität.

Richter Jens Maier 2016 im Landgericht in Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance
Gareth Joswig
Ambros Waibel
Interview von Gareth Joswig und Ambros Waibel

taz: Herr Wagner, in der taz gab es kürzlich einen Kommentar zur Frage der Gleichbehandlung der AfD im Bundestag. Da hieß es als Fazit: „Wenn die Mehrheit des Bundestags die AfD wirklich für eine undemokratische und protofaschistische Partei hält, kann und sollte sie einen Verbotsantrag stellen. Bis dahin sollte die übliche parlamentarische Gleichbehandlung gelten.“ Hat der taz-Kollege nicht recht, dass wir, auf das Thema Ihres Buches bezogen, es in einem Rechtsstaat hinnehmen müssen, wenn rechtsextreme Richter, Schöffen und Staatsanwälte im Justizwesen ihren Platz finden, solange die Politik nicht handelt?

Joachim Wagner: Solange die AfD nicht verboten ist, sind Richter und Staatsanwälte mit AfD-Parteibuch, aber auch reine rechtspopulistische Gesinnungsgenossen der AfD in den Reihen der Justiz zu dulden. Es gibt aber zwei Schranken. Auch rechte Richter müssen auf dem Boden der verfassungsmäßigen Grundordnung stehen. Und sie müssen die Gebote zur Mäßigung und politischen Neutralität beachten, gerichtlich wie außergerichtlich.

Wird sich daran durch den angekündigten Rücktritt von AfD-Chef Jörg Meuthen etwas ändern?

In meinem Buch habe ich sorgfältig unterschieden zwischen den Richtern und Staatsanwälten, die von ihrer Gesinnung her eher dem pragmatischen AfD-Flügel zuzurechnen sind, und solchen, die eher dem völkisch-nationalen Flügel angehören. Rechtlich wird sich durch den angekündigten Rücktritt Meuthens nichts ändern. Bei jedem rechten Richter kommt es auf den Einzelfall an.

Was unterscheidet denn AfD-Mitglieder oder -Sympathisanten genau von anderen Richtern und Staatsanwälten mit Parteibuch?

Ausgangspunkt für jede Beurteilung ist das Richterbild des Deutschen Richtergesetzes. Es geht von einem politischen Richter aus und begrüßt politische Betätigung, auch in Parteien. Es gibt etliche Bundestagsabgeordnete, die vorher Verwaltungs- oder Sozialrichter waren. Aber sie haben immer scharf zwischen ihrer beruflichen Arbeit und ihrer politischen Betätigung unterschieden. Was wir jetzt neu erleben, ist die Tatsache, dass die Grenze zwischen rechtspopulistischem Engagement und richterlicher wie staatsanwaltlicher Tätigkeit in Einzelfällen überschritten wird oder beide Bereiche sich in einer Grauzone vermischen. Das ist kritikwürdig und gefährdet unseren Rechtsstaat, insbesondere die politische Neutralität der dritten Gewalt.

Was sind die schlimmsten Fälle solcher Grenzüberschreitungen?

Bild: imago
Im Interview: Joachim Wagner

Der Autor

Dr. Joachim Wagner ist Volljurist. Nach vier Jahren als Assistenzprofessor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der FU Berlin übernahm er 1979 das Ressort Rechtspolitik beim NDR-Hörfunk. 1987 bis 2008 war er Leiter und Moderator des Magazins „Panorama“, Leiter des ARD-Studios London und zum Schluss als stellvertretender Chefredakteur im ARD-Hauptstadtstudio. Seitdem ist er als freier Journalist und Autor aktiv.

