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Journalistin aus Italien in Iran in HaftIn der Zwickmühle

Cecilia Sala sitzt seit mehr als einer Woche in Teheran im Gefängnis. Das iranische Regime wirft ihr illegale Aktivitäten vor. Worum geht es wirklich?

Cecilia Sala auf dem Chora Media Festival in Mailand am 16. Februar 2024 Foto: Stefania D'Alessandro/getty

Cecilia Sala war in Gedanken schon bei ihrem Rückflug von Teheran, geplant für den 20. Dezember, doch einen Tag vorher schlugen die Behörden zu und verhafteten die 29-jährige italienische Journalistin.

Seitdem sitzt sie in dem berüchtigten Evin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt ein, doch der Öffentlichkeit bekannt wurde ihre Verhaftung erst acht Tage später, und erst an diesem Tag konnte Paola Amadei, Italiens Botschafterin in Iran, Sala besuchen.

Auf den ersten Blick scheint die Verhaftung unerklärlich. Die Italienerin war keineswegs in geheimer Mission im Land unterwegs, sie hatte ganz offiziell ein Journalistenvisum beantragt, mit dem sie am 12. Dezember eingereist war, sie hatte den Behörden alle Ge­sprächs­part­ne­r*in­nen mitgeteilt, die sie treffen wollte, sie hatte sich ganz nach Vorschrift immer von offiziell akkreditierten iranischen Dol­met­sche­r*in­nen begleiten lassen – und sie trug immer den Schleier.

Denn so jung die Römerin ist, so erfahren ist sie doch auch in ihrem Job als Reporterin, die sich mit ihren Berichten aus Krisenherden rund um den Erdball einen Namen gemacht hat. Ihr Ökonomiestudium brach sie ab, weil sie schon seit 2015 parallel journalistisch tätig war, für Vice genauso wie für diverse italienische TV-Sendungen. Seit 2019 schreibt sie für die Tageszeitung Il Foglio. So klein die Auflage dieses Blatts ist, so groß wiederum ist die Reichweite von Salas Podcast „Stories“. Täglich platziert sie dort ein Stück über die zahlreichen Krisen, die die Welt erschüttern – und viele Krisenherde hat sie selbst immer wieder besucht.

Alle Regeln eingehalten

So war sie mehrfach in der Ukraine, in Lateinamerika, im Nahen Osten. Im September 2021, kurz nach der Machtübernahme der Taliban, reiste sie nach Kabul, um aus Afghanistan zu berichten. Und über ihren eigenen Podcast, über ihren Instagram-Account mit gut 400.000 Followern hinaus wurde sie auch zum bekannten TV-Gesicht, immer wieder eingeladen zu Gesprächsrunden, in denen es um die internationalen Krisenherde ging.

Für ihre letzten Podcast-Folgen aus Teheran hatte sie einen der Gründer der Pasdaran, der Islamischen Revolutionsgarde, interviewt wie auch eine Komikerin, die vor zwei Jahren im Evin-Gefängnis eingekerkert war. Und am 14. Dezember hatte sie sich zu einem Abendessen mit dem iranischen Kollegen Saeed Azimi getroffen, wie immer in Begleitung ihrer Dolmetscherin. Auch er bestätigt in einem Interview mit der römischen Tageszeitung La Repubblica, dass die Italienerin die vorgeschriebene „Standardprozedur eingehalten hat“.

Dass an ihrer Verhaftung etwas faul ist, zeigt schon die Tatsache, dass die iranische Justiz Sala bisher keinen konkreten Tatvorwurf macht; die Rede ist bloß von in keiner Weise spezifizierten „illegalen Aktivitäten“. In Italien wird deshalb laut der Verdacht geäußert, dass es sich hier wohl eher um eine Geiselnahme handelt. Am 16. Dezember nämlich war auf dem Mailänder Flughafen Malpensa der Iraner Mohammed Abedini Najafabadi festgenommen worden. Gegen ihn liegt ein von den USA ausgestellter internationaler Haftbefehl vor, weil er in den USA illegal elektronische Komponenten für den Bau von Drohnen beschafft haben soll.

Damit wäre Italiens Regierung in der Zwickmühle. Eine Auslieferung des gesuchten Iraners an die USA würde den Iran verprellen und die Chancen für Salas Freilassung dramatisch mindern; doch wenn Italien Najafabadi laufen lässt, droht eine Krise mit den USA. Schon heißt es, die Anwälte des iranischen Gefangenen wollten jetzt in Mailand Hausarrest für ihn beantragen – es verlautet aber auch, dass Washington das italienische Justizministerium vor der Gewährung eines solchen Hausarrestes gewarnt habe.

„Bei guter Gesundheit“ sei die Gefangene, erklärte Italiens Außenminister Antonio Tajani nach dem Besuch der Botschafterin im Evin-Gefängnis. Und er führte aus, die Regierung Meloni bemühe sich ebenso intensive wie diskret um ihre Freilassung.

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