Das Buch

Joachim Wagner: „Rechte Richter – AfD-Richter, -Staatsanwälte und -Schöffen: eine Gefahr für den Rechtsstaat?“. Berliner Wissenschafts-Verlag 2021, 194 Seiten, 29 Euro

Ein Richter vom Amtsgericht Zittau schreibt in einem Urteil, dass Bundeskanzlerin Merkel durch die offenen Grenzen 2015/16 „den öffentlichen Frieden mehr gefährdet zu haben scheint als ein wegen Volksverhetzung angeklagter Facebook-Kommentar“. Verwaltungsrichter in Gera sprechen in Urteilen von „renitenten“ Asylbewerbern oder einem „sogenannten“ Kirchenasyl. In einem Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vertritt ein Richter Höfer die Auffassung, dass der NPD-Slogan „Migration tötet“ eine „empirisch zu beweisende Tatsache“ sei. Solche politischen Meinungen in Urteilen sind unzulässig. Sie hat es vorher nicht gegeben.

Spiegelt sich darin auch die Stärke der AfD im Osten?

Es fällt auf, dass solche Tabubrüche relativ häufig in Sachsen und Thüringen vorkommen. Angesichts der Tatsache, dass die AfD bei den Bundestagswahlen in beiden Bundesländern stärkste Partei geworden ist, kann das nicht verwundern. Idealerweise soll die personelle Zusammensetzung der Richterschaft ja ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. In Gera gibt es zum Beispiel keine Berührungsängste zwischen einigen Verwaltungsrichtern und einem Wirt, der AfD-Landtagsabgeordneter ist und für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert hat. Die Verwaltungsrichter essen dort regelmäßig zu Mittag und haben seine Wahlpartys besucht. Solche Nähe zwischen Justiz und AfD kennt man in den alten Bundesländern nicht.

Wer soll diese Nähe zum Rechtsextremismus sanktionieren?

Gesinnungen sind überhaupt nicht zu sanktionieren, sondern nur Verletzungen von rechtlichen Vorschriften. Die Dienstaufsicht liegt in den Händen der jeweiligen Gerichtspräsidenten. Sehr interessant ist, dass die zitierte Aussage zu Bundeskanzlerin Merkel und den offenen Grenzen als Gefährdung des öffentlichen Friedens vom Landgerichtspräsidenten in Görlitz mit einem sogenannten Vorhalt gerügt wurde. Dem wollte sich der Richter nicht beugen. Daraufhin hat der Bundesgerichtshof im November 2020 entschieden, dass eine solche politische Meinungsäußerung nicht in eine Urteilsbegründung gehört. Das ist ein richtungsweisendes Grundsatzurteil und bietet für Dienstvorgesetzte die Möglichkeit, gegen eine offene Politisierung in der Rechtsprechung vorzugehen. Das Urteil ist allerdings bisher ein Einzelfall geblieben.

Bei der Bundestagswahl sind mehrere Vertreter der Justiz, die für die AfD im Bundestag saßen, nicht wieder ins Parlament gekommen. Bestes Beispiel dafür ist der Richter Jens Maier aus Sachsen: Was machen wir mit so jemandem?

Maier ist dem völkisch-nationalen Flügel der AfD zuzurechnen und darf als Extremist bezeichnet werden. Auf solche Rückkehrer aus der politischen Arena ist die Justiz nicht vorbereitet. Nach Rechtslage kann Maier verlangen, dass seine Disziplinarstrafe – ein Verweis – nach zwei Jahren gelöscht wird. Seine Personalakte wäre damit sauber. Eigentlich hätte er dann einen Wiedereinstellungsanspruch in die sächsische Justiz. Wie diese damit umgeht, wenn er wirklich zurückkehren will, ist völlig offen und rechtlich schwierig zu beantworten.

Was hat sich mit der Coronapandemie verändert?

Drei Corona-Urteile des Amtsgerichts Weimar und des Amtsgerichts Weilheim spielen eine Sonderrolle. Neu ist hier, dass alle drei Amtsrichter mit ihren Beschlüssen eine rechtspopulistische Agenda verfolgt haben. Die Richter haben Familiengerichte missbraucht, um ihre politische Auffassung zur Maskenpflicht in der Schule zu verbreiten. In einem Beschluss wirft ein Richter der Bundesregierung sogar offen vor, mit „Schreckensszenarien“ zu agieren, den Lockdown nennt er „eine katastrophale politische Fehlentscheidung“.

Wenn wir über Justiz in Deutschland reden, ist häufiger vom konservativen Korpsgeist die Rede, und das Schreckgespenst von Weimarer Verhältnissen wird beschworen. Wie sehen Sie das?

Nehmen wir das Beispiel des Richters Höfer in Gießen, der in einem Urteil gesagt hat, der NPD-Slogan „Migration tötet“ sei eine „empirisch zu beweisende Tatsache“. Daraufhin stellte der Anwalt eines Asylbewerbers den Antrag, Höfer wegen Befangenheit abzulehnen – und dann hat sich die ganze Kammer hinter diesen Richter gestellt und gesagt, der sei nicht befangen. Bis zum Bundesverfassungsgericht musste die Sache gehen, bis dieses festgestellt hat, dass die Ablehnung des Befangenheitsantrages „offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich“ war. Dass Richter Höfer seine politische Meinung als rechtliches Argument ausgibt, ist schlimm, dass seine Kammer ihn dann aber noch deckt, ist schlimmer.

Enttäuscht hat mich ferner, dass die Initiative zu Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte nur in zwei Verfahren aus der Justiz kam. Alle anderen sind durch Druck der Zivilgesellschaft angestoßen worden. In der Justiz fehlt meist der Wille zur Selbstkritik und Selbstkontrolle. Ärgerlich ist weiter die mangelnde Transparenz bei Disziplinarverfahren mit politischem Hintergrund, zum Beispiel in Berlin und Sachsen. Sie werden dort als normale Personalangelegenheiten betrachtet, die vertraulich behandelt werden, obwohl die Justiz ein Verfassungsorgan ist und ein öffentliches Interesse besteht, Informationen darüber zu bekommen, ob sie ihrer Dienstaufsicht gegenüber rechten Richtern und Staatsanwälten gerecht wird.

Wenn wir einmal unterstellen, dass die Vorgesetzten dieser Juristen nicht unbedingt selbst rechtspopulistisch sind, sondern dass sie mangelnde gesellschaftliche Sensibilität kennzeichnet, muss dann die Juristerei nicht letztlich wieder politischer werden – gerade auch in der Ausbildung?

Ich habe in den 1960er und 70er Jahren Jura studiert und promoviert. Es war immer klar, dass die Ausbildung vor dem Hintergrund des Versagens der Justiz in der Weimarer Republik und im Dritten Reich so gestaltet wurde, dass sich das nicht wiederholen kann. Ich muss sagen, dass ich bei der Lektüre vieler Entscheidungen erschrocken war, in welchem Maße Richter und Staatsanwälte heute wieder rein rechtspositivistisch argumentieren, ohne die Folgen ihrer Rechtsfindung angemessen zu berücksichtigen.

Das wird zum Beispiel deutlich, wenn Staatsanwälte bei der Beurteilung von antisemitischen Plakaten der rechtsextremistischen Partei „Die Rechte“ nur nach Argumenten suchen, die zu einer Straflosigkeit führen, alle Argumente, die für eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung sprechen, hingegen nicht angemessen gewichten. Das kann ich nicht verstehen.

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26 Kommentare

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  • "Ich muss sagen, dass ich bei der Lektüre vieler Entscheidungen erschrocken war, in welchem Maße Richter und Staatsanwälte heute wieder rein rechtspositivistisch argumentieren, ohne die Folgen ihrer Rechtsfindung angemessen zu berücksichtigen."



    Der Staatsanwaltschaft sei es vergönnt, auch wenn ihre Unabhängigkeit ja geradezu legendär ist. Was einige Richter anbelangt, so unterstelle ich mal, muss der Fehlgebrauch ihres gesunden Menschenverstandes nicht von der Zugehörigkeit zu einer politischen Strömung herrühren, sondern vielmehr es ist das Kleben am Gesetzestext aus Ergebenheit und Furcht vor einer politischen Großwetterlage. Sie müssen also noch keiner rechten Gesinnung sein, machen sich aber zu ihrem Steigbügelhalter. Durch solchen juristischen Opportunismus gingen und gehen Demokratien unter. Der richterlichen Unabhängigkeit, freilich eine Utopie, nähert sich der Richter, in dem er das Gesetz menschlich belebt, vom Naturrecht Gebrauch macht. Davor scheut wohl so mancher Kadi, vor der eigenen Courage.

  • So gehen Rechte weltweit vor: Sie unterwandern demokratische Einrichtungen, Behörden, Ämter. Und sie sind vernetzt.



    Sie führen die Demokratie ad Absurdum, weil diese nicht mehr für sie vorteilhaft ist, da Menschen mit ihrer Weltsicht nicht mehr in der Mehrheit sind.

  • "Daraufhin hat der Bundesgerichtshof im November 2020 entschieden, dass eine solche politische Meinungsäußerung nicht in eine Urteilsbegründung gehört"



    Total der Fortschirtt. Das Problem besteht ja schließlich darin, dass die Richter Ihre Nazimeinungen auch offen kommunizieren und nicht, das man Nazis in Entscheidungsporsitionen hat und Sie demensprechend rassistsche Urteile fällen. Die Konsequenz aus Ihrer fehlerhaften auf Ignoranz beruhenden Weltsicht führt natürlich zu unfairen Urteilen. Hinzukommt die belegte Tatsache, dass der überwiegende Teil der Richter rechte Gesinnungen aufweist. Ein System erhalten zu wollen, ist ja auch ein sehr konservatives Motiv, sollte also wenig überrachend sein

    • @HerrvonSinope:

      Hola - Sinn Optiker - hamse da sicher n paar valide Zahlen am Start. Gelle.



      &



      Lasse uns tumb bemühten der Ebene mal rüber wachsen! Newahr.



      Dank im Voraus - Normal Schonn - wa.

      unterm—— vs staubtrocken - Op ticker -



      Sie wissen schonn was frauman im Hohen Norden unter einem solchen versteht! Genau Genau => 🚶‍♂️ im Park.



      & Optiker? Nich? Schade. Steinalt =>



      Olle Virchow (?) wurde mal in letzter Sekunde von einem 🦆salber dazugerufen & redete immer von “Herr Kollege“ bis es Virchow zu bunt wurde:



      “Mit dem gleichen Recht könnte auch ein Höltendischer zu nem Optiker “Herr Kollege“ sagen. Nur weil beide Brillen herstellen!“

      Soweit grad mal & nischt for unjut - wa.

  • Also Judikative (durchseucht von Faschos), Exekutive (durchseucht von Faschos), fehlt also nur noch die Legislative (FDP hatte es ja schon probiert mit denen zu bändeln im Landtag)...wann werden wir wach und hinterfragen endlich und stellen Projekte auf um dem entgegenzuwirken?

    Es bedarf viel mehr aufklärung. *wehretdenAnfängen* bzw sind wir schon längst mitten drin...

  • 9G
    91751 (Profil gelöscht)

    "Daraufhin stellte der Anwalt eines Asylbewerbers den Antrag, Höfer wegen Befangenheit abzulehnen – und dann hat sich die ganze Kammer hinter diesen Richter gestellt und gesagt, der sei nicht befangen. Bis zum Bundesverfassungsgericht musste die Sache gehen, bis dieses festgestellt hat, dass die Ablehnung des Befangenheitsantrages „offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich“ war. Dass Richter Höfer seine politische Meinung als rechtliches Argument ausgibt, ist schlimm, dass seine Kammer ihn dann aber noch deckt, ist schlimmer."

    Wie genau sehen denn die Konsequenzen aus, wenn Richter und Kollegen dabei erwischt werden, wie sie willkürlich ihre Position missbrauchen?

    • @91751 (Profil gelöscht):

      Nach Karlsruhe isser bei dem! Verfahren weg vom Fenster!



      (btw in eigener Sache: wurde dem Befangenheitsantrag vs einem R2er erst vom OLG stattgegeben! (Der hatte - mal ab von schweren Verfahrensfehlern - völlig verblendet - über Seiten ausgeführt: Warum er nicht befangen sei!



      Frauman faßte es nicht. Aber das LG hatte den offensichtlichen Quatsch noch gehalten => Wagner Indeed •

      So geht das

  • Problematisch ist es stets, wenn Richter ihre subjektiven Überzeugungen in die Rechtsprechung einfließen lassen, egal ob sie links oder rechts sind. Und linke Richter gibt es genauso wie rechte Richter. Unverständlich ist im Übrigen, weshalb Herr Wagner den Rechtspositivismus kritisiert. Denn dieser bedeutet ja gerade, dass strikt das Gesetz angewendet wird und dieses nicht subjektiven Überzeugungen zuliebe gebeugt wird. Eben deshalb hat, wie unten bereits zutreffend angemerkt wurde, Hitler den Rechtspositivismus verachtet.

    • @Lockenkopf:

      Hitler hat ihn verachtet, weil sein Verständnis von Recht so unterirdisch war, dass der Minimalanspruch Rechtspositivismus schon zu viel, gefährlich und umständlich erschien. Heute sollte Letzteres nicht mehr ausreichen. Rechtsverbieger haben sich heute auf die Wortklauberei eingelassen und nutzen es aus. Richter von Hitlers Gnaden hätten das auch tun können, haben aber an geeigneter Stelle lieber die Abkürzung des Scheinprozesses gewählt.

    • @Lockenkopf:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

      “ LOCKENKOPF: "Problematisch ist es stets, wenn Richter ihre subjektiven Überzeugungen in die Rechtsprechung einfließen lassen, egal ob sie links oder rechts sind. "



      Wer "A" sagt muss auch "B" sagen... Wer "rechts" sagt, muss auch "links" sagen. Scheint ein ungeschriebener "Links"-Grundsatz der Rechten zu sein... “

      kurz & zu Ihrem letzten unten.



      Sie scheinen an eine wertungsfreie Rechtsprechung zu glauben ala ~ Montesquieu & seine Zeit - “Macht Null“



      Das ist aber nun wahrlich alllang nicht mehr state of the art.



      Mal bei Josef Esser “Vorverständnis & Methodenwahl“ - ein Muß! - anfangen.



      “Recht ist in die Zeit hin offen“ Peter Häberle. Folgenorientierte Rechtsprechung - wie hier angesprochen



      Richterrecht usw usf

      unterm—— Bonmots—



      Im 0-ten Semester schlich ich mich bei Prof. Ernst Wolf Mbg/Lahn in Rechtsphilosophie rein. Gähnende Leere bis auf ein paar Adlati & ein zwei Versprengte & lauschte &Däh gerade hatte er wieder seine Suade mit einer fulminanten Conclusio gekrönt! Da!



      “Aber Herr Professor - das ist ja ein unmögliches Ergebnis!“ wagte ein Adlati



      “Was interessiert mich das Ergebnis! Hauptsache ich bin in meinem System richtig!“ => ein leises Klappen der Tür.



      & Westfälisch Sibirien => Abschied Präsi



      “Ich bin ja so froh - daß ich mein Leben lang keine Macht habe ausüben müssen!“ - ??? - “Ach - haben Sie mal in Art 20 Grundgesetz geschaut? Alle Macht geht vom Volke aus & wird ua ausgeübt durch die rechtsprechende Gewalt!“



      Ein Plastikbesteck zerbrach - ein Cocktailgürkchen segelte vom Pappteller im hohen Bogen über die Bierbank & der feine zornrote Herr Behördenleiter schlohweiß - ward nicht mehr gesehen.



      Na dann - Sage ehna - Prost 🍺

    • @Lockenkopf:

      So - was Ruhe => Rechtspositivismus.

      Ok. Da innezuhalten - lohnt sich.



      Sprengt aber den hier gängigen Rahmen - was meiner bekannten Faulheit zuarbeitet. Aber.



      Dr. Dieter D. - der viel zu früh & dramatisch verstorbene Weggefährte der besonderen Art&Klasse - Helmut Ridder-Schüler & Bundesrichter - hat da mal was zu Papier gebracht - als weittragenden Einstieg & mit dem hier so passenden Titel:



      “ War der Positivismus schuld?



      Anmerkungen zum Thema Juristen und NS-Regime achtzig Jahre nach dem 30. Januar 1933.“



      betrifftjustiz.de/...0113_Deiseroth.pdf



      (ps. wie unter uns üblich - hatte ich zwar einen kritischen Beitrag dazu abgesondert - der zwar nicht gedruckt - aber angeblich an ihn weitergeleitet worden war. Als wir in D-dorf zufällig & kopfschüttelnd einer linken BT.Abgeordneten zu Asyl etc lauschten & dann doch lieber dem ☕️ ☕️ zusprachen - war ihm das Teil unbekannt & mir - wie auch jetzt - meine Kritik im einzelnen aber entfallen. (Meine letzte Begegnung mit ihm - der so arg fehlt!)

      unterm——- servíce —zur fitten Kappe -



      de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Deiseroth

      kurz - klar aber - daß die pointierte Formulierung von Herrn Wagner in einem Interview schonn ok & wg fehlender Folgenabschätzung klar was gemeint ist. Dann aber erst die genauere Diskussion - entre nous & in der Sache - beginnen würde.



      Nachfrage - würde aber Kenne voraussetzen. Vllt was viel verlangt.

      Soweit mal

      • @Lowandorder:

        Ok. Ok. Da links scheinbar nicht gelesen oder verstanden werden:

        Dr. Dieter D. ;) - O-Ton:



        “ Die nach wie vor – auch heute noch – verbreitete rechtstatsächliche Be- hauptung, der Rechts- oder Geset- zespositivismus habe den „Juristen- stand“ sowohl bei der Abschaffung der Weimarer Republik als auch innerhalb des NS-Regimes „wehrlos“ gemacht, möchte ich im Folgenden als „Positi- vismus-Legende“ bezeichnen. Meine These ist: Diese Positivismus-Legende geht von falschen historischen und rechtlichen Voraussetzungen aus und ist in allen wesentlichen Prämissen un- zutreffend. In ihren Schlussfolgerungen ist sie fatal.“ - anschließe mich.



        betrifftjustiz.de/...0113_Deiseroth.pdf

        unterm—— btw but not only —



        Was ich gerade beim Korrekturlesen zu kölsche Justiz prae&post WK II eines Weggefährten RA & seines türkischen Sidekicks - mir zu Gemüte führen durfte - bestätigt mich erneut in dieser Einschätzung - einschl. vorauseilendem Gehorsam & gefälliger Wertewelt.

      • @Lowandorder:

        Rechtspositivismus setzt natürlich einen Rechtsstaat voraus, insbesondere eine funktionierender Gewaltenteilung. Denn es geht beim Rechtspositivismus ja gerade darum, dass sich die Judikative keine Befugnisse anmaßen soll, die der Legislative zustehen. Wenn ich daher in einer Diktatur Gesetze positivistisch anwende, ist das kein Wert an sich.

        • @Lockenkopf:

          so ist es, weshalb der immer wiederholte Verweis auf die Nazi-Diktatur doppelt falsch ist. Dort gab es eben keine wirksame Kontrolle mehr und nach einiger Zeit hat man sich in der Regierung auch nicht mal mehr die Mühe gegeben, pro forma ihr Unrecht noch in Gesetzesform zu fassen, das "gesunde Volksempfinden" reichte....

  • Ich steh sprachverstängig wahrscheinlich einfach auf dem Schlauch, aber ich sehe die Schwierigkeit bei "empirisch zu beweisende Tatsache" nicht. Sie ist ja eben nicht schon bewiesen, der Beweis ist erst noch zu erbringen. Und diese Formulierung suggeriert ja auch den Zweifel des Formulierenden an der Erbringbarkeit des Beweises.

    Vielleicht fehlt mir aber auch der Kontext der zu verhandelnden Sache, bzw. das Urteil selbst.

    • @Nifty_Monkey:

      Nö. Se san nur wohlwollend schlau.

      Mal ohne ehra naja bemühte Rabulistik - & nicht auf dem Schlauch stehend (^__^) liest sich die Sentenz ganz zwanglos so -wie es die Schriftgelehrtenkommission Karlsruhe verstanden hat - als eine Tatsache - die empirisch bewiesen werden kann.



      &! Vor allem =>



      “ Ein solcher Grund (für Befangenheit) ist dann gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der „böse Schein“, d. h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität. Entscheidend ist demnach, ob das beanstandete Verhalten für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.[10]

      Darauf, ob der Ablehnende aus seiner Sicht den Richter für befangen hält, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob sich der Richter selbst für befangen hält oder ob er objektiv befangen ist. Denn Ablehnungsgrund ist entgegen der ungenauen Alltagssprache nicht die Befangenheit, sondern die Besorgnis der Befangenheit. Daher enthält weder ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter noch ein Beschluss, mit dem das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wurde, notwendigerweise einen Vorwurf gegen den abgelehnten Richter (etwa des Inhalts, er habe einen Fehler gemacht).“



      de.wikipedia.org/wiki/Ablehnungsgesuch



      & Däh!



      Habe mehrfach - auch&gerade von höher dotierten Kollegen erlebt - daß sie - Blindheit in eigener Sache - obiges nicht sich selbst gegenüber gelten lassen wollten! Peinlich!



      & 🤫 -



      (eitel entre nous => mein Ordner über Befangenheitsbeschlüße erfreute sich im Kollegenkreis allgemeiner Beliebtheit - irgendwann mal von jüngeren weggefunden - ganz unbefangen - 🤣 - “gute Reise kleines Salzfaß!“ F.K. Waechter;))

      Ende des Vorstehenden & servíce -

  • Ein Nachteil an einer hierarchisch organisierten Gesellschaft mit Machtpositionen ist, dass "Leute mit ethisch-fragwürdigen Verhalten" und Rechte in diese gelangen können und ausgestattet mit dieser Machtfülle mehr Schaden anrichten können, als in einer Gesellschaft, in der Hierarchien flach sind bzw. Hierarchien bekämpft/vermieden werden.

    • @Uranus:

      Sach mal so:



      Staatsanwaltschaft mal außen vor: das ist tiefes 19. Jahrhundert. But.



      Rechtsprechung/Richter - viel flacher geht nur bedingt: rollierende Vorsitzende in den Spruchkörpern - ansonsten hat mir niemand versucht - in irgendwas reinzureden.



      &



      Bis auf Karlsruhe in ganz begrenztem Umfang - gibt es keine Bindungswirkung “höherer“ Gerichte! (Zur Realität gäb‘s sicher das ein oder andere zu sagen!)



      Im übrigen bin ich mit den Niederländern der Auffassung - die besten Richter gehören in die 1.Instanz - damit die Verfahren gleich richtig & akzeptiert behandelt werden •



      (Die Nederlands befördern deswegen auch zum 1.Instanzlichen Richter!

      &für mich unabdingbar - vergleichbares



      Consiglio superiore della magistratura



      fr.wikipedia.org/w...istrature_(Italie)



      &



      Gleiches Gehalt aller Richter - weswegen dann in Italien der Präsident des Kassationshofes unlängst sagt: “Es reicht - jetzt werd ich noch wieder die letzten 10 Jährchen Amtsrichter in Palermo!“



      (& Däh - Hierarchie - JuMi “Bäckchen“ Behrens OLG-Horchrohre vor mir: “Höhö - da werd ich wieder Amtsrichter in Düren!“ & Däh - Da isser immer noch - der hinterwäldlerisch preußisch hierarischer RichterKadaver - wa!



      Schonn auch - Normal! Leider!;((

  • Ganz allgemein schließlich halte es immer für problematisch - auch bei Alt-68er-Richtern, die jetzt so langsam in den Ruhestand gehen, wenn Leute in diesem Amt ihre persönlichen Überzeugungen über das Gesetz stellen. Das ist nicht allein ein rechtes Phänomen.

    • 9G
      91751 (Profil gelöscht)
      @Dr. McSchreck:

      Nur das diese ja schon frühzeitig Entfernt wurden, was?

      de.wikipedia.org/w...s#Anwendungspraxis



      "Die Gründe, die Bewerber für den öffentlichen Dienst in den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit brachten, waren vielfältig. In der Praxis waren vom Radikalenerlass vor allem Beamte inkl. Anwärter, Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes aus dem linken Spektrum betroffen. Mitunter war es ausreichend, in einer Organisation aktiv zu sein, in der auch Kommunisten aktiv waren oder die mit Kommunisten zusammenarbeitete."

      • @91751 (Profil gelöscht):

        Sie meinen, die Alt-68er waren alle linksextrem und beim Verfassungsschutz bekannt? Da irren sie sich aber gewaltig in beiden Punkten.

        Und dass es viele Alt-68er im Richterdienst gibt (bzw. altersbedingt so langsam nur noch gab, die sind im oder kurz vor dem Ruhestand), wird Ihnen jeder Rechtsanwalt/Verteidiger bestätigen.

        • @Dr. McSchreck:

          Letzteres. Schonn. (Von Logik mal ab;)

          Das Rollback setzte aber spätestens in den 90ern ein.



          & in den Höheren Rängen - Au Backe.



          “Wir haben mit Interesse vermerkt:



          Sie sind ja neuerdings auch literarisch



          tätig!“ “Dat wüst ich ever!“ auf bayrisch



          Und dem Überfliegerkollegen (& begnadeten 🎺er;)) hielt man die Annonce in Zeit & FAZ “Wir bekunden Respekt!“ den Mutlanger Blockade-Richtern - unterzeichnet von ca 450 Richtern & Staatsanwälten!



          Während der FDP-Spendenkriminelle Graf Silberkrücke Lambsdorff - mal wieder bar jeglicher Rechtskenntnis fdp-freiheitlich: “sofort aus Dienst entfernen!“ gegeifert hatte!



          (Wat höbt wi lacht!;)(



          Tja - da war’s nix mit Bundessozialgericht. Gellewelle!



          (Na nächstes mal hat‘s dann geklappt.



          Dafür wirste ja vorgeschlagen & die Bayern handeln nach Platzziffern!



          (Hans-Jochen Vogel hatte - klar - Nr. 1!;))



          Diese coole Annonce lagert noch heute in den Personalabteilungen - textgemarkert ja nach richterlichem Beritt! Aber Hallo!

          & vor allem - die Unfrisierten machten aus der Not eine Tugend =>



          Richter & Staatsanwälte in der ÖTV ff



          Neue Richtervereinigung



          Das meiste geboren a Richterratschlag=>



          www.richterratschlag.de/



          &



          betrifftjustiz.de/

          kurz - Insiderspott: “Daß unser Laden mal‘n Karriereverein würde?! Wer hätte das gedacht!“ - Nunja.



          Kollege/Weggefährte Christoph Strecker - der jetzt bei KONTEXT auch sein Unwesen treibt;) - hat mal die Geschichte dankenswerterweise dazu lesenswert zu Papier gebracht!



          www.richterratschl...pic/Geschichte.pdf

          Ende des Vorstehenden

  • zum letzten Satz (Suche nach der straflosen Auslegung) beruht dies auf der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, das Meinungsfreiheit und Unschuldsvermutung so kombiniert, dass Verurteilungen wegen Volksverhetzung und Beleidigung eben nur stattfinden, wenn die Auslegung keine legale Möglichkeit mehr erkennen lässt, wie die Äußerung verstanden werden sollte.

  • 2 Anmerkungen: "Rechtspositivismus" ist eigentlich eine gute Antwort auf die Nazis, die sich ja auf Argumente die das "gesunde Volksempfinden" stützten, wenn die Rechtslage nicht genügte, ihr Unrecht zu begründen. Rechtspositivismus in der Demokratie bedeutet, dass jedes Gesetz vom Parlament beschlossen wurde und ggf. vom BVerfG überprüft werden kann. Das ist der weit bessere Schutz vor Unrecht als sich auf "überpositives Recht" zu stützen, um das geschriebene Recht auszuhebeln.

  • Sehr informativ und spannend. Vielen Dank für das tolle Interview.

    • 0G
      05989 (Profil gelöscht)
      @Fallmanagerin:

      +